Debatte über die Europäische KI-Verordnung
Der Bundestag hat am Freitag, 13. Oktober 2023, Anträge zur Künstlichen Intelligenz beraten. Konkret auf der Tagesordnung stand ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Europäische KI-Verordnung – Für eine engagierte und innovationsfreundliche Mitgestaltung Deutschlands bei der Regulierung Künstlicher Intelligenz in Europa“ (20/7583) sowie ein Antrag der AfD „Umsetzung deutscher Positionen im Rahmen der Trilog-Verhandlungen zur Verabschiedung eines europäischen Gesetzes über Künstliche Intelligenz“ (20/7578).
Nach knapp 70-minütiger Debatte wurden beide Vorlagen an die Ausschüsse überwiesen. Bei den weiteren Beratungen soll der Ausschuss für Digitales die Federführung übernehmen.
Union: Es braucht praxistaugliche Spielregeln
Während der Debatte sprach Ronja Kemmer (CDU/CSU) von einer enttäuschenden Bilanz der Bundesregierung bei den Verhandlungen zur Europäischen KI-Verordnung. Es brauche für Schlüsseltechnologien wie die Künstliche Intelligenz einen Rahmen, „der diese nicht verhindert, sondern genug Freiräume bietet“.
Viele namhafte KI-Akteure in Deutschland und Europa hätten schon angekündigt, den Standort zu verlassen, „wenn die KI-Verordnung überzieht“, sagte Kemmer. Gerade Startups sowie kleine und mittelständische Unternehmen bräuchten Spielregeln, die sich in der Praxis umsetzen lassen. Anders als die internationalen Tech-Riesen hätten diese nämlich keine großen Rechtsabteilungen, „um die ganze Bürokratie zu bewältigen“.
AfD: Regulierungen nutzen China und USA
Barbara Benkstein (AfD) warnte ebenfalls vor einem „überkomplizierten Rechtsrahmen“, der am Ende nur China und den USA nutze. Aktuell laufe es darauf hinaus, dass China und die USA die wegweisenden Produkte liefern, „während in Deutschland und Europa die Einschränkung durch Regulierung gebucht wird“, sagte Benkstein.
Gleichwohl stelle sich ihr die Frage, „warum die Union ihre Vorstellungen zur KI nicht umgesetzt hat, als sie die Möglichkeit dazu hatte“.
Linke: Schlupflöcher für große Tech-Konzerne
Dr. Petra Sitte (Die Linke) kritisierte den Verordnungsentwurf, weil er Schlupflöcher für große Tech-Konzerne schaffe, um Grundrechte einzuschränken.
„Das ist vollkommen inakzeptabel“, befand sie. ChatGTP, so sagte sie weiter, habe lange als besonders positives Anwendungsbeispiel für KI gegolten. Es habe sich aber herausgestellt, dass der ChatBot beispielsweise Fragen zur Landtagswahl in Hessen und Bayern „falsch und mit irreführenden Inhalten“ beantwortet habe. „Das ist natürlich demokratiegefährdend“, sagte Sitte.
SPD: Vorteile und Risiken
Die Koalitionsfraktionen verteidigten ebenso wie die Bundesregierung den gewählten risikobasierten Ansatz. Generative KI, die verschiedene Formen von Inhalten selbst erzeugen kann, bringe Vorteile, beinhalte aber auch erhebliche Risiken, wie etwa die der Falsch- und Desinformation, der Diskriminierung und Marginalisierung und der Verbreitung sensibler persönlicher Informationen, sagte Parsa Marvi (SPD).
Es gehe darum, die Potenziale zu fördern, gleichzeitig aber auch einen verantwortungsvollen Umgang mit KI zu finden.
Grüne: Level Playing Field für Innovation
Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, ein Innovationen förderndes Umfeld schaffen zu wollen, damit Europa wettbewerbsfähig ist. „Dazu gehört auch ein gesetzlicher Rahmen, der Rechtssicherheit schafft“, fügte sie hinzu. Das würden auch viele Unternehmen so sehen.
Forderungen nach Deregulierung nannte sie „anachronistisch“. Regulierung und gemeinsame Standards schafften Rechtssicherheit sowie ein Level Playing Field für Wirtschaft und Innovation.
FDP: Union hat KI-Entwicklungen verpasst
Maximilian Funke-Kaiser (FDP) warf der Union vor, die Entwicklungen bei der KI verpasst zu haben. In den von ihr mitgestalteten KI-Strategien habe die generative KI noch nicht einmal Erwähnung gefunden. „Sie wurden von der generativen KI kalt erwischt“, sagte der FDP-Abgeordnete. Die Ampel korrigiere diesen Fehler und gestalte die Technologie nun aktiv mit, machte er deutlich.
Einigkeit demonstrierte die Bundesregierung. Sowohl Digital-Staatssekretär Michael Theurer (FDP) als auch Wirtschafts-Staatssekretärin Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) verteidigten den risikobasierten Ansatz. „Wir wollen einen Rechtsrahmen schaffen, wo vertrauenswürdige KI-Systeme entwickelt werden, aber Auswüchse und Risiken auch gesetzlich geahndet werden können“, sagte Theurer. Um der KI ganz viel zu ermöglichen, müsse der risikobasierte Ansatz vorangebracht werden, betonte Brantner. „Wir wollen, dass wir KI aus Europa für Europa und die Welt haben“, sagte die Staatssekretärin.
Antrag der Unionsfraktion
Der Antrag zielt darauf ab, Unklarheiten zum Verhältnis einzelner Anforderungen des AI-Acts zu anderen EU-Rechtsvorschriften im Sinne des Vorschlags des europäischen Parlaments zu bereinigen. Damit solle Rechtsunsicherheiten für die Entwickler von Künstlicher Intelligenz (KI) vorgebeugt werden, schreiben die Abgeordneten. Dazu gehörten einheitliche Begrifflichkeiten in den Gesetzen. Auch soll nach dem Willen der Fraktion die Definition von KI noch enger gefasst werde, sodass der Kern der KI-Definition beim Maschinellen Lernen liege.
Weiter fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass der AI-Act in allen EU-Mitgliedstaaten einheitlich ausgelegt und durchgesetzt wird. Deutschland dürfe nicht „durch eine zu restriktive Auslegung oder Zersplitterung der Aufsichtsstruktur in eine wettbewerbsmindernde Position geraten“ wie sie teilweise im Bereich des Datenschutzes und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu beobachten gewesen sei, schreiben die Abgeordneten in dem Antrag.
Die Dokumentationspflichten für Foundation Models sollen dem Antrag zufolge analog zur Systematik des Digital Services Act (DSA) nur für sehr große Entwickler gelten. Es müsse sichergestellt werden, dass „jederzeit eine Anpassung an die aktuellen technologischen Entwicklungen“ möglich sei, wozu auch eine zeitnahe Evaluierung der Verordnung gehöre, heißt es im Antrag weiter.
Antrag der AfD
Die AfD warnt in ihrem Antrag unter anderem vor einer Überregulierung von KI in Deutschland und der EU. Allen Vereinbarungen zu Regelungsaspekten soll eine „ausgewogene Risiko- und Chancenabwägung“ zugrunde liegen, fordern die Abgeordneten. Die Bundesregierung solle sich in den anstehenden Trilog-Verhandlungen für ein europäisches Gesetz über KI dafür einzusetzen, dass die Regulierung von als Hochrisikosystem klassifizierten KI-Systemen nicht ohne Berücksichtigung der spezifischen Anwendung erfolge. Die geforderte Risikoklassifizierung von KI-Systemen durch die Unternehmen dürfe zudem „nicht zu administrativ und finanziell prohibitiven Innovationshürden für KMU und KI-Start-ups“ führen, schreiben die Abgeordneten in dem Antrag weiter.
Maßnahmen zur Innovationsförderung sollten zudem um Regelungen ergänzt werden, die „Kooperationscluster mit Start-ups, KMU und wissenschaftlichen Einrichtungen“ sowie deren Zugang zu Kapitalgebern für Anwendungsentwicklung und Vermarktung von KI-Lösungen fördern. Weiter soll nach dem Willen der Fraktion die Überprüfung von Reisedokumenten mithilfe von KI-Anwendungen sowie KI-Anwendungen zum Grenzschutz nicht untersagt werden. Das Verbot von Social Scoring-Systemen solle auch für private Akteure gelten, schreiben die Abgeordneten. (lbr/ hau/13.10.2023)