Gesundheit

Angebote für Sprach­mittlung im Gesundheits­wesen befürwortet

Arzt spricht mit Patientenpaar

Nach Ansicht der Linken ist die sprachliche Verständigung zentral für Diagnostik, Beratung und Gesundheitsförderung. (© picture alliance / Westend61 | gpointstudio)

Experten befürworten Angebote für eine professionelle Sprachmittlung in der Gesundheitsversorgung. Die bestehenden Sprachbarrieren verhinderten in vielen Fällen eine effiziente medizinische Versorgung, erklärten Sachverständige in einer Anhörung über einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion (20/5981). Die Abgeordneten äußerten sich am Mittwoch, 24. Mai 2023, in der Anhörung des Gesundheitsausschusses sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Antrag der Linken

Nach Ansicht der Linksfraktion müssen Sprachbarrieren im Gesundheitssystem systematisch abgebaut werden. Die Abgeordneten fordern einen gesetzlichen Anspruch auf Sprachmittlung in der Gesundheits- und Pflegeversorgung. Die Sprachmittlung sollte dem Antrag zufolge in die Leistungskataloge der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und Sozialen Pflegeversicherung (SPV) sowie für den Bereich der Rehabilitation aufgenommen werden.

Sprachliche Verständigung sei eine Grundvoraussetzung für Diagnostik, Beratung, Gesundheitsförderung und Prävention sowie in der Rehabilitation und Pflege, heißt es in der Vorlage. Sprachbarrieren verschlechterten die Behandlungsqualität und den Behandlungserfolg. Sprachmittler könnten nichtdeutschsprachigen Menschen helfen, eine adäquate, gleichberechtigte Teilhabe an einer menschenwürdigen gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung zu erhalten.

Hilfsmittel für Gesundheitsfachkräfte

Der Einzelsachverständige Bernd Meyer von der Universität Mainz erklärte, die Sprachmittlung sei ein wichtiges Hilfsmittel für Fachkräfte im Gesundheitswesen. Sprachbarrieren behinderten eine effiziente Versorgung, sorgten für Reibungsverluste und benachteiligten Personen mit geringen Deutschkenntnissen. Eine gesetzliche Regelung und eine verbindliche Kostenübernahme seien daher dringend geboten.

Meyer sprach in der Anhörung von schätzungsweise 800.000 bis eine Million Einsätzen pro Jahr, allerdings mit einer voraussichtlich langen Anlaufphase. Sprachmittler müssten sehr gute Kenntnisse in jeweils beiden Sprachen haben und über ein Basiswissen der medizinischen Versorgung verfügen.

Anforderungen an qualifiziertes Dolmetschen

Nach Ansicht des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) kommen für diese Aufgabe nur qualifizierte und offiziell zugelassene Sprachmittler in Frage. Die Anforderungen an das qualifizierte Dolmetschen sollte analog dem Dolmetschen bei Gericht auf das Gesundheitssystem übertragen werden. Da es in der Patientenversorgung immer auch um Gefühle gehe, scheiden nach Einschätzung des Verbandes maschinelle Übersetzungsprogramme als digitale Hilfsmittel aus. Es könne jedoch auch über Online-Video- oder Telefonverbindungen gedolmetscht werden. Das Ferndolmetschen könne jedoch das Dolmetschen vor Ort nicht vollständig ersetzen.

Ein Sprecher des Fachverbandes Bitkom wertete die Video-Sprachmittlung in der Anhörung als flexible Ergänzung. Auf diese Weise könnten Patienten, Sprachmittler und Ärzte ortsungebunden miteinander kommunizieren und wichtige Behandlungsinformationen schnell übermittelt werden.

Einfache Sprache und kulturelle Besonderheiten

Eine Vertreterin der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen (BAG Selbsthilfe), ging in der Anhörung auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit kognitiven Einschränkungen und Migrationsgeschichte ein. 

Auch diese Patienten müssten von einer professionellen Sprachmittlung profitieren können. In diesen Fällen gehe es darum, in die einfache Sprache zu übersetzen und kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen. Ansonsten sei die Gefahr groß, dass über den Kopf der Betroffenen hinweg beraten werde.

Frage der Finanzierung

Der GKV-Spitzenverband wies darauf hin, dass eine Kostenübernahme für Sprachmittlung durch GKV und SPV mangels einer gesetzlichen Regelung derzeit nicht in Betracht komme. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von 1995 gehe hervor, dass Dolmetscherleistungen nicht Teil der ärztlichen Behandlung seien, weil Ärzte diese weder leiten, noch kontrollieren und verantworten könnten.

Sollte eine solche Leistung eingeführt werden, wäre eine Finanzierung über Steuern und damit ein in die Integrationspolitik eingebettetes Angebot denkbar. (pk/24.05.2023)

Zeit: Mittwoch, 24. Mai 2023, 14.45 Uhr bis 15.45 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 300

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