Parlament

Fraktionen würdigen Staatsgründung Israels vor 75 Jahren

Die Bundestagsfraktionen haben am Freitag, 12. Mai 2023, den 75. Jahrestag der Gründung des Staates Israel gewürdigt und die Sicherheit des Landes als Teil der deutschen Staatsräson betont. Mit Blick auf die von der Regierung Netanjahu angestrebte Justizreform und den wachsenden Antisemitismus in Deutschland äußerten sie jedoch auch Sorgen. Die  rund 70-minütige Vereinbarte Debatte verfolgten auf der Ehrentribüne Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Botschafter des Staates Israel, Ron Prosor. 

Grüne: Nicht ist falscher, als das Vergessen

Die Co-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Dröge, sagte, die Gründung Israels habe die Staatengemeinschaft „um ein demokratisches und vielfältiges Land mit ungeheurer Kreativität, Schaffenskraft und Internationalität“ bereichert. Dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel heute so eng seien, sei nach der Shoah alles andere als selbstverständlich und nehme Deutschland „für immer“ in die Verantwortung: „Nicht ist falscher, als das Vergessen. Nichts ist mehr Auftrag, als an das zu erinnern, was geschah“, betonte Dröge.

Die Grünenabgeordnete forderte mit Blick auf die aus Gaza kommenden, massiven Raketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung ein Ende der Gewalt, aber auch konkrete Schritte der israelischen Regierung, um mit den arabischen Nachbarn und Palästinensern Frieden zu schließen. „Wir hoffen auf einen echten politischen Prozess, der nicht auf das Schaffen von Fakten setzt, sondern auf Dialog, einen Prozess nach Maßgabe des Völkerrechts und der Menschenrechte“, sagte Dröge mit Blick auf die den andauernden Siedlungsbau im Westjordanland. Diesen bezeichneten zahlreiche Redner in der Debatte als völkerrechtswidrig. Zur umstrittenen Justizreform sagte die Fraktionschefin, dass sich in Israel Woche für Woche Hunderttausende für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit engagierten, sei „ein großartiges Vorbild für uns alle“. 

Union: Blicken mit Sorge auf israelische Innenpolitik

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU/CSU) betonte, dass Israel sich als wehrhafte Demokratie erfolgreich etabliert habe, sei eine „politische und gesellschaftliche Leistung, die man auch heute noch als hohe Staatskunst bezeichnen kann“. Das Ziel Theodor Herzls, eine Heimstätte für das jüdische Volk zu schaffen, sei erst verspottet, dann bekämpft worden, „und schließlich wurde es wahr“. Gleichwohl blicke Deutschland derzeit mit Sorge auf die israelische Innenpolitik. Dass über die Regeln der Besetzung des Verfassungsgerichts grundlegende gesellschaftliche Debatten geführt würden, nannte Merz jedoch „keine Schwäche, sondern Ausdruck der Stärke der israelischen Demokratie“. Er hoffe, dass Israel die richtigen Entscheidungen treffen werde.

Deutschland dürfe seinerseits nicht nachlassen, Antisemitismus zu bekämpfen. Merz stellte klar, dass es dabei nicht nur um rechten Judenhass gehe. Antisemitismus bleibe Antisemitismus, auch wenn er von links, im Gewand der Kunst und von muslimischen Migranten komme.

AfD warnt vor Antisemitismus in Deutschland

Für die AfD warf Matthias Moosdorf dieser und früheren Bundesregierungen vor, den Antisemitismus mitzufinanzieren, ob „in den Schulbüchern der Westbank oder in den Veranstaltungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung“. 

Es sei das „Kontinuum auch einer linken Weltanschauung“, Kapitalismuskritik, Antisemitismus und Antizionismus zu verstricken, urteilte er. Für den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland machte Moosdorf insbesondere die Zuwanderung verantwortlich. „Solange es keine muslimischen Massen in Europa gab, gab es ihn nicht.“ Aus diesem Grund habe Israel auch den UN-Migrationspakt als „Pakt der Wölfe“ abgelehnt.

SPD: Israel darf nicht in undemokratische Hände fallen

Gabriela Heinrich (SPD), die im Bundestag die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe leitet, bezeichnete es als Aufgabe der deutschen Politik dafür zu sorgen, dass sich Jüdinnen und Juden hierzulande sicher fühlen können. Deutschland sei alles andere als frei von Antisemitismus. Synagogen und jüdische Schule müssten überwacht werden, allein 2022 seien 264 antisemitische Straftaten registriert worden. „Das ist unerträglich“, sagte Heinrich.

Zur innenpolitischen Situation in Israel stellte die SPD-Abgeordnete klar: „Israel darf niemals in undemokratische Hände fallen.“ Die Sorge in der „starken israelischen Zivilgesellschaft“ sei groß, dass die Justizreform die Demokratie gefährden könnte. Und auch hinsichtlich des Konflikts mit den Palästinensern seien in Israel mahnende Worte zu hören. „Nur Israelis und Palästinenser gemeinsam können zum Frieden finden“, zeigte sich Heinrich überzeugt. Das Leid sei auf beiden Seiten unendlich groß.

FDP: Rechtsstaatlichkeit ist das Wesen der Demokratie

FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte, Deutschland toleriere die Angriffe auf Israel durch das iranische Regime und die Hamas aus Gaza nicht. „Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung.“ Zur Natur der Freundschaft zwischen Deutschland und Israel gehöre aber auch die gemeinsame Diskussion. „Rechtsstaatlichkeit ist das Wesen der Demokratie“, stellte Dürr klar. „Und die Unabhängigkeit von Justiz und Medien ist für uns wichtig.“ Er sei Staatspräsident Isaac Herzog daher für seine mahnenden Worte in Richtung der Netanjahu-Regierung dankbar. „Das zeigt uns, dass Israel die lebendige liberale Demokratie im Nahen Osten ist.“

Dürr verwies darüber hinaus auf die Bedeutung Israels als Forschungsstandort und sprach sich für eine stärkere Kooperation mit israelischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und mittelständischen Unternehmen aus. „Israel ist das Land der Start-ups, der Digitalisierung und der Gründer, ein Land in dem wirtschaftliches Risiko und gute Ideen hoch geschätzt werden.“ Damit könne es für Deutschland ein Vorbild sein.

Linke: Reformpläne sind Bedrohung für Demokratie

Dr. Dietmar Bartsch, Co-Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion, betonte, seine Partei stehe an der Seite der Demonstrantinnen und Demonstranten für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Reformen, die die Netanjahu-Regierung vorschlage, seien dafür eine Bedrohung.

Mit Blick auf den Antisemitismus hierzulande warf er der Politik Versagen vor. Sie habe in den vergangenen Jahren zu wenig für sozialen Zusammenhalt und Nächstenliebe gesorgt. 75 Jahre Israel zu feiern, bedeute daher auch das Nachdenken darüber, wie dem Neonazismus der Boden entzogen werden könne.

Der Staat Israel wurde am 14. Mai 1948 ausgerufen. An diesem Tag endete auf Beschluss der Vereinten Nationen das britische Mandat über Palästina. Staatsgründer David Ben Gurion verlas damals in Tel Aviv die Unabhängigkeitserklärung. (joh/12.05.2023)