Diskussion über Technologiestrategie der Bundesregierung
Die CDU/CSU-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Technologieagenda Neue Energien – Rolle der Wissenschaft in der Bundesregierung stärken“ (20/4315) vorgelegt, den der Bundestag am Freitag, 11. November 2022, erstmals beraten hat. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.
Union kritisierte fehlende Technologiestrategie
Für den Umgang mit den Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine und im Kampf gegen die Energiekrise seien 300 Milliarden Euro bereitgestellt worden, stellte Unionspolitiker Thomas Jarzombek (CDU/CSU) in seinem Eingangsstatement fest. Dabei sei es bisher um Hilfen und Entlastungen gegangen, um eine Diversifizierung der Gaslieferanten und anderes - was er aber in der Diskussion über die richtigen Schritte in der akuten Energiekrise vermisse, sei die Stimme der Forschungsministerin, sei die Frage, wie das Problem auch mit Technologie angegangen werden könne. Deutschland sei eine Ingenieursnation.
„Warum sollten unsere Ingenieure und Ingenieurinnen, unsere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nicht in der Lage sein, auch für diese Krise Lösungen zu finden“, fragte Jarzombik. Der Ampelkoalition fehle eine wissenschaftsbasierte Technologiestrategie, die nicht nur schaue, wie man über den nächsten Winter komme, sondern wie in fünf Jahren geheizt werde und welche Technologien es perspektivisch langfristig zu fördern gelte. Als „Service.Opposition“ lege die Union der Regierung deshalb heute mit ihrem Antrag der eine wissenschaftsbasierte Technologiestrategie vor, die genau das leiste.
SPD : Was Union fordert, machen wir schon
Nicht nötig – haben wir bereits: So in etwa ließen sich die Antworten der Sprecherinnen der Koalitionsfraktionen verstehen. Ye-One Rhie (SPD) unterstrich die zentrale Rolle der Wissenschaft für die Meinungsbildung und Entscheidung der Koalition. Die Ampel schätze den Rat der Wissenschaft, beziehe sie in die politische Entscheidungsfindung ein und greife Ratschläge auch auf.
Als Beispiel verwies sie auf den von Kanzler Scholz unmittelbar nach Regierungsantritt einberufenen Corona-Expertenrat – dank dessen Empfehlungen Deutschland besser auf Pandemien vorbereitet sei. Dank Wissenschaft mache die Koalition die Wirtschaft zukunftsfähiger; Dank Wissenschaft gebe es in der Krise Entlastung und einen stärkeren Zusammenhalt der Gesellschaft, Dank Wissenschaft gebe es einen Abwehrschirm in der Energiekrise und eine Strom- und Gaspreisbremse.
Grüne: Bestehende Innovationen umsetzen
Natürlich brauche es Wissenschaft, Innovationen, Technologien, sagte auch Dr. Anna Christmann (Bündnis 90/Die Grünen). Man teile selbstverständlich den Wunsch, in die Zukunft zu schauen, Bestehendes weiter zu entwickeln, Neues zu erfinden. Die Ampel tue das auch.
Aber Christmanns Punkt war ein anderer: Es gebe nämlich bereits Technologien , sagte sie: die Windkraft zum Beispiel, die Solarenergie. Die hätten nur in der Vergangenheit schon sehr viel mehr eingesetzt werden können – stattdessen aber habe die Union die Erneuerbaren eher ausgebremst. Die Koalition Wenn es aber Innovationen doch schon gibt – dann müsse man sie auch in die Praxis bringen. Das tue die Regierung.
FDP will Wettbewerb der Ideen
Stephan Seiter (FDP), gestand ein, den Antrag der Union mit Interesse gelesen zu haben. In einer Zeit wie dieser, da das Hauptaugenmerk auf der kurzfristigen Bewältigung der Krise liege, teile er den Wunsch, in die Zukunft zu schauen. Es habe ihn dann aber doch enttäuscht, was er da las. Denn: Das von der Union Geforderte tue die Regierung längst.
Zudem irritiere ihn die Forderung, die Politik solle Ziele vorgeben – das klinge eher nach Fünfjahresplan als nach Marktwirtschaft. Man wisse nicht, welche Technologie in 15 Jahren die beste sein werde. Deshalb brauche es einen Wettbewerb der Ideen und Rahmenbedingungen, die Innovationen möglich machen, aber keine Vorgaben.
AfD moniert Fokussierung auf erneuerbare Energien
Diesen Ball griff Prof. Dr. Michael Kaufmann von der AfD auf, der die aus seiner Sicht im Unionsantrag verengte Fokussierung auf erneuerbare Energien kritisierte.
Das sei eben nicht technologieoffen und ideologiefrei. Er fordere deshalb die Prüfung aller Optionen die ergebnisoffene Erforschung aller Energieformen.
Linke: Union hat den Rat der Wissenschaft ignoriert
Dr. Petra Sitte (Die Linke) zeigte sich verwundert über den Antrag der Union, den sie so oder so ähnlich in der Vergangenheit schon häufiger gestellt habe. Dabei habe der Club of Rome schon 1972 auf die „Grenzen des Wachstums“ hingewiesen.
Seither habe die Wissenschaft immer wieder versucht, ihre Erkenntnisse den Regierungen dieser Welt nahezubringen, darunter über viele Jahre auch unionsgeführten Regierungen in Deutschland. Das Ergebnis sei bekannt. Die Union wolle Konzepte? Analysen? Strategien? Sie beschleiche der Verdacht, sagte Sitte, die Union die Union wolle Vieles, nur nichts hier und heute tun.
Antrag der CDU/CSU
Der Fraktion der CDU/CSU fehlt in der Energie- und Klimakrise mit Blick auf das Handeln der Ampelkoalition eine technologische Strategie. „Gerade in der aktuellen Krise sollte die Stunde von Wissenschaft und Forschung schlagen“, heißt es in dem Antrag. Die Bundesregierung sollte sich ein Beispiel daran nehmen, dass in der Hochphase der Corona-Pandemie neben einem Konjunkturpaket auch ein großes Zukunftspaket geschnürt wurde, das mit über 15 Milliarden Euro erhebliche Investitionen in Schlüsseltechnologien ermöglichte, heißt es in dem Antrag. Die Bundesregierung sollte darauf drängen, die damals beschlossenen Investitionen, etwa im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie, zügig in die Tat umzusetzen.
Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel unter anderem dazu auf, eine „Technologieagenda Neue Energien“ zu erstellen; dazu kurzfristig unter Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine unabhängige, ergebnisoffene wissenschaftliche Analyse zu einer sicheren, bezahlbaren und klimafreundlichen Energieversorgung in Deutschland für die Jahre 2023, 2024 und 2025 in Auftrag zu geben, deren Ergebnisse im ersten Quartal 2023 vorzulegen sind und auf deren Basis die politischen Schlussfolgerungen der Bundesregierung in Form einer forschungs- und innovationsgeleiteten Agenda der Öffentlichkeit vorzustellen - und unter gemeinsamer Federführung des BMBF und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Schnellläuferinitiativen zur zeitnahen Markteinführung „from lab to fab“ reifer Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Energieforschung an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen aufzusetzen. Dabei solle der Fokus auf die Umsetzung mit kleinen und mittleren Unternehmen sowie Start-ups gelegt werden. (mis/11.11.2022)