Strategische Bedeutung Lateinamerikas und der Karibik
Der Bundestag hat am Donnerstag, 20. April 2023, erstmals über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Die strategische Bedeutung Lateinamerikas und der Karibik als Partner für die Stärkung der regelbasierten Ordnung erkennen und Chinas Präsenz in Lateinamerika strategisch entgegenwirken“ (20/4336) beraten. Im Anschluss an die Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den federführenden Auswärtigen Ausschuss überwiesen werden.
Ebenfalls an den Auswärtigen Ausschuss überwiesen wurde ein Antrag der AfD, der die Wiederaufnahme der deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen fordert (20/6417).
Antrag der CDU/CSU
Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung auf, eine ressortübergreifende Lateinamerika-und-Karibik-Strategie vorzulegen, um die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, der EU und Lateinamerika in allen Bereichen bilateral, regional und multilateral zu intensivieren. „Nord-, Mittel und Südamerika müssen dabei gemeinsam gedacht und so die transatlantische Partnerschaft insgesamt gefestigt werden“, schreiben die Abgeordneten. Sie dringen darauf, „sich in der Politik gegenüber Lateinamerika stärker mit den USA und Kanada abzustimmen“.
China baue seine Präsenz in Lateinamerika und der Karibik systematisch aus und positioniere sich strategisch und unter Einsatz erheblicher finanzieller, personeller und diplomatischer Mittel als neuer Partner der Region. „China profitiert insgesamt von der Vernachlässigung Lateinamerikas und der Karibik durch die US-Außenpolitik und durch Europa.“ Für Ende November habe die Regierung in Peking eine Lateinamerika-Strategie angekündigt.
„Engagement der deutschen Wirtschaft fördern“
Zu den Forderung der Unionsfraktion gehören unter anderem ein Ausbau der wissenschaftlich-technologisch Zusammenarbeit und die Schaffung beziehungsweise Vertiefung von Energie- und Rohstoffpartnerschaften, die Förderung des Engagements der deutschen Wirtschaft in Lateinamerika und der Karibik sowie das Eintreten für eine schnelle Ratifizierung des Assoziierungsabkommen der EU mit dem Mercosur-Raum.
Außerdem solle die Bundesregierung „die autokratischen und systematisch menschenrechtsverletzenden Verbündeten Chinas in Lateinamerika und der Karibik, zuvorderst Kuba, Nicaragua und Venezuela, außenpolitisch isolieren und dort gleichzeitig insbesondere den Politischen Stiftungen und kirchlichen Trägern verstärkten Einsatz für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie finanzieren und ermöglichen“.
Antrag der AfD
Die Abgeordneten der AfD-Fraktion werben in ihrem Antrag für „regelmäßige, ranghohe Treffen mit Ländern, die nicht zur EU gehören, jedoch eine Schlüsselrolle auf internationalem Parkett spielen und die für Deutschland ökonomisch und politisch wichtig sind“. Brasilien, das größte Land Südamerikas, sei Mitglied in der BRICS-Gruppe und habe somit direkten Einfluss auf Großmächte wie China und Russland, „was in der aktuellen angespannten weltpolitischen Lage besonders bedeutend ist“.
Aktuell sei China für Brasilien der wichtigste Handelspartner vor den USA und Argentinien. Deutschland belege Rang vier bei den Warenimporten. Hauptwarengruppen des brasilianischen Exports seien Erze, Mineralöle, Fleisch sowie Eisen/Stahl.
„Hohes Interesse an guten Beziehungen mit Brasilien“
„Aus diesen Fakten ergibt sich für Deutschland ein hohes Interesse an guten und intensiven Beziehungen mit Brasilien“, schreiben die Abgeordneten. Sie fordern die Bundesregierung auf, mit der brasilianischen Seite möglichst schnell Regierungskonsultationen zu vereinbaren und Brasiliens Präsident Lula da Silva mit einer hochrangigen Regierungsdelegation nach Berlin einzuladen „und diese Praxis durch jährliche Treffen zu verstetigen“.
Wie die Abgeordneten schreiben, habe es im August 2015 die ersten und bislang letzten Regierungskonsultationen in Brasilia zwischen der damaligen Präsidentin Rousseff und der damaligen Bundeskanzlerin Merkel gegeben. (vom/ahe/20.04.2023)