Debatte über die Weiternutzung der Kernkraft
Am Mittwoch, den 19. April 2023 hat der Bundestag auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU in einer Aktuellen Stunde über das Thema „Weiternutzung der Kernkraft: Für eine zuverlässige und klimafreundliche Energieversorgung in Krisenzeiten“ debattiert.
Union will AKW-Weiterbetrieb bis mindestens Ende 2024
Zum Auftakt der Aussprache stellte Steffen Bilger (CDU/CSU) fest, bei dem Abschalten der letzten drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke in Deutschland am vergangenen Wochenende handle es sich um einen „Sieg der ideologischen Sturheit über die praktische Vernunft“. Das Land befinde sich mitten in einer Krisensituation, aber statt die klimaneutrale Kernenergie weiter zu nutzen, setze die Ampelkoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf Kohle. Das sei „unverantwortlich“ und bedeute in Summe 30 Millionen Tonnen CO2 mehr.
Die Union fordere deswegen, die drei AKW umgehend wieder hochzufahren, um einen vorübergehenden Weiterbetrieb „bis mindestens Ende 2024“ zu ermöglichen. Zudem brauche es ein Rückbaumoratorium – die Ampel dürfe jetzt nichts tun, was unumkehrbar sei.
SPD: Union vermeidet systemischen Umstieg auf Erneuerbare
Bilgers Vorwurf an die SPD, sie habe sich von der grünen Anti-AKW-Ideologie anstecken lassen, konterte Dr. Nina Scheer (SPD) mit der Feststellung, Energiepolitik sei keine Krankheit, aber diese Sicht auf erneuerbare Energien passe wohl ins Weltbild der CDU/CSU-Abgeordneten.
Scheer warf der Union ihrerseits vor, es gehe ihr gar nicht um eine Sicherungsreserve, sondern um eine grundsätzliche Verlängerung der Atomenergienutzung. Offenbar wolle die Union den Umstieg auf Erneuerbare Energien „nicht systemisch organisieren“.
AfD empfiehlt einen Blick auf die Nachbarländer
Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm erinnerte daran, dass es die Union war, die 2011 den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen habe. Er fügte hinzu, „wenn Sie Ihre Meinung geändert haben, soll uns das lieb sein“.
Die ganze Welt schüttele den Kopf über Deutschlands Verzicht auf saubere, sichere und preisgünstige Energie. Holm empfahl der Bundesregierung einen Blick auf die Nachbarländer – die bauten nämlich ihre Atomkraftwerkskapazitäten aus.
Grüne feiern Ausstieg als Gewinn an Sicherheit
Die Atomtechnologie habe große Landstriche verseucht, Menschenleben gekostet und stelle ein großes Risiko dar, führte Dr. Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) aus.
Nicht zuletzt der Wunsch nach einer Alternative zu dieser Hochrisikotechnologie habe die Weiterentwicklung von Stromerzeugungsmöglichkeiten aus Wind und Sonne stark vorangebracht. Der Ausstieg mache Deutschland sicherer und unabhängiger von russischen Brennstäben.
Linke will Energiepolitik verstaatlichen
Ähnlich äußerte sich Janine Wissler (Die Linke). Sie nannte es „bemerkenswert“, dass der Union als Partei, der Sicherheit wichtig sei, die Gefahren der Atomenergie so wenig ausmachten. Die Risiken für Mensch und Umwelt seien riesig, die Kosten – 200 Milliarden Euro – immens, die Versorgungssicherheit mangelhaft, wie sich im vergangenen Jahr in Frankreich gezeigt habe.
Wisslers Appell: Nicht die Erneuerbaren seien verantwortlich für die hohen Strompreise, sondern das gegenwärtige Marktdesign – deshalb gehöre die Energieversorgung in staatliche Hand.
FDP kritisiert „Nebelkerzen aus Berlin und München“
Deftige Worte fand Konrad Stockmeier (FDP) für das Ansinnen der Union. Wissen Sie, fragte er in Richtung der CDU/CSU-Abgeordneten, „was der Unterschied zwischen einer Kernspaltung im Reaktor und ihren Einlassungen ist?“ Bei der einen, gab er selbst die Antwort, entstehe heißer Dampf, mit dem man etwas machen könne. Bei dem anderen nur heiße Luft, mit der sich nichts anfangen ließe.
Gleiches gelte für das, was man aus dem Süden höre, sagte Stockmeier mit Blick auf den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder (CSU), der vorgeschlagen hatte, die Atomkraft in die Zuständigkeit der Länder zu stellen. Solche „Nebelkerzen aus Berlin oder München bringen uns nicht weiter“, so der FDP-Abgeordnete. (mis/19.04.2023)