Kontroverse Debatte über Nähe von Journalisten zur Bundesregierung
Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. März 2023, über die Nähe von Journalisten zur Bundesregierung debattiert. Dazu fand auf Verlangen der AfD-Fraktion eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Nein zum Staatsjournalismus – Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten beenden“ statt.
AfD: Beauftragung durch Regierung ist ein Skandal
Martin Erwin Renner (AfD) nannte die Beauftragung von Journalisten durch die Bunderegierung und ihre Behörden „einen Skandal, der für den symptomatischen Abriss vieler demokratischer Prinzipien steht“. Die öffentlich-rechtlichen Medien hätten die Aufgabe, so Renner, darüber zu berichten, was falsch läuft, sie hätten die Aufgabe, aufzudecken.
„Jetzt erfahren wir, dass diese angebliche Staatsferne nicht das Papier wert ist, auf dem sie steht“, sagte Renner im Plenum. Tausende Euro Steuergelder flössen von den Ministerien in die Taschen der Journalisten. „So wird die Meinung der Herrschenden zur herrschenden Meinung gemacht.“
SPD: Sie wittern eine Verschwörung, obwohl Sie die Verschwörungstheoretiker sind
Helge Lindh (SPD) warf der AfD-Fraktion vor, sie geriere sich als Feuerlöscher, obwohl sie der einzige Brandstifter sei. „Sie wittern hier eine Verschwörung, obwohl Sie die Verschwörungstheoretiker sind.“ Es sei natürlich durchaus legitim, eine Aktuelle Stunde zu dem Thema anzusetzen, so Lindh. „Illegitim ist es aber, diese für einen völlig durchschaubaren Angriff auf die öffentlich-rechtlichen Medien zu instrumentalisieren“, sagte der Sozialdemokrat.
Journalisten hätten das Recht, Aufträge auch aus der Regierung anzunehmen. „Und ich plädiere stark dafür, dass wir diese Rechte nicht einschränken.“ Es müsse jedoch immer darauf geachtet werden, dass die journalistische Unabhängigkeit gewahrt bleibe.
Union: AfD erhebt sich als Hüterin der Unabhängigkeit der Medien
Dorothee Bär (CDU/CSU) fand es „sehr kurios“, dass ausgerechnet die AfD eine solche Aktuelle Stunde beantrage. „Sie erhebt sich hier als Hüterin der Unabhängigkeit der Medien“, so Bär, dabei sei es ausgerechnet diese Partei, die Journalistinnen und Journalisten bei Parteiveranstaltungen am Katzentisch sitzen lasse und Reporter des Saales verweise.
Im „bewährten AfD-Sprech“ behaupte die Partei, dass Regierende sich Journalisten einfach kaufen würden: „Sie unterstellen damit der vierten Gewalt in Deutschland korrupte Strukturen“, sagte Bär. Die Partei, die mit Fakenews arbeite, schreibe am lautesten „Haltet den Dieb“ und halte sich selbst nie an Recht und Gesetz, sagte die Christsoziale.
Grüne nennen AfD-Vorstoß „brandgefährlich“
Erhard Grundl (Bündnis 90/Die Grünen) nannte den Vorstoß der AfD-Fraktion „brandgefährlich, denn er leistet Verschwörungstheorien Vorschub“. Journalistinnen und Journalisten arbeiteten nach Qualitätsstandards, zu ihrer Professionalität gehöre es auch, den Abstand zu den Regierenden zu wahren, so Grundl. Die journalistische Unabhängigkeit sei eine zentrale Voraussetzung für unsere freie Demokratie.
„Doch nirgend lebt und arbeitet es sich für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland so gefährlich wie auf Demonstrationen der AfD.“ Die Medienschaffenden seien diejenigen, die den Finger in die Wunde legen und müssten dafür mit Angriffen rechnen, sagte der Grünenabgeordnete.
Linke: Keiner begegnet Journalismus mit solch offener Feindseligkeit wie die AfD
Dr. Petra Sitte (Die Linke) ging ebenfalls auf Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten ein: 320 gegen Medien gerichtete Straftaten, davon 46 Gewaltdelikte verzeichne die Statistik für das Jahr 2022. „Das ist ein neuer Höchststand.“
Keiner begegne dem Journalismus mit einer solch offenen Feindseligkeit wie die AfD, sagte Sitte weiter. Deren enthemmte Pressefeindlichkeit ende auch immer öfter in Gewalt, wie die zitierten Zahlen zeigten. Die Unabhängigkeit des Journalismus sei ein hohes Gut, denn dieser stelle einen Kontrollmechanismus dar, sagte Sitte. Es sei deshalb aber auch unbedingt nötig, dass die Journalistinnen und Journalisten die nötige Distanz zur Regierung und den Regierenden wahrten.
FDP: Dem Vorwurf des Staatsjournalismus treten wir entschieden entgegen
Thomas Hacker (FDP) bezeichnete das Ansinnen der AfD-Fraktion als „durchschaubar“. Das Ansinnen, einen Angriff auf die Medien zu starten, sei abzulehnen. „Mit dem Ergebnis der Anfrage muss man sich dennoch befassen“, sagte der Liberale.
Wo man negative Entwicklungen in der Zusammenarbeit von Regierungen und Medien sehe, spreche man dies an, so Hacker. „Aber dem Vorwurf des Staatsjournalismus treten wir entschieden entgegen.“ Jede Form vom Gefälligkeitsjournalismus lehne man jedoch ab. „Wenn Vertrauen in Vertrautheit umschlägt, gerät die Distanz in Gefahr.“ Aber über die eigene Glaubwürdigkeit entscheide jeder Journalist und jede Journalistin selbst, sagte Hacker. (emu/16.03.2023)