Forderung für „einen attraktiven und verlässlichen Öffentlichen Dienst“
Der Bundestag hat am Donnerstag, 2. März 2023, während einer von der Fraktion Die Linke beantragten Aktuellen Stunde zum Thema „Zusammen geht mehr – Für einen attraktiven und verlässlichen Öffentlichen Dienst“ über die Situation im Öffentlichen Dienst und die aktuellen Tarifverhandlungen debattiert. Sämtliche Fraktionen machten dabei deutlich, dass es eine angemessene und faire Entlohnung brauche. Die Linksfraktion stellte sich ganz klar hinter die von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erhobenen Forderungen.
Linke: Das Rückgrat der Gesellschaft
Es gehe um 2,5 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen, betonte Janine Wissler (Die Linke). „Sie sind das Rückgrat der Gesellschaft“, sagte Wissler. Die Beschäftigten wünschten sich bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne „und vor allem Wertschätzung für ihre Arbeit“. Diese müsse über warme Worte in Sonntagsreden hinausgehen.
„Wir unterstützen die Forderung der Gewerkschaft nach 10,5 Prozent mehr Lohn, aber mindestens 500 Euro mehr, sowie 200 Euro mehr für Auszubildende“, machte die Linken-Abgeordnete deutlich. Das sei keineswegs überzogen, sondern mehr als berechtigt. Wenn nun Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Vertreterin der Arbeitgeber fünf Prozent mehr Lohn für die nächsten 27 Monate anbiete, sei das nicht fair, „sondern eine Frechheit“, befand Wissler.
SPD wirbt für Altschuldenfonds
Die Wichtigkeit des Öffentlichen Dienstes betonte auch Ingo Schäfer (SPD). Die Koalition gehe das Thema dauerhaft an, „und nicht nur dann, wenn gerade Tarifverhandlungen sind“.
Selbstverständlich sei ein Tarifabschluss nach Maßgabe der Metall- und Chemieindustrie wünschenswert, sagte der SPD-Abgeordnete. Die Kommunen jedoch drückten die Altschulden. „Die Kommunen in meinem Wahlkreis werden von Kassenkrediten im Umfang von zwei Milliarden Euro erdrückt“, sagte Schäfer. Es fehle am Geld, um in die Zukunft zu investieren sowie um sich die Eigenanteile an Förderprogrammen leisten zu können. „Wir brauchen noch in diesem Jahr den Altschuldenfonds“, sagte Schäfer. Ohne diesen verlören die Kommunen ihren letzten Handlungsspielraum. Es brauche also den Altschuldenfonds „und einen fairen Tarifabschluss“.
Union: Bemühungen der Regierung sind unzureichend
Petra Nicolaisen (CDU/CSU) forderte, die Arbeitsleistung der Beschäftigten zu würdigen. „Eine Anpassung der Löhne mit Blick auf die unteren Besoldungsgruppen ist also angebracht“, sagte die Unionsabgeordnete. Sie bezeichnete die Bemühungen der Bundesregierung in den Tarifverhandlungen als unzureichend. Die Gewerkschaften seien enttäuscht.
Das Bundesinnenministerium bringe sich selbst und die kommunalen Arbeitsgeber in eine schlechte Verhandlungsposition, sagte Nicolaisen. „Ich hätte mir mehr Verhandlungsgeschick von der Ministerin erhofft.“ Um zu einem fairen Ergebnis zu kommen, so räumte sie ein, müsse aber auch die finanzielle Situation auf der Arbeitgeberseite berücksichtigt werden.
Grüne: Streikrecht ist ein wichtiges Instrument
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) wies Forderungen aus den Reihen der Union nach einer Einschränkung des Streikrechtes zurück. Das Streikrecht sei im Grundgesetz verankert und ein wichtiges Instrument, „damit die Gewerkschaften auf Augenhöhe Tarifverhandlungen führen können“. Das müsse auch die Union akzeptieren. Sie hoffe auf einen guten Abschluss der Verhandlungen, sagte Müller-Gemmeke.
Die Angestellten im Öffentlichen Dienst müssten angemessen, fair und gerecht entlohnt werden. Das gelte erst recht in Zeiten von Inflation und hohen Energiepreisen. Eine konkrete Forderung wollte die Grünenabgeordneten nicht erheben. Im Öffentlichen Dienst gebe es aber viele Menschen, „die nicht gerade üppig verdienen“. Gerade sie müssten von den Verhandlungen profitieren.
AfD warnt vor „Gefahr der Lohn-Preis-Spirale“
Aus Sicht von Kay Gottschalk (AfD) werden Steuergelder falsch ausgegeben. Statt an die Interessen und Bedürfnissen von 82 Millionen Menschen hier im Lande zu denken, würden zwei oder drei Millionen Probleme dazu geholt, „damit wir am Ende des Tages noch mehr Probleme haben“, sagte der AfD-Abgeordnete. „Wir geben Geld aus, und denken nicht an die Probleme unserer eigenen Menschen.“
Auch die AfD wolle, dass die Menschen, ob in der freien Wirtschaft oder im Öffentlichen Dienst, bei anhaltend hoher Inflation mehr Lohn erhalten, machte Gottschalk deutlich. Gleichwohl gebe es die Gefahr der Lohn-Preis-Spirale, vor der die AfD schon seit langem warne, und die jetzt vor der Tür stehe. Die Inflation sei Kern des Problems. Sie sei aber nicht vom Himmel gefallen und auch nicht allein auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen. Vielmehr hätten alle anderen Parteien zugeschaut, wie die Europäische Zentralbank (EZB) handlungsunfähig geworden sei, „weil Sie die Party in Dolce-Vita-Staaten des Südens finanzieren“.
FDP für „deutliche Anhebung“ in unteren Besoldungsgruppen
Aus Sicht von Konstantin Kuhle (FDP) sind die Forderungen der Gewerkschaften „gerade mit Blick auf die unteren Besoldungsgruppen“, nachvollziehbar. „Hier muss es eine deutliche Anhebung geben“, verlangte er. „Die Menschen müssen spüren, dass der Staat sie als Dienstherr in dieser besonderen Situation nicht allein lässt.“
Verständnis zeigte der FDP-Abgeordneten aber auch für die Haltung Faesers, sich nicht gleich im ersten Schritt die Forderungen der Gewerkschaften zu eigen zu machen. „Wir müssen auch daran denken, wo das Geld herkommt, mit dem die Menschen im Öffentlichen Dienst bezahlt werden“, sagte er. Jeder Euro, der dort ausgegeben werde, müsse zunächst in der Privatwirtschaft verdient werden. „Deshalb haben wir Vertrauen in das Verhandlungsgeschick der Bundesinnenministerin“, sagte Kuhle. (hau/02.03.2023)