Debatte über geplante Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine
Die Unionsfraktion unterstützt die geplante Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine, moniert aber eine aus ihrer Sicht zu kritisierende Zögerlichkeit der Bundesregierung. „Niemand von uns tut sich leicht mit einer solchen, schwerwiegenden Entscheidung“, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU/CSU) am Mittwoch, 25. Januar 2023, in einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde im Bundestagplenum.
Union: Regierung hat Vertrauen verloren
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe jedoch „die Öffentlichkeit und die Partner über Wochen und Monate im Unklaren darüber gelassen, warum er denn eine solche Entscheidung in diesem Umfang verzögert“, so Merz.
Der Unionsfraktionschef unterstrich, er widerspreche ausdrücklich dem vermittelten Eindruck, „als ob dies alles sozusagen im Konsens mit allen Partnern in der Europäischen Union entschieden worden sei“. Das Gegenteil sei richtig. Der Schaden, „dass man dieser Bundesregierung nicht trauen kann, dass man sie treiben muss, dass sie zu Entscheidungen gedrängt werden muss“, bleibe auch über den Tag der Entscheidung hinaus.
SPD verteidigt Kurs der Regierung
Dr. Rolf Mützenich (SPD) sprach von einem „anstrengenden aber notwendigen Abstimmungsprozess“ mit den internationalen Partnern. Teils verantwortungslose Kommentare hätten diese Abstimmung erschwert, die Scholz und die Bundesregierung von Anfang an gewollt hätten.
„Gemeinsames Handeln ist voraussetzungsvoll und verantwortungsvoll“, sagte der SPD-Fraktionschef. Es gehe darum, das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und auf der anderen Seite die Sicherheit Deutschlands festzumachen. Beides sei „nicht in Talkshows zu erreichen, sondern nur in harter Arbeit, in harter Diplomatie.“
AfD kritisiert „Kriegstreiberei“
Tino Chrupalla (AfD) kritisierte insbesondere FDP, Bündnis 90/Die Grünen und auch die Union, die er der „Kriegstreiberei“ bezichtigte. Der Bundesregierung warf er vor, den Konflikt aktiv zu verlängern und sich Friedensverhandlungen zu versperren.
„Kann denn die Ukraine überhaupt gewinnen“, fragte der AfD-Fraktionsvorsitzende. Stünde der Einsatz der Mittel im Verhältnis zum Ergebnis? „Sie laufen sehenden Auges direkt ins offene Feuer, ich muss es so offen sagen, direkt in den dritten Weltkrieg.“ Wer glaube, mit Waffenlieferungen Frieden zu schaffen, sei mehr als naiv.
Grüne werben für Geschlossenheit der Nato
Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einer „verbrecherischen Kriegsführung“ Russlands. „Wir wollen ernsthaft verhindern, dass Russland die Ukraine überrennt.“ Wenn man es belohne, dass mit Gewalt Grenzen in Europa verändert werden, dann gefährde man die Sicherheit und den Frieden auch in Deutschland.
Trittin ging auf die verbreitete Sorge ein „vor einer Rutschbahn, an deren Ende ein Krieg zwischen der Nato und Russland“ stehen könnte. „Die Gefahr der Eskalation darf aber kein Freibrief sein für Verbrecher, die glauben, sie hätten die Eskalationshoheit.“ Das beste Mittel gegen diese Gefahr sei die Geschlossenheit der Nato.
Linke vermisst „strategisches Fundament“
Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, „ohne strategisches Fundament immer mehr und immer schwerere Waffen“ zu liefern und letztlich auch nicht bei Kampfpanzern stehen zu bleiben. „Morgen Kriegsschiffe, übermorgen Kampfflugzeuge, Tornados, Eurofighter, Flugverbotszonen, dann Nato-Soldaten? Wo soll denn das enden?“
Die Bundesregierung müsse jeder weiteren Eskalation eine Absage erteilen und stattdessen eine „abgestimmte europäische Friedensinitiative“ vorlegen, forderte Bartsch.
FDP: Gemeinsam Frieden in Europa verteidigen
Ulrich Lechte (FDP) wies den Vorwurf zurück, dass die Koalition mit den Panzerlieferungen Kriegstreiber wäre, solche Narrative seien schlicht falsch. „Die Russische Föderation ist der Aggressor, und nicht diese Bundesregierung.“ Die Ukraine brauche diese Waffen in ihrem Verteidigungskampf – gegen die Garantiemacht Russland, die ihr 1994 im Budapester Memorandum zugesagt habe, die nationale Integrität und Bündnisfreiheit der Ukraine zu schützen.
„Wir können nicht anders als unseren Frieden in Europa, den wir mit viel Mühe erarbeitet haben, gemeinsam zu verteidigen“, sagte Lechte. Und diese Verteidigung finde derzeit in Europa in der Ukraine statt. (ahe/25.01.2023)