Nationaler Bildungsbericht im Parlament beraten
Der Bundestag hat am Mittwoch, 18. Januar 2023, den Nationalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2022“ (20/4980) beraten. Der Nationale Bildungsbericht liefert alle zwei Jahre Zahlen und Entwicklungen aus allen Bildungsbereichen – von der frühkindlichen Bildung bis zur beruflichen Weiterbildung. Im Fokus des diesjährigen Berichts steht das „Bildungspersonal: Struktur, Entwicklung, Qualität und Professionalisierung“.
Erstellt wird der Bericht von unabhängigen Wissenschaftlern im Auftrag der Kultusministerkonferenz und des Bundesbildungsministeriums. Nach 40-minütiger Debatte soll die Unterrichtung zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen werden.
Schwerpunkt Bildungspersonal
Schwerpunkt des Bildungsberichts 2022 ist das Bildungspersonal, das aus Sicht der Autoren für die Bildungsprozesse eine Schlüsselrolle einnimmt. Die Anzahl des Personals in der Frühen Bildung, in allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen sowie in Teilen des Weiterbildungsbereichs habe sich seit 2010 teils merklich erhöht. Allein Kindertageseinrichtungen verzeichneten einen Personalzuwachs von 75 Prozent, die Hochschulen von 25 Prozent. Dabei sei die zahlenmäßige Entwicklung des Bildungspersonals „überwiegend den Teilnehmendenzahlen“ gefolgt.
„Insgesamt zeigen sich daher trotz des größeren Personalbestands lediglich geringfügige qualitative Verbesserungen in den Betreuungsrelationen“, heißt es in dem Bericht.
Die Bedarfe an qualifiziertem Bildungspersonal würden weiter zunehmen: Besonders groß sei der Bedarf an zusätzlichem Personal in der Frühen Bildung und in den allgemeinbildenden Schulen. Mit dem Rechtsanspruch auf ein Ganztagsangebot im Grundschulbereich werde bis 2030 ebenfalls mit großem Zusatzbedarf von Fachkräften gerechnet. Personalgewinnung und Personalqualifizierung bleiben laut Bildungsbericht damit in den kommenden Jahren eine vordringliche Aufgabe für die Sicherung qualitativ hochwertiger Bildungsangebote.
Soziale Herkunft und Bildungserfolg
Aus dem Bildungsbericht geht des Weiteren hervor, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg anhaltend stark ausgeprägt bleibe, was die Chancen auf eine gleichberechtigte soziale Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen und die Vorbereitung auf eine selbstbestimmte Lebensführung vermindere. Schüler aus benachteiligten sozialen Lagen besuchten nach der Grundschule deutlich seltener höher qualifizierende Schularten und Bildungsgänge und seien bei den Abschlüssen weiterhin häufiger am unteren Ende des Spektrums vertreten.
Mit 31 Prozent würden sie wesentlich seltener die Allgemeine Hochschulreife erwerben als Schüler aus besser gestellten Elternhäusern (79 Prozent). Hinzu komme, dass in den Fächern Deutsch und Mathematik der Leistungsvorsprung von Viertklässlern aus sozioökonomisch stärkeren Elternhäusern gegenüber weniger privilegierten Kindern 2016 beziehungsweise 2019 bei jeweils etwa einem Lernjahr gelegen habe.
Rückgang der Leseleistungen von Viertklässlern
Mit Blick auf die Folgen der Corona-Pandemie seien angesichts der Datenlage zum jetzigen Zeitpunkt viele Fragen unbeantwortet, schreiben die Wissenschaftler. Erste Befunde wiesen auf einen Rückgang der Leseleistungen von Viertklässlern im Jahr 2021 gegenüber 2016 hin, „wobei diese bislang nicht zweifelsfrei auf die pandemiebedingt veränderten Lernsituationen zurückzuführen sind“. Die eingeschränkten Möglichkeiten des pädagogischen und sozialen Austauschs in Schule und Unterricht dürften einen Abbau sozialer Disparitäten noch zusätzlich erschwert haben.
Nach eigenen Angaben hätten im Frühjahr 2020 nur 38 Prozent der Lehrkräfte mit allen oder fast allen ihrer Schüler regelmäßig im Kontakt gestanden. Angesichts unzureichender Ausgangslagen für digital gestützte Lernprozesse zu Beginn der Pandemie, die sich nach Angaben von Lehrkräften auch bis zum zweiten Lockdown kaum verbessert hätten, habe die Unterstützung in der Familie beim Lernen erheblich an Bedeutung gewonnen.
Tiefpunkt bei der beruflichen Ausbildung
Die Entwicklung in der beruflichen Ausbildung habe 2021 mit weniger als 900.000 Neuzugängen einen Tiefpunkt erreicht, heißt es weiter. Als besonders drastisch erweise sich die Abnahme der Neuzugänge im dualen System, „für das zwischen 2019 und 2021 eine deutliche Reduktion der betrieblichen Ausbildungsplätze und in noch stärkerem Maße ein Rückgang der Nachfrage durch Jugendliche zu verzeichnen ist“. Diese Verminderung der Ausbildungsplatznachfrage hänge einerseits mit rückläufigen Schulabsolventen, andererseits mit der in den letzten drei Dekaden stark gestiegenen und auf hohem Niveau verharrenden Studiennachfrage zusammen.
Zudem habe auch die Corona-Pandemie in den letzten beiden Jahren deutliche Spuren hinterlassen. „Ein Teil der jungen Erwachsenen war und ist verunsichert und verzögert den Übergang in eine Ausbildung.“ Ausbildungsbetriebe wiederum schränkten aufgrund der unsicheren Geschäftslage zumindest vorübergehend ihre Ausbildungsaktivitäten ein. (hau/18.01.2023)