Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn
Das Thema Rechtsstaatlichkeit in Ungarn stand am Donnerstag, 10. November 2022, auf der Tagesordnung des Bundestages. Dabei wurde die Beschlussempfehlung des Europaausschusses zu dem „Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss des Rates über Maßnahmen zum Schutz des Haushalts der Union vor Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn“ (20/3632 Buchstabe A.6, 20/4363) angenommen. Für die Entschließung stimmte neben den Koalitionsfraktionen auch Die Linke, die AfD stimmte dagegen, Die CDU/CSU enthielt sich.
Aussetzung von EU-Mitteln gegenüber Ungarn
Der Bundestag fordert die Bundesregierung damit auf, im Rat der EU für die Aussetzung von Zahlungen in Milliardenhöhe aus dem EU-Haushalt an Ungarn zu stimmen, sollte die Regierung in Budapest die von ihr vorgelegten Abhilfemaßnahmen nicht nachvollziehbar umsetzen. Die Konditionalitätsverordnung als neues Instrument zum Schutz des EU-Haushalts sollte bei Verstößen gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit „mit größter Sorgfalt, Konsequenz, Transparenz und sachgerechtem Maßstab“ angewendet werden, heißt es in der Entschließung.
Mit dem Antrag machen die Abgeordneten von ihrem Recht auf Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Gebrauch. Grundlage der Vorlage ist der Vorschlag eines Durchführungsbeschlusses der Europäischen Kommission zur Aussetzung von EU-Mitteln gegenüber Ungarn (20/3632 Buchstabe A.6).
„Systematische Unregelmäßigkeiten“
Die Abgeordneten betonen, wegen systematischer Unregelmäßigkeiten in öffentlichen Vergabeverfahren sowie nicht ausreichend wirksamen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sei die Kommission zu der Feststellung gelangt, dass die Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn die wirtschaftliche Führung des Haushalts der EU „hinreichend unmittelbar beeinträchtigen“. Trotz der von der ungarischen Regierung vorgelegten Abhilfemaßnahmen bestünden ernsthafte Zweifel an ihrem politischen Willen, die notwendigen Reformen tatsächlich umzusetzen. Dem Deutschen Bundestag sei es vor diesem Hintergrund wichtig, dass sich die erstmals zur Anwendung kommende Konditionalitätsverordnung als effektives Instrument zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit erweise. Im Sinne der Glaubwürdigkeit müsse es „mit größter Sorgfalt und strengem Maßstab konsequent angewandt“ werden. Die Abhilfemaßnahmen müssten eine effektive Schutzwirkung für den EU-Haushalt in der Praxis entfalten, „nicht nur auf dem Papier“.
Die Kommission hatte am 27. April 2022 ein offizielles Verfahren nach der Konditionalitätsverordnung gegen Ungarn eingeleitet. Es geht um Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt. Nachdem der Rat am 13. Oktober 2022 auf Bitten der Kommission eine zweimonatige Verlängerung der Frist bis zum 19. Dezember 2022 gewährt hat, muss bis dahin seine endgültige Abstimmung erfolgen. (joh/hau/ste/10.11.2022)