Koalitionsantrag zur Unterstützung der Protestbewegung im Iran angenommen
Zur aktuellen Situation im Iran hat der Bundestag am Mittwoch, 9. November 2022, debattiert. Grundlage dafür war ein von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegter Antrag mit dem Titel „Protestbewegung im Iran unterstützen, Druck auf das Regime in Teheran erhöhen“ (20/4329). Die Vorlage wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung von AfD und Linken angenommen.
Keine Mehrheit fand hingegen ein Antrag der Linksfraktion (20/4339), der Solidarität mit den Protesten im Iran forderte. Demnach sollten Verfolgte aufgenommen und Abschiebungen gestoppt werden. Gegen den Antrag stimmen alle übrigen Fraktionen.
Antrag der Koalition
Die Koalitionsfraktionen wollen zur Unterstützung der Protestbewegung im Iran den Druck auf das Regime in Teheran erhöhen. „Die seit Wochen andauernden Straßenproteste in der Islamischen Republik Iran haben sich zur größten Herausforderung des menschenverachtenden iranischen Regimes seit dem Aufstand gegen die Präsidentschaftswahl 2009 ausgeweitet“, schreiben die Abgeordneten. Entzündet habe sich die Wut in der Bevölkerung am 16. September 2022 durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Jina Amini nach Verhaftung durch die umstrittene Sittenpolizei, die sie wegen eines „nicht korrekt“ sitzenden Kopftuchs festgenommen hatte. Aminis Tod sei Teil der systematischen Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten im Iran seit mehr als vier Jahrzehnten, wo zudem Frauen und Minderheiten besonders diskriminiert und unterdrückt würden.
Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, „den bereits erhöhten politischen und diplomatischen Druck auf das Regime in Teheran aufrecht zu erhalten, insbesondere durch die Verhandlungen über die Iran-Menschenrechts-Resolution im Dritten Ausschuss der VN-Generalversammlung und im VN-Menschenrechtsrat, wo sich die Bundesregierung für eine Sondersitzung zur Menschenrechtslage im Iran und für eine Verlängerung des Mandats des VN-Sonderberichterstatters zum Iran einsetzen soll“. Außerdem sollen weitere Sanktionen auf EU-Ebene für Verantwortliche für das gewaltsame Vorgehen des iranischen Regimes gegen Demonstrierende vorbereitet, der Kreis der Visa-Sperren gegen Verantwortliche ausgeweitet und die Verschärfungen von Sanktionen auch beim Handel und bei den Finanzbeziehungen geprüft werden. Weitere Forderungen zielen auf die Unterstützung von NGOs, die Beweismaterial gegen Verantwortliche staatlicher Gewalt und Willkür dokumentieren sowie den Schutz demokratischer Oppositioneller aus dem Iran und besonders gefährdeter Iranerinnen und Iraner aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft in Deutschland. Geprüft werden solle in diesem Zusammenhang auch, ob und wie das „Islamische Zentrum Hamburg“ als „Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland“ geschlossen werden könne.
Abgelehnter Antrag der Linken
Die Bundesregierung sollte nach dem Willen der Fraktion Die Linke alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, „damit Menschen, die vor dem iranischen Regime fliehen müssen, eine sichere Einreise in die EU beziehungsweise nach Deutschland ermöglicht und ihnen unkompliziert Schutz gewährt wird“. In ihrem Antrag (20/4339) forderte die Fraktion die Bundesregierung zugleich auf, sich gegenüber den Bundesländern für eine generelle Aussetzung der Abschiebungen nach Iran einzusetzen.
Auch sollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der Vorlage zufolge gegenüber den Bundesländern ihr Einvernehmen erklären, dass geduldeten Iranern eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, die zur Arbeitsaufnahme berechtigt. Zudem drang die Fraktion darauf, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) anzuweisen, ablehnende Bescheide in Bezug auf das Herkunftsland Iran mit Blick auf die aktuelle Entwicklung erneut zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern, soweit Rechtsmittel gegen diese Bescheide anhängig sind.
Ferner wurde die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, bessere Schutzmaßnahmen für gefährdete Exil-Iraner zu treffen und eine Anlaufstelle zu schaffen, an die sich vom iranischen Regime in Deutschland bedrohte Personen wenden können. Auf internationaler Ebene sollte sich die Bundesregierung laut Vorlage für die Einrichtung einer UN-Untersuchungskommission einsetzen, „um die Verbrechen von Mitarbeitern iranischer Behörden bei der Niederschlagung der friedlichen Proteste zu dokumentieren, aufzuklären und Verantwortliche zu benennen“. Des Weiteren sollte die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion dafür sorgen, „dass Deutschland kein sicherer Hafen für Personen ist, die für Verbrechen bei der Niederschlagung der friedlichen Proteste und die vielen Toten verantwortlich sind“. (aw/sto/hau/09.11.2022)