Der Bundestag hat am Donnerstag, 20. Oktober 2022, dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die Zahlung einer Energiepreispauschale an Rentner und für Änderungen der Verdienstgrenze bei den Midijobs zugestimmt (20/3938). Die Vorlage wurde in dritter Beratung mit der Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke bei Stimmenthaltung der AfD angenommen. Keine Mehrheit hingegen fand ein Antrag der AfD-Fraktion mit der Forderung, Rentner beim Entlastungspaket nicht zu vergessen (20/2034). Die Vorlage wurde mit den Stimmen der übrigen Fraktionen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Den Entscheidungen lagen eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (20/4095) und ein Bericht des Haushaltsausschusses nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit zugrunde (20/4102).
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
Laut Gesetzentwurf soll diese Pauschale von 300 Euro erhalten, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Versorgungsbezüge nach dem Beamtenversorgungsgesetz oder dem ersten und zweiten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes hat. Der Anspruch besteht nur bei einem Wohnsitz im Inland. Die Energiepreispauschale soll als Einmalzahlung durch die Rentenzahlstellen oder die Versorgungsbezüge zahlenden Stellen Anfang Dezember 2022 ausgezahlt werden. Die Energiepreispauschale unterliegt nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung und wird automatisch ausgezahlt.
Bestandteil des Gesetzentwurfes ist außerdem, für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Übergangsbereich die Obergrenze von 1.600 Euro auf 2.000 Euro im Monat anzuheben. Mit der Ausweitung des Übergangsbereichs sollen Beschäftigte bei den Sozialversicherungsbeiträgen in einer Größenordnung von rund 1,3 Milliarden Euro jährlich entlastet werden, für die Sozialversicherung insgesamt ergeben sich dadurch ab 2023 allerdings jährliche Mindereinnahmen.
Regierung: Unbürokratische Hilfe für 20 Millionen
Kerstin Griese (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, betonte, durch die Verabschiedung des schnell ausgearbeiteten Gesetzentwurfes werde man es schaffen, dass 20 Millionen Rentner noch vor Weihnachten die Energiepreispauschale auf dem Konto hätten. Anspruchsberechtigt seien alle Rentner, denen nun unbürokratisch geholfen werde.
Griese verteidigte auch die Midijob-Regelungen als wichtige Entlastung von Beschäftigten mit geringem Einkommen.
Union sieht erhebliche Mängel in der Umsetzung
Max Straubinger (CDU/CSU) begrüßte zwar die Energiepreispauschale für Rentner, schließlich sei dies eine alte Forderung der Union gewesen. Dennoch gebe es in der Umsetzung nun erhebliche Mängel, da zahlreiche Personengruppen vergessen worden seien, wie zum Beispiel Unfallopfer, Gewaltopfer und Versicherte aus berufsständischen Versorgungswerken.
Scharf kritisierte er auch die Ausweitung der Verdienstgrenzen bei Midijobs als zu hohe Belastung für Sozialkassen und Arbeitgeber.
Grüne: Regierung soll Ausweitung des Personenkreises prüfen
Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) verwahrte sich dagegen, dass die Regierung Rentner im Regen stehen lasse. Das Gesetz zeige doch, dass dem nicht so sei. Auch stimme der Vorwurf der Union nicht, dass Freiberufler vergessen würden, da man Versicherte in berufsständischen Versorgungswerken nicht mit Freiberuflern gleichsetzen könne.
Gleichwohl lasse der Gesetzentwurf bestimmte Gruppen noch außen vor, für die auf die Schnelle keine Lösung gefunden werden konnte. Hier sei die Bundesregierung aber noch dran, versicherte Kurth.
AfD: Zu wenig und zu spät
Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) betonte, ihre Fraktion habe eine solche Zahlung für Rentner schon im Mai gefordert. Sie kritisierte jedoch auch, dass viele Menschen nicht in den Genuss der Pauschale kämen, die es auch dringend nötig hätten, wie zum Beispiel pflegende Angehörige oder Bezieher von Krankengeld. „Wie immer ist es zu wenig und zu spät“, sagte sie.
Deutlich kritisierte sie auch die Midijob-Änderungen. Die Sozialkassen dadurch derart zu belasten, zeige, dass die Regierung den Ernst der Lage nicht begriffen habe, so Schielke-Ziesing.
FDP: Unternehmen nicht weiter belasten
Pascal Kober (FDP) sagte, das Gesetz sei „eine gute Nachricht in schwierigen Zeiten“. Dennoch verwies er auf die hohen Belastungen für die Arbeitgeber durch die Energiepreise und nun auch durch die Midijob-Regelungen.
Er appellierte daran, Firmen in dieser Zeit nicht noch weiter zu belasten. Dafür werde sich die FDP in der Koalition einsetzen, betonte er.
Linke: Frauen in der Teilzeitfalle
Susanne Ferschl (Die Linke) kritisierte die Bundesregierung dafür, drei Monate gebraucht zu haben, um zu merken, dass auch Rentner ihre Wohnungen heizen müssen. Sie kritisierte allerdings die Umsetzung der Pauschale, denn zu viele Personengruppen blieben außen vor, wie zum Beispiel Bezieher von Arbeitslosengeld I oder Menschen mit Behinderungen in Werkstätten.
Die Ausweitung der Midijob-Verdienstgrenze sei zudem ein Teilzeit-Förderungsgesetz, das Frauen noch weiter in die Teilzeitfalle dränge.
SPD: Dauerhaft gute Rentenbezüge sichern
Dr. Tanja Machalet (SPD) lobte die schnelle Umsetzung, so dass die Pauschale noch in diesem Jahr ausgezahlt werden könne. Es sei keineswegs ein Gesetz des schlechten Gewissens, wie es die Union glauben machen wolle.
Angesichts der ambitionierten Rentenprojekte der Ampel-Koalition werde sich zeigen, wer am Ende ein schlechtes Gewissen haben müsse, sagte sie und kündigte umfangreiche Änderungen an. Denn eine Einmalzahlung sei zwar wichtig, aber ebenso wichtig sei, dauerhaft gute Rentenbezüge für die Menschen zu sichern, so Machalet.
Antrag der AfD-Fraktion
Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag (20/2034) auf, Rentner bei den Entlastungspaketen nicht zu vergessen. Sie schreibt: „Die Bezieher von Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten sind jedoch genauso von steigenden Energiepreisen betroffen, wie andere Bevölkerungsgruppen. Unabhängig davon, ob man die vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen als ausreichend ansieht oder nicht, ist es daher geboten auch die Bezieher von Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten bei den Maßnahmen angemessen zu berücksichtigen.“
Die Fraktion fordert von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der „wenigstens“ die Zahlung eines einmaligen Zuschusses zu den Energiekosten für Erwerbsminderungs- und Altersrentner in Höhe von 300 Euro durch die Rentenversicherung festschreibt. Die entstehenden Kosten sollen durch den Bund in voller Höhe erstatten werden. Dieser Zuschuss soll nach dem Willen der Abgeordneten steuerfrei sein. (che/20.10.2022)