Petitionen

Petitionen zum Mutter­schutz und zur Liposuk­tions­behandlung

Die LIPLEG-Studie zur Beantwortung der Frage, welchen Nutzen die Liposuktion (Absaugung von Fettzellen) bei Lipödem im Vergleich zu einer alleinigen konservativen, symptomorientierten Behandlung hat, wurde im Februar 2021 begonnen und läuft derzeit planmäßig. Die Vorlage von Zwischenergebnissen sei nicht vorgesehen, sagte Matthias Perleth als Vertreter des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dem höchsten Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag, 26. September 2022.

Forderung nach unabhängigen Gutachtern

Aus Sicht der Petentin Inge Erdinger, die selbst unter Lipödem, einer Erkrankung des Fettgewebes, von der fast ausschließlich Frauen betroffen sind, leidet und eine Selbsthilfegruppe gegründet hat, dauert das zu lange. Seit 2017 wisse man um das Problem. „Was ist in all den Jahren passiert?“, fragte sie während der Sitzung. Immer wieder habe sie sich anhören müssen, man warte auf die Studie. „Doch es tut sich nichts“, zeigte sie sich enttäuscht. G-BA-Vertreter Perleth wollte das so nicht stehen lassen. Beim G-BA sei das Thema nicht auf die lange Bank geschoben worden. Man habe sich sehr ernsthaft bemüht, sich dem Thema zu widmen „und eine gute Lösung zu finden“. Eine solche umfangreiche Studie zu planen, sei aber komplex und dauere seine Zeit, sagte er.

In ihrer öffentlichen Petition, die 64.292-mal mitgezeichnet wurde, fordert die Petentin, dass die Liposuktionsbehandlung im Falle eines Lipödems in allen Stadien der Erkrankung durch die Krankenkasse übernommen wird. Auch müsse die Aufgabe der Begutachtungen, die derzeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) wahrgenommen wird, von unabhängigen Gutachtern übernommen werden, die sich täglich mit der Erkrankung beschäftigen, verlangt sie. „Die beim MDK tätigen Personen sind nicht adäquat geschult, um sich auch nur annähernd auf dem Gebiet der Lymphologie auszukennen“, heißt es in der Petition. Da das Lipödem, „respektive die Lymphologie“, im medizinischen Studium nicht beziehungsweise kaum beachtet werde, müsse es eine Ausbildungsverpflichtung im Studium und in der Weiterbildung geben. Hausärzte, aber auch Fachärzte wie etwa Gynäkologen, Kinderärzte und vor allem Dermatologen müssten die Krankheit frühzeitig erkennen können, betont die Petentin.

Arzt: Operation früh genug durchführen

Unterstützt wurde ihre Forderung von dem sie begleitenden Facharzt für Gefäßkrankheiten, Michael Offermann aus Essen. „Nach einer Operation, wenn sie denn früh genug durchgeführt wird, ist das Lipödem vorbei“, sagte der Experte. „Das ist schon seit 20 Jahren so“, fügte er hinzu. Auf anderslautende Stellungnahmen von Lymphologen hingewiesen, sagte er: Die Lymphologie habe eigentlich mit dem Lipödem nichts zu tun. Das Lipödem sei eine trockene Erkrankung. Die Fettzellen seien zu groß, es sei aber kein Wasser in ihnen. Eine Lymphdrainage bringe daher nichts, die Kompressionstherapie mache lediglich zur Schmerzstillung Sinn.

Offermann stellte sich auch hinter die Forderung der Petentin, den Body-Maß-Index (BMI) nicht als Kriterium für eine Kostenübernahme der Liposuktionsbehandlung anzusehen. G-BA-Vertreter Perleth sagte dazu, der G-BA sei schon an die oberste Grenze der Empfehlungen von Experten beim BMI gegangen, um möglichst vielen Patientinnen die Behandlung zu ermöglichen. In der entsprechenden Richtlinie finde sich auch keine absolute Grenze. In Einzelfällen könne es also Ausnahmen geben. Auch wenn die Aussagekraft des BMI in bestimmten Konstellationen an seine Grenzen komme, sei er ein international etablierter Standard, „den der G-BA nicht einfach so durch einen anderen Wert ersetzen kann“, gab Perleth zu bedenken.

Mutterschutz bei Selbständigen: Regierung sucht Lösungen

Die Bundesregierung arbeitet intensiv an einer Lösung für das Problem des fehlenden Mutterschutzes bei Selbstständigen. Das machten die Parlamentarischen Staatssekretärinnen Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen; Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) im weiteren Verlauf der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich. Grundlage der Sitzung war die Petition der selbstständigen Tischlermeisterin Johanna Röh, die 111.794 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hatte.

Selbstständige Schwangere müssten den gleichen gesetzlichen Mutterschutz genießen wie Angestellte, heißt es in der Eingabe. Eine Schwangerschaft dürfe keine Existenzbedrohung darstellen oder zu einer Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt führen. „Vor allem für Gründerinnen, Chefinnen in investitionsintensiven Branchen und Selbstständige in körperlich arbeitenden Berufszweigen müssen Instrumente geschaffen werden, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern“, schreibt die Petentin.

Petentin fordert Recht auf eine Betriebshilfe

Während eine angestellte Tischlerin mit Bekanntwerden der Schwangerschaft sofort ein betriebliches Beschäftigungsverbot bei voller Lohnfortzahlung bekommen hätte, sei sie weiter auf der Baustelle aktiv gewesen, um den Fortbestand ihres Betriebes zu sichern, sagte Röh vor den Abgeordneten. Wäre sie insolvent gegangen, hätte sie das in den letzten Jahren in den Betrieb geflossene Kapital verloren, ihre Auszubildende hätte sich einen neuen Ausbildungsplatz suchen müssen und sie den Betrieb später wieder neu aufbauen oder sich eine Anstellung suchen müssen. „Womöglich noch bei einem Tischlermeister, der Familie und Betrieb problemlos vereinbaren kann, weil er nicht derjenige ist, der selbst das Kind bekommt.“ Das sei keine Chancengleichheit, sagte sie.

In der Coronapandemie, so Röh, sei es auch gelungen, Unternehmen aufzufangen. „Das erwarten wir bei uns auch“, machte sie deutlich. Aktuell sei es aber so, dass sie zwar Haushaltshilfe hätte beantragen können, aber keine Betriebshilfe. Wirtschafts-Staatssekretärin Brantner machte deutlich, dass das Thema in ihrem Ministerium angekommen sei. Es sei eine Arbeitsgruppe gegründet worden, die mit Verbänden und Betroffenen nach Lösungen suche. Brantner lud die Petentin ein, sich daran zu beteiligen. „Wir müssen Lösungen finden, auch wenn diese nicht trivial sind“, sagte die Staatssekretärin.

Deligöz sieht Vorbild in der Landwirtschaft

Das Mutterschutzgesetz erfasse die Selbstständigen nicht, da es von Arbeitgebern fordere, Schutzzonen für Arbeitnehmerinnen zu schaffen, erläuterte Familien-Staatssekretärin Deligöz. Schutzmöglichkeiten könnte es über die privaten und gesetzlichen Krankenkassen geben, die aber auch begrenzt wären, sagte sie. Interessant sei das Vorbild aus der Landwirtschaft, so Deligöz. Hier gebe es schon die Möglichkeit, landwirtschaftliche Betriebshilfe zu beantragen. Um auf dieser Basis eine Betriebshilfe auch für Handwerksbetriebe zu schaffen, sei sie in Gesprächen mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Es könne über den berufsständischen Weg laufen, sagte sie. Österreich, so die Staatssekretärin, mache das beispielsweise über Beiträge der Selbstständigen.

Die die Petentin begleitende Anwältin Angela Heinssen warb vor dem Ausschuss für eine schnelle Lösung. Das koste vielleicht etwas, sagte sie. Die Rendite, die es auch kurzfristig gebe, indem Firmen gegründet, Handwerksbetriebe übernommen und Arztpraxen im ländlichen Raum gesichert würden, sei aber unschätzbar. Abschließende Voten wird der Ausschuss in einer seiner späteren Sitzungen fällen. (hau/26.09.2022)

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