Lemke: Begrenzte finanzielle Ressourcen effizient nutzen
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich trotz der „existenziellen Herausforderungen“, vor die der Ukraine-Krieg Deutschland insbesondere bei der Energieversorgung stelle, davor gewarnt, Klimaschutz- und Artenschutzziele über Bord zu werfen. „Die Klimakrise und das Artensterben sind auch existenzielle Krisen“, betonte die Ministerin am Dienstag, 22. März 2022, in der Debatte über den Entwurf der Bundesregierung für den Etat des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (20/1000).
Die Antwort auf diese Herausforderungen könne nicht sein, dass man diese Krisen ignoriere oder erneut in die Atomkraft einsteige, sagte Lemke und erteilte gleichzeitig Laufzeitverlängerungen für die verbliebenen drei Atomkraftwerke zu Beginn ihrer Rede eine Absage. Die Technologie sei hochriskant, zudem bleibe man abhängig von Importen, etwa von Uran für Brennelemente, das unter anderem auch aus Russland bezogen werde.
Ministerin: Krisen nicht gegeneinander ausspielen
Statt die Krisen gegeneinander auszuspielen, gelte es, die begrenzten finanziellen Ressourcen effizient zu nutzen für „Klimaschutz und Energiesouveränität, für Naturschutz und Gesundheitsschutz, für Kreislaufwirtschaft und weniger Abhängigkeit von knappen Ressourcen“, so Lemke. Diesen Ansatz spiegelte auch der Haushaltsentwurf wider: Konkret nannte Lemke unter anderem das geplante Artenhilfsprogramm, mit dem Arten geschützt werden sollen, die vom Ausbau der Windkraftanlagen besonders betroffen sind, sowie das Bundesprogramm Natürlicher Klimaschutz, mit dem „natürliche Klimaschützer“ wie Moore und Auen gesichert werden sollen.
Zur Finanzierung stünden zusätzliche Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds zu Verfügung. Weiter sei geplant, die Mittel für einen Bundesnaturschutzfonds gegenüber der bisherigen Finanzplanung aufzustocken, kündigte Lemke an. In den nächsten vier Jahren seien insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro dafür vorgesehen.
Union fordert mehr Geld für Klimaanpassung
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU), umwelt- und verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, lenkte den Blick auf die Flutkatastrophe im vergangenen Sommer und lobte die Bundesregierung zunächst ausdrücklich für die Ankündigung einer Klimaanpassungsstrategie und eines Klimaanpassungsgesetzes.
Doch sie müsse auch zeigen, dass es ihr ernst es ihr damit sei und dafür Gelder bereitstellen, mahnte die Unionsabgeordnete. Sonst werde das Prestigeprojekt zerplatzen wie eine Seifenblase.
SPD: Ausbau der Kreislaufwirtschaft beschleunigen
Den Vorwurf bemühte sich Michael Thews (SPD) zu entkräften: Er verwies darauf, dass der Haushaltsentwurf für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel einen Aufwuchs der Mittel auf rund 37 Millionen Euro vorsehe.
Zudem betonte der Sozialdemokrat in seiner Rede die Notwendigkeit eines zügigen Aufbaus einer Kreislaufwirtschaft – auch um die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu verringern. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sei zudem „gelebter Umweltschutz und die Grundlage einer nachhaltigen und innovativen Wirtschaft“.
Linke moniert zu geringe Ausgaben für Verbraucherschutz
Heftige Kritik am Etatentwurf kam auch von Amira Mohamed Ali (Die Linke): Sie befand insbesondere die eingeplanten Ausgaben in Höhe von 41 Millionen Euro für den Verbraucherschutz als viel zu gering. Der Übermacht der großen Unternehmen seien Verbraucherinnen und Verbraucher zu oft ausgeliefert.
Daher müsse „Schluss mit der Unterfinanzierung sein“, so die Abgeordnete und forderte mehr Geld zum Beispiel für die Schuldnerberatung.
AfD dringt auf Weiternutzung der Atomenergie
Der Ausschluss längerer Laufzeiten für Atomkraftwerke kritisierte insbesondere die AfD scharf. Die Bundesregierung verhalte sich in ihrer Energiepolitik wie ein „Geisterfahrer“, sagte Wolfgang Wiehle (AfD). Während Belgien den Atomausstieg verschiebe, halte die Ampel „halsstarrig“ daran fest.
Sein Fraktionskollege Dr. Rainer Kraft hielt der Bundesregierung zudem vor, aus ideologischen Gründen „kleinere Probleme“ wie die Endlagerung nuklearer Reststoffe „hochzustilisieren“ und „größere Probleme“ wie die Deponierung von Giftstoffen wie Arsen oder Quecksilber zu ignorieren.
Grüne: Erneuerbare Energien geostrategisch von Vorteil
Den Ausbau der erneuerbaren Energien verteidigte wiederum Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen): Die Vorteile einer sauberen und dezentralen Energieversorgung seien jetzt „offensichtlicher denn je – auch geostrategisch.“ Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen hätten deutlich vor Augen führten, wie verletzlich die Gesellschaft sei. „Es geht darum, unsere Resilienz zu erhöhen“, betonte der Abgeordnete. Klimakrise und Artensterben dürften genau aus diesem Grund nicht aus dem Blick geraten.
Dazu leiste der Etat des Umweltministeriums einen Beitrag. Der natürliche Klimaschutz werde mit zusätzlichen vier Milliarden aus dem Klimafonds gestärkt, zudem werde die Ampel zeigen, dass Klima- und Umweltschutz vereinbar seien.
FDP: „Pragmatische und progressive Lösungen“
Mit den zusätzlichen Milliarden für den natürlichen Klimaschutz werfe die Bundesregierung einen „dicken Stein“ ins Wasser, bekräftigte auch Judith Skudelny (FDP). Klimakrise, Artensterben und die sich verschärfende Hungerkrisen befeuerten sich gegenseitig.
Aus diesen Gegensätzen gelte es nun „eine Einheit“ zu machen. Hier finde die Ampel „pragmatische und progressive Lösungen“.
Überwiegend Investitionen
Bundesministerin Lemke plant mit geringeren Ausgaben, obwohl die Zuständigkeit für den Bereich „Verbraucherschutz“, der in der vergangenen Wahlperiode noch beim Bundesjustizministerium angesiedelt war, ihrem Ministerium zugeschlagen wurde. Zugleich musste sie aber den Bereich „Klimaschutz“ an das von Bundesminister Dr. Robert Habeck geleitete Wirtschaftsministerium abgeben. Das Ministerium erwartet Einnahmen von 822,45 Millionen Euro (2021: 852,98 Millionen Euro).
Mit 1,18 Milliarden Euro sind die überwiegenden Ausgaben des Ministeriums laut Etat Investitionen (2021: 1,73 Milliarden Euro). Für den Umweltschutz sollen 346,65 Millionen Euro ausgegeben werden können (2021: 258,34 Millionen Euro), für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle 991,44 Millionen Euro (2021: 1,03 Milliarden Euro). Davon entfallen 633,51 Millionen Euro auf Endlagerungen und Standortauswahlverfahren (2021: 614,02 Millionen Euro) und 353,83 Millionen Euro auf Zwischenlagerungen (2021: 413,87 Millionen Euro).
Der Naturschutz soll in diesem Jahr 125,57 Millionen Euro kosten dürfen im Vergleich zu 132,57 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sind 137,66 Millionen Euro vorgesehen (2021: 68,81 Millionen Euro) und für Verbraucherpolitik 40,85 Millionen Euro.
Ausgaben für nachgeordnete Behörden
Das nachgeordnete Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau soll 165,1 Millionen Euro erhalten (2021: 154,75 Millionen Euro), das Bundesamt für Naturschutz auf der Insel Vilm und in Leipzig 46,97 Millionen Euro (2021: 50,76 Millionen Euro), das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung 54,41 Millionen Euro (2021: 45,12 Millionen Euro) und das Bundesamt für Strahlenschutz 71,62 Millionen Euro (2021: 62,12 Millionen Euro). (sas/vom/22.03.2022)