Ohne Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 23. Juni 2022, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt:
Klimaschutz: Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben die Abgeordneten gegen das Votum der Oppositionsfraktionen CDU/CSU, AfD und Die Linke einen Regierungsentwurf über eine „Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens Energie- und Klimafonds“ (20/1598, 20/1989) angenommen. Danach soll der Energie- und Klimafonds (EKF) zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) weiterentwickelt werden. Bei dem Fonds handelt es sich um ein Sondervermögen des Bundes, aus dem klimaschutzpolitische Programmausgaben finanziert werden. Der Fonds wird von mehreren Ministerien bewirtschaftet. Die Weiterentwicklung soll laut Regierung vor allem dazu dienen, den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu begegnen. Mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2021 hatte der Bundestag dafür Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro an den Fonds übertragen. Der Entwurf sieht den neuen Paragrafen 2a in dem Einrichtungs-Gesetz des EKF vor, in dem festgeschrieben werden soll, wozu diese 60 Milliarden Euro genutzt werden dürfen. Aufgezählt wird unter anderem die „Förderung von Investitionen in Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im Gebäudebereich“ und die Abschaffung der EEG-Umlage. Zudem soll der eigentliche Zweck des Sondervermögens angepasst und erweitert werden. Künftig soll das Sondervermögen demnach „zusätzliche Programmausgaben zur Förderung von Maßnahmen, die der Erreichung der Klimaschutzziele nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz, [...] dienen“, ermöglichen. Förderfähig seien „insbesondere Maßnahmen, die geeignet sind, die Transformation Deutschland zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Volkswirtschaft voranzutreiben“. Zur Abstimmung hatte der Haushaltsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/2396).
Digital Markets Act: Bei Enthaltung der Linksfraktion und gegen die Stimmen der Antragsteller sowie der AfD hat der Bundestag einen CDU/CSU-Antrag mit der Mehrheit von SPD, Grüne und FDP zurückgewiesen, in dem die Fraktion forderte, die Bundesregierung solle bei den Trilogverhandlungen zum Digital Markets Act darauf hinwirken, dass Möglichkeiten geschaffen werden, Gatekeepern den Aufkauf von potenziellen Wettbewerbern zu verbieten (20/686). Dies könne etwa als feste Rechtsfolge bei Verstößen von Gatekeepern gegen den DMA geschehen. Dabei müsse darauf geachtet werden, dass Unternehmenskäufe nicht per se verboten werden. Nur solche Unternehmen sollen reguliert werden, „deren wirtschaftliche Machtposition tatsächlich den fairen Wettbewerb auf digitalen Märkten zu unterminieren“ drohe, heißt es in dem Antrag. Weiter schreiben die Abgeordneten, es solle eine Interoperabilitätsverpflichtung für Messengerdienste der Gatekeeper eingeführt werden, um mehr Innovation und Auswahlmöglichkeiten für die Verbraucher zu schaffen. Die Handlungsfähigkeit und nationale Zuständigkeit des Bundeskartellamts solle zudem künftig vollständig erhalten bleiben und nicht durch ein Veto der EU-Kommission blockiert werden können. Zur Abstimmung hatte der Wirtschaftsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (20/1884).
Digitalministerium: Gegen das Votum der Antragsteller hat der Bundestag mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen einen AfD-Antrag (20/88) abgelehnt, in dem diese die Bundesregierung aufforderte, unverzüglich ein Bundesministerium für Digitalisierung (BMDig) zu gründen und die politischen Abteilungen für die Themen Bürgerdienste (OZG-Umsetzung), IT des Bundes, digitale Infrastruktur sowie IT-Sicherheit und Innovation einzurichten. Weiter verlangen die Abgeordneten, den Posten des Beauftragten der Bundesregierung für Digitalisierung sowie die Beratungs-, Koordinierungs- und Umsetzungsgremien in der Digitalpolitik unverzüglich aufzulösen oder in den Geschäftsbereich eines BMDig zu überführen. Bestehende und künftige Strategien im Bereich der Digitalpolitik müssten „hinreichend ambitioniert“ und „konsistent abgestimmt“ sein, um Deutschland einen internationalen Spitzenplatz im jeweiligen Politikbereich zu ermöglichen, schrieb die Fraktion. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Digitalausschusses vor (20/849).
Petitionen: Darüber hinaus stimmte das Parlament zehn Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen zu, die beim Bundestag eingegangen und vom Petitionsausschuss beraten worden waren. Es handelte sich um die Sammelübersichten 104 bis 116 (20/2104, 20/2105, 20/2106, 20/2107, 20/2108, 20/2109, 20/2110, 20/2111, 20/2112, 20/2113, 20/2114).
Zentrale Verantwortung des Bundes für Katastrophenschutz gefordert
Darunter befand sich auch eine öffentliche Petition mit der Forderung, der Bund solle die Verantwortung für den Katastrophenschutz übernehmen und die notwendigen zentralen Entscheidungen treffen (ID 125071). Die Flutkatastrophe im Juli 2021 habe gezeigt, dass die Verantwortung der Länder und Kommunen bei der Bewältigung von Katastrophen nicht mehr zeitgemäß sei, schreibt der Petent zur Begründung seiner Eingabe. Es bedürfe einer zentralen Führung und Koordinierung der Maßnahmen durch den Bund in Abstimmung mit den Ländern und Kommunen. Zudem müsse auch der Bund Finanzhilfen bei der Europäischen Union (EU) für Notfalleinsätze und den Wiederaufbau beantragen, heißt es in der Petition.
Die vom Petitionsausschusses verabschiedete Beschlussempfehlung an den Bundestag sieht nun vor, die Eingabe dem Bundesministerium des Innern und für Heimat „als Material“ zu überweisen. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.
Gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz
Bund und Länder würden derzeit das Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB) beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) aufbauen, heißt es in der Begründung zur Beschlussvorlage des Petitionsausschusses, in der auch auf eine Stellungnahme der Bundesregierung Bezug genommen wird. Das GeKoB werde einen zentralen Knotenpunkt für Informations- und Koordinierungsmanagement bilden und die verschiedenen Expertisen und Informationen an einer Stelle zusammenführen, „um eine noch schnellere und reibungslosere Schadensbewältigung zu ermöglichen“. Wie bei der Bewältigung der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 geschehen, werde der Bund mit seinen Behörden und den operativen Kräften von Bundespolizei, Bundeswehr und THW auch künftig umfangreich Amtshilfe leisten.
Die Verantwortung für die Bewältigung von Katastrophen müsse jedoch vor Ort liegen, machen die Abgeordneten deutlich. „Nur die zuständigen Behörden vor Ort können beispielsweise auf Grund der lokalen Strukturen, den spezifischen geographischen sowie baulichen Gegebenheiten und weiterer Parameter im Detail beurteilen, welche Folgen etwa im Rahmen angekündigter Niederschlagsmengen zu erwarten sind und welche Warnungen und damit verbundenen Handlungsanweisungen darauf aufbauend notwendig sind“, heißt es in der Vorlage. Ziel des Bundes sei es daher, „den Katastrophenschutz in den Ländern und Landkreisen durch bundeseinheitliche Maßnahmen weiter zu stärken und so auch die Aufwuchsfähigkeit für den Zivilschutz zu gewährleisten“.
Bund unterstützt Länder mit erheblichen finanziellen Mitteln
Was den in der Petition geforderten Wiederaufbau wichtiger Infrastrukturen und die Kosten für Aufräumarbeiten angeht, so trage der Bund dem gerade in überregionalen Schadensereignissen von erheblichem Ausmaß Rechnung, indem er den Wiederaufbau der Länder mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützt. Verwiesen wird in der Vorlage auf die Errichtung eines nationalen Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ mit einem Gesamtvolumen von bis zu 30 Milliarden Euro. Zudem habe die Bundesregierung fristgerecht Finanzhilfen aus dem Europäischen Solidaritätsfonds für die Folgen der Flutkatastrophe von Juli 2021 bei der EU-Kommission beantragt.
Vor diesem Hintergrund vermag der Ausschuss nach eigener Aussage eine vollständige Verlagerung der Kompetenzen auf den Bund im Bereich des Katastrophenschutzes nicht zu unterstützen. Gleichwohl empfehlen die Abgeordneten die Materialüberweisung, damit sie in die weiteren Prüfungen des auch im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP enthaltenen Vorhabens, dem Bund eine größere Verantwortung für den Bevölkerungsschutz zuzuweisen, einbezogen wird. (hau/irs/23.06.2022)