Zeit:
Montag, 20. Juni 2022,
13
bis 14.30 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101
Die geplante Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union hat in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag, 20. Juni 2022, für Diskussionen gesorgt. Kritik am entsprechend von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (20/1636) übten sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmervertreter.
Unterschiedliche Bewertungen gab es unter anderem in der Frage, inwiefern die Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses schriftlich, also in Papierform, oder lediglich in Textform, in digitalen Formaten, festgeschrieben werden müssen. Der Entwurf der Bundesregierung schöpfe die stärkere Nutzung der Textform, die die Richtlinie biete, nicht aus, kritisieren Arbeitgeber. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) aber auch Arbeitsrechtler halten die Schriftform für die bessere Absicherung der Rechte der Beschäftigten und begrüßten, dass der Entwurf die Pflicht zur schriftlichen Information für alle Arbeitsverhältnisse einführt.
„Bürokratismus in Reinform“
So betonte Jana Wömpner vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), die Schriftform sei „absolut notwendig, denn nur sie bietet die beste Beweiskraft in juristischen Auseinandersetzungen“. Viele vor allem prekär Beschäftigte würden sich die Arbeitsbedingungen nicht in einer Datei runterladen. Allerdings kritisierte der DGB den Entwurf dennoch in einigen Bereichen als unzureichend, unter anderem in der Sanktionierung von Verstößen gegen die Nachweispflichten. „Bußgelder allein reichen nicht“, sagte Wömpner.
Für die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) attestierte Roland Wolf dem Gesetzentwurf „Bürokratismus in Reinform“. Die Textform sei keineswegs die schwächere Form gegenüber der Schriftform.
„Regelungen führen zu Papierbergen Unternehmen“
David Beitz vom Gesamtmetall/Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. kritisierte, dass sich die Regelungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) gegen den digitalen Trend stemmen würden. Es stimme nicht, dass Arbeitsverträge hauptsächlich schriftlich fixiert würden. Die Regelungen würden zu Papierbergen in den Unternehmen führen, prophezeite er.
Die Schriftform sei die bessere Form, sagte Michael Horcher vom Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit. Allerdings seien die Arbeitnehmer heute nahezu vollständig mit digitalen Medien vertraut. Es solle daher geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen ein Nachweis in elektronischer Form zugelassen wird. Dies könnte dann der Fall sein, wenn Beschäftigte vorher ihr Einverständnis dazu erteilt hätten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie verfolge das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, indem eine transparente und vorhersehbarere Beschäftigung gefördert und zugleich die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet werde, heißt es im Entwurf. Zur Erreichung dieses Ziels sehe die Richtlinie unter anderem die Erweiterung der bereits in der Nachweisrichtlinie vorgesehenen Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses vor. Enthalten seien auch die Festlegung von Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen in Bezug auf die Höchstdauer einer Probezeit, auf Mehrfachbeschäftigung, auf die Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit, auf das Ersuchen um einen Übergang zu einer anderen Arbeitsform sowie zu Pflichtfortbildungen.
Artikel 22 der Richtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten, bis zum 31. Juli 2022 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die erforderlich sind, um den Vorgaben der Arbeitsbedingungenrichtlinie nachzukommen, heißt es weiter. Spätestens ab 1. August 2022 seien die in der Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwenden. (che/hau/irs/20.06.2022)