Finanzen

Lindner: Investitionen und Haushaltsdisziplin

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich zu einem sorgsamen Umgang mit Haushaltsmitteln und zur Bedeutung solider Staatsfinanzen bekannt. Steuererhöhungen werde es nicht geben, erklärte der Finanzminister in der Debatte des Deutschen Bundestages am Freitag, 14. Januar 2022, über den Koalitionsvertrag des neuen Regierungsbündnisses aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. 2023 werde auch die Schuldenbremse wieder gelten, sicherte Lindner zu, der zugleich die Bedeutung des Klimaschutzes für die Regierung hervorhob.

Minister kündigt steuerliche Entlastungen an

Mit dem Klima- und Transformationsfonds sollten Impulse für Investitionen gesetzt werden: „Klima und Transformationsfonds einerseits – Rückkehr zur Schuldenbremse andererseits: Damit verbinden wir Investitionen in die Zukunft mit der Disziplin bei Konsumausgaben in der Gegenwart. Dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts nach Generationengerechtigkeit werden wir so gerecht – und zwar in doppelter Weise.“ Aber nicht alles Wünschenswerte könne sofort finanziert werden, schränkte Lindner ein. Der Wohlstand müsse erst erwirtschaftet werden, ehe er verteilt werden könne. Lindner erinnerte, dass die Nettokreditaufnahme gegenüber früheren Planungen reduziert werde: „Wir tun also das, was nötig ist, aber es wird nicht ausgereizt, was möglich wäre.“

Der Finanzminister kündigte steuerliche Entlastungen an – bei der EEG-Umlage, bei der Einführung des Bürgergeldes oder der privaten Eigentumsbildung. Der „soziale Aufstieg für alle“ müsse leichter gelingen. Lindner kündigte die Vorlage eines Entwurfs eines Corona-Steuergesetzes an. Enthalten sein würden darin die Verlängerung der Homeoffice-Pauschale, die Verlängerung der erweiterten Verlustverrechnung, längere Fristen für die Abgabe von Steuererklärungen sowie ein steuerfreier Zuschuss zum Kurzarbeitergeld und Steuerfreiheit des Pflegebonus bis zu einem Höchstbetrag. Den Finanzplatz Deutschland wolle er fördern, Steuerzahler sollten von lästigen Vorgängen entlastet werden: „Die Menschen sollen sich mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigen, aber nicht zu lange mit der Steuererklärung.“ Gegen Steuerhinterziehung kündigte er schärfere Maßnahmen an. Die Ziele seiner Politik fasste Lindner mit den Begriffen Stabilität, Wachstum, Innovation und Fairness zusammen.

CDU/CSU kritisiert kleinteilige Steuerpolitik

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) sicherte Lindner eine konstruktive Begleitung seiner Vorschläge zu, zum Beispiel bei der geplanten Ausdehnung von Super-Abschreibungen im Klimabereich. Insgesamt beschränke sich der Koalitionsvertrag steuerpolitisch aber auf Kleinteiliges: „Eine steuerpolitische Agenda, ein steuerpolitisches Programm hat diese Bundesregierung leider nicht. Tatsächlich ist Ihr Konzept Stillstand.“ Die Ankündigung einer Entlastung von 30 Milliarden Euro gehe zum Teil auf Maßnahmen der alten Regierung zurück oder sei durch Gerichtsurteile veranlasst, wie zum Beispiel die höhere steuerliche Absetzbarkeit von Rentenbeiträgen. Der Entlastung durch die Absenkung der EEG-Umlage stehe eine Erhöhung des CO2-Preises entgegen. Und die Erweiterung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten werde nichts bringen, weil es bei den Unternehmen kaum etwas zu verrechnen gebe wegen der Verluste durch die Pandemie. Im Gegensatz zu Lindners Versprechen würde es Steuererhöhungen schon durch die kalte Progression und die Inflation geben: Diese „brutalen Effekte“ würden jede Lohnerhöhung auffressen.

Scharf kritisierte Middelberg den Nachtragshaushalt und verwies auf den Bundesrechnungshof, der den einzigen Zweck des Nachtragsetats als Kreditermächtigung auf Vorrat kritisiert habe. Die geplante Zuweisung von 60 Milliarden Euro an den Fonds sei mit Wortlaut und Zweck der Schuldenregel unvereinbar.

SPD: Jetzt muss massiv investiert werden

Michael Schrodi (SPD) wies demgegenüber darauf hin, dass die Union die Maßnahmen, die sie jetzt kritisiere, während ihrer Regierungszeit mitgetragen habe. Jetzt wolle die Union mit allen negativen Folgen auf die Konjunkturbremse treten und Investitionen gefährden. Damit es aber nicht zu einem ökonomischen „Long-Covid“ komme, müsse jetzt massiv investiert werden. Diese Investitionen könnten auch wichtige Impulse für Modernisierung und Transformation der Wirtschaft geben. Man werde die finanziellen Spielräume für Kommunen erweitern.

Auch werde man für eine Entlastung der Bürger sorgen. Der Kinderfreibetrag solle dergestalt reformiert werden, dass Spitzeneinkommen nicht mehr so hoch gefördert würden, sondern die Förderung von kleinen und mittleren Verdienern verbessert werde.

FDP: Privates Kapital für Investitionen mobilisieren

Auch Christioph Meyer (FDP) verwies auf die Mitverantwortung der Union bei den Energiekosten und bei der Rentenbesteuerung.

Die Koalition setze auf akute Krisenbekämpfung und werde auch privates Kapital für Investitionen mobilisieren: „So kommt die Wirtschaft wieder auf die Beine.“

AfD: Deindustrialisierung Deutschlands droht

Aus Lindner und der FDP-Fraktion seien Handlanger der grün-roten Koalition geworden, kritisierte Peter Boehringer (AfD). Von den Versprechen der FDP vor der Wahl sei nichts übrig geblieben. Lindner habe sogar den vollständig aus Schulden finanzierten Nachtragshaushalt als generationengerecht bezeichnet.

Hinter dem Etikettenschwindel der ökosozialen Marktwirtschaft verberge sich nur Planwirtschaft mit dem Dogma der CO2-Ideologie. Es drohe eine Deindustrialisierung Deutschlands mit verheerenden Folgen für die Arbeitsplätze. Ähnlich wie die CDU/CSU kritisierte auch Boehringer die angekündigten Entlastungen als Mogelpackungen.

Grüne: Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung

Als „solide und tragfähig“ bezeichnete Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) den Koalitionsvertrag. Man werde ein „Jahrzehnt der Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung“ umsetzen. Und das brauche dieses Land ganz dringend. Deutschland werde auch zum führenden Standort für „sustainable finance“ (nachhaltige Finanzierungen) ausgebaut.

Dazu passe allerdings nicht die EU-Taxonomie: Atom und Gas hätten darin nichts zu suchen. Paus kündigte an, dass fünf Milliarden Euro umweltschädliche Subventionen abgebaut werden sollen. Hier wäre aber mehr möglich gewesen.

Linke: Die Zeit neoliberaler Ideen ist vorbei

Das Vermögen konzentriere sich immer stärker auf wenige Milliardäre, die die Welt unter sich aufgeteilt hätten, kritisierte Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke). 45 Deutsche würden so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Das beschneide Lebenschancen und sei eine große Gefahr für Demokratie, gesellschaftliche Entwicklung und Fortschritt, sagte Lötzsch, die die Einführung einer Vermögensabgabe zur Bewältigung der Corona- und der Klimakrise verlangte: „Mit Schuldenbremse und Steuergeschenken an Reiche werden diese Krisen nicht zu lösen sein.“

Die Zeit neoliberaler Ideen sei vorbei, Marktversagen sei überall zu erkennen – von den Energiepreisen bis zum Medikamentenmangel. (hle/14.01.2022)