Parlament

Neue Regelungen und Gesetzes­änderungen im Jahr 2022

Zwei symbolische Holzstempel, einmal mit der Aufschrift 2021 und einmal mit der Aufschrift 2022 auf einer Schieferplatte vor einem blauen Hintergrund.

Zahlreiche Gesetzesänderungen treten im Jahr 2022 in Kraft. (© picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE)

Das Jahr 2022 bringt zahlreiche neue Regelungen und Gesetzesänderungen mit sich. So erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf digitaler Produkte umfassende Gewährleistungsrechte. Wer von Arbeitslosigkeit bedroht ist oder bereits keine Stelle mehr hat, kann sich künftig auch online arbeitslos melden. Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen müssen bis zum 15. März einen Nachweis als Geimpfte oder Genesene vorlegen. Ab dem 1. Januar ist das Töten von geschlüpften Eintagsküken in Deutschland verboten. Das neue Lobbyregistergesetz tritt in Kraft. Genauso wie die neue Anlage 2a der Geschäftsordnung des Bundestages mit dem Verhaltenskodex für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter.

Der steuerliche Grundfreibetrag steigt für 2022 um 204 Euro von 9.744 Euro auf 9.948 Euro. Für Bezugsberechtigte von Hartz-IV-Leistungen und Wohngeld gibt es zum 1. Januar mehr Geld. Für Sozialabgaben gelten neue Bemessungsgrenzen. Der CO₂-Preis steigt von 25 auf 30 Euro pro Tonne CO₂.

Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Januar von 9,60 auf 9,82 Euro. Die Anhebung beruht auf dem Vorschlag der Mindestlohnkommission vom 30. Juni 2020 und wurde mit der Dritten Mindestlohnanpassungsverordnung vom 9. November 2020 beschlossen.

Der Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, ausgenommen sind lediglich beispielsweise Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten, nachdem sie wieder arbeiten, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum oder ein Praktikum unter drei Monaten leisten. Auch einige Branchenmindestlöhne steigen.

Mindestlohn für Azubis

Auch für Auszubildende steigt die Mindestvergütung. Die Mindestausbildungsvergütung ist seit 2020 im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben. Wer ab dem 1. Januar 2022 eine Ausbildung beginnt, erhält im ersten Ausbildungsjahr mindestens 585 Euro (2021: 550 Euro) monatlich. Für das zweite Lehrjahr steigt die Vergütung um 18 Prozent (690 Euro) und im dritten Ausbildungsjahr um 35 Prozent (790 Euro).

Ist die Arbeitgeberin, der Arbeitgeber tarifgebunden, gilt die tarifvertraglich vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung. Die Mindestvergütung gilt für Auszubildende, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelten Beruf ausgebildet werden und deren Ausbildung ab dem 1. Januar 2020 begonnen hat.

Wohngeld

Mehr Geld gibt es zum 1. Januar auch für fast alle Wohngeldempfängerinnen und -empfänger sowie rund 30.000 Haushalte, die 2022 erstmals oder wieder einen Wohngeldanspruch haben. Insgesamt sollen rund 640.000 Haushalte von der Wohngelderhöhung profitieren. Das Wohngeld wird nach der Wohngeldreform von 2020 zum 1. Januar 2022 zum ersten Mal automatisch an die Mieten- und Einkommensentwicklung angepasst. Die regelmäßige Anpassung des Wohngelds erfolgt alle zwei Jahre.

Die Höhe des Wohngeldes richtet sich nach Haushaltsgröße, Einkommen und Miete beziehungsweise Belastung. Wohngeld können auch Eigentümer beantragen, die ihre Wohnung selbst nutzen.

Beitragsbemessungsgrenzen und Beitragssätze

Pandemiebedingt sinken 2022 die Bemessungsgrenzen für Sozialabgaben in den alten Bundesländern von 7.100 Euro im Monat auf 7.050 Euro (im Jahr 84.600 Euro). Die Grundlage hierfür ist die sogenannte Lohnzuwachsrate West. Sie lag im Jahr 2020 bei -0,34 Prozent.

In den neuen Bundesländern hingegen steigt die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung von 6.700 Euro auf 6.750 Euro (im Jahr 81.000 Euro). Die Grundlage hierfür bildet das Rentenüberleitungsabschlussgesetz. Dort wurden die Umrechnungswerte für die Rechengrößen Ost für 2019 bis 2024 bereits endgültig festgelegt. In der knappschaftlichen Rentenversicherung liegen die Grenzen für die Beitragsbemessung 2022 bei 8.650 Euro im Monat (West), also 103.800 Euro jährlich, und für die östlichen Bundesländer bei 8.350 Euro pro Monat (100.200 Euro im Jahr).

Kranken- und Arbeitslosenversicherung

Für die Gesetzlichen Krankenversicherungen ist die bundesweite Einkommensentwicklung maßgebend. Hier lag der Wert im Jahr 2020 bei -0,15 Prozent. Die bundeseinheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bleibt deshalb 2022 bei 64.350 Euro jährlich (monatlich 5.362,50 Euro). Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beträgt bundeseinheitlich monatlich weiterhin 4.837,50 Euro (58.050 Euro im Jahr).

Die Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung sinkt im Westen von 85.200 Euro auf 84.600 Euro und steigt im Osten von 80.400 Euro auf 81.000 Euro.

Aufwendungen für das Alter

Ab dem 1. Januar können Aufwendungen für das Alter steuerlich besser abgesetzt werden. Dazu gehören Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, landwirtschaftlichen Alterskassen und Rürup-Renten. Für die Berücksichtigung der Sonderausgaben gilt 2022 für Alleinstehende ein Höchstbetrag von 25.639 Euro (2021: 25.787 Euro), für Ehepaare das Doppelte.

Davon wirken sich 94 Prozent (2001: 92 Prozent) steuermindernd aus. Das heißt: Alleinstehende können 24.101 Euro (2021: 23.724) steuerlich geltend machen.

Änderungen für Rentnerinnen und Rentner

2022 sinkt der Rentenfreibetrag für Neurentnerinnen und -rentner um ein Prozent. Für diejenigen, die 2022 in Rente gehen, bleiben 18 Prozent der ersten vollen Bruttojahresrente steuerfrei. 82 Prozent ihrer gesetzlichen Rente unterliegen der Besteuerung. Seit 2005 steigt der steuerpflichtige Teil der Rente an – zunächst jährlich um zwei Prozent und seit 2021 um ein Prozent. Wer im Jahr 2040 in Rente geht, muss seine Rente voll versteuern.

Im Zuge der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Rentenversicherung (Rente mit 67) steigen die Altersgrenzen 2022 um einen weiteren Monat. Wer 1956 geboren ist, muss für eine abschlagsfreie Rente zehn Monate über seinen 65. Geburtstag hinaus arbeiten. 1957 Geborene erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und 11 Monaten. Auch wer ab 2022 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann und eine Erwerbsminderungsrente bezieht, wird so gestellt, als hätte er bis zum Alter von 65 Jahren und zehn beziehungsweise elf Monaten gearbeitet. Die so genannten Zurechnungszeiten werden um einen Kalendermonat angehoben. In Anlehnung an die Anhebung der Regelaltersgrenze werden auch diese Zurechnungszeiten bis zum Jahr 2031 schrittweise bis auf 67 Jahre verlängert.

Hartz-IV-Regelsätze

Der monatliche Regelsatz in der Grundsicherung steigt für erwachsene Leistungsberechtigte zum 1. Januar um drei Euro. Für alleinstehende Erwachsene steigt der monatliche Regelsatz auf 449 Euro. Paare und Bedarfsgemeinschaften bekommen pro Person 404 Euro. Auch erwachsene Leistungsberechtigte unter 25 Jahren im Haushalt anderer beziehungsweise erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer stationären Einrichtung (insbesondere Pflegeheime) leben, erhalten drei Euro mehr und kommen so auf 360 Euro.

Die Grundsicherung für Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres wird um zwei Euro auf 311 Euro angehoben, auch für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres wird sie um zwei Euro auf 285 Euro erhöht. Die Leistungen für Jugendliche im 15. Lebensjahr bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres steigen um drei Euro von derzeit 373 Euro auf 376 Euro. Zudem steigt die Leistung für den persönlichen Schulbedarf von derzeit 154,50 Euro auf 156,00 Euro. Davon werden für das erste Schulhalbjahr 2022 104 Euro und für das zweite Schulhalbjahr 52 Euro gezahlt.

Entsprechend angepasst wurden auch die Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ein alleinstehender Erwachsener beispielsweise erhält dann 367 Euro.

Elektronische Arbeitslosmeldung

Ebenfalls zum 1. Januar tritt die Neuregelung zur elektronischen Arbeitslosmeldung in Kraft. Künftig besteht neben der persönlichen Arbeitslosmeldung in der zuständigen Agentur für Arbeit auch die Möglichkeit sich rechtssicher elektronisch anzumelden.

Für den dafür notwendigen elektronischen Identitätsnachweis nach dem Personalausweisgesetz ist die Nutzung der sogenannten „Online-Ausweisfunktion“ des Personalausweises erforderlich.

Gewährleistungsrechte für den Kauf digitaler Produkte

Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten ab Januar umfassende Gewährleistungsrechte für den Kauf digitaler Produkte wie beispielsweise Software, Apps oder Plattformangebote. Im Falle eines Mangels des digitalen Produkts können sie Nacherfüllung, das heißt Beseitigung des Mangels zum Beispiel durch Nachbesserung des digitalen Produkts oder dessen erneute Bereitstellung, verlangen, vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern.

Außerdem können Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht werden. Die Regelungen gelten nicht nur für den Fall, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Preis für digitale Produkte zahlen, sondern auch wenn sie neben oder an Stelle der Zahlung personenbezogene Daten bereitstellen. Als Gewährleistungsfrist ist eine Mindestfrist von zwei Jahren vorgesehen. Im Rahmen der Gewährleistung sind für Waren mit digitalen Elementen Updates bereitzustellen, die für die volle Nutzbarkeit erforderlich sind. Mit dem am 24. Juni 2021 beschlossenen „Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags“ hat der Bundestag eine Richtlinie des EU-Parlaments und des Rates über digitale Inhalte vom 20. Mai 2019 umgesetzt.

Beweislastumkehr im Kaufrecht

Ebenfalls am 24. Juni in nationales Recht umgesetzt hat der Bundestag die Verlängerung der Beweislastumkehr im Hinblick auf Mängel auf ein Jahr. Danach wird für alle Kaufverträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, der Zeitraum für die Beweislastumkehr von bisher sechs auf zwölf Monate verlängert. Das bedeutet: Wenn an einer gekauften Sache innerhalb eines Jahres nach Kauf ein Mangel auftritt, wird vermutet, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe bestand.

Kundinnen und Kunden können somit im ersten Jahr nach Erhalt der Ware Gewährleistungsrechte geltend machen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Mangel eindeutig auf unsachgemäße Bedienung zurückzuführen ist. 

Informationspflichten für Online-Marktplätze

Bereits ab dem 28. Mai erhalten Betreiberinnen und Betreiber von Online-Marktplätzen umfassende Hinweis- und Transparenzpflichten. Das folgt aus der Umsetzung der „EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften“ durch den Deutschen Bundestag am 10. Juni 2021.

Plattformbetreiber müssen Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft darüber aufklären, warum bestimmte Produkte ganz oben im Ranking angezeigt werden, auch ob die von ihnen gelisteten Angebote von einem Unternehmen oder von Privatpersonen stammen. Wenn ein Preis personalisiert berechnet wurde, muss darauf klar hingewiesen werden. Veröffentlicht ein Unternehmen Bewertungen, muss es die Kundinnen und Kunden darüber aufklären, ob und wie es sicherstellt, dass die Bewertungen tatsächlich echt sind. Gefälschte Bewertungen sind verboten.

Transparenzpflichten für Anbieter von Kaffeefahrten

Ebenfalls zum 28. Mai werden Anbieterinnen und Anbietern von Kaffeefahrten höhere Transparenzpflichten auferlegt. Bereits in der Werbung für die Veranstaltung muss darüber informiert werden, wo die Veranstaltung stattfindet, wie die Veranstalterin, der Veranstalter kontaktiert werden kann und welche Waren angeboten werden. Der Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Medizinprodukten ist verboten. Dasselbe gilt auch für den Vertrieb und die Vermittlung von Finanzdienstleistungen. Das hat der Bundestag am 10. Juni 2021 mit dem Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht beschlossen.

Das Gesetz sieht auch vor, dass Influencer, die ein Produkt eines fremden Unternehmens empfehlen und dafür Geld oder eine ähnliche Gegenleitung bekommen, ihre Empfehlungen künftig als „kommerziell“ kennzeichnen müssen.

Kündigung von Laufzeitverträgen, Telefonwerbung

2022 treten weitere Teile des Gesetzes für faire Verbraucherverträge in Kraft. Der Bundestag hatte den Gesetzentwurf am 24. Juni 2021 beschlossen. Mit dem Gesetz soll unter anderem Telefonwerbung reguliert werden. Ab dem 28. Mai müssen Anbieterinnen und Anbieter, die telefonisch werben, die ausdrückliche Einwilligung dokumentieren und fünf Jahre aufbewahren. Bei Verstößen drohen Bußgelder.

Für Energielieferverträge mit Haushalten wird eine Bestätigungslösung eingeführt. Anbieterinnen und Anbieter von Laufzeitverträgen über eine Homepage müssen ab dem 1. Juli einen Kündigungsbutton auf der Homepage platzieren. Das Gesetz sieht außerdem strengere Regelungen für die Kündigung im Falle einer automatischen Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit vor. In solchen Fällen sind ab März 2022 Kündigungen monatlich möglich.

Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Heimen

Bis zum 15. März müssen Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen einen Nachweis als Geimpfte oder Genesene vorlegen. Das haben Bundestag und Bundesrat am 10. Dezember beschlossen. Außerdem dürfen auch Apothekerinnen und Apotheker, Tier- oder Zahnärztinnen und -ärzte impfen.

Die Länder bekommen mehr Möglichkeiten für regionale Maßnahmen gegen die Pandemie. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist Teil des „Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“.

CO₂-Preis steigt

Zum 1. Januar steigt der CO₂-Preis von 25 Euro im Jahr 2021 auf 30 Euro pro Tonne CO₂ für 2022. Bereits 2021 wurde der CO₂-Preis für fossile Brennstoffe im Bereich Wärme und Verkehr eingeführt. Bis 2025 steigt der Preis schrittweise auf 55 Euro pro Tonne CO₂. Für das Jahr 2026 soll ein Preiskorridor von mindestens 55 und höchstens 65 Euro gelten.

Nach der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat war das Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes am 10. November 2020 in Kraft getreten. (klz/28.12.2021)