Olaf Scholz mit 395 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt
Olaf Scholz ist neuer Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundestag hat den SPD-Abgeordneten am Mittwoch, 8. Dezember 2021, mit 395 von 707 abgegebenen Stimmen zum Kanzler in der 20. Wahlperiode (2021 bis 2025) gewählt. Für die Wahl erforderlich waren 369 Stimmen. In der geheimen Wahl mit verdeckten Stimmkarten gab es 303 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen. Drei Stimmen waren ungültig.
Zu Beginn der Plenarsitzung verlas Bundestagspräsidentin Bärbel Bas das Schreiben von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, der Olaf Scholz nach Artikel 63 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Wahl zum Bundeskanzler vorgeschlagen hatte. Scholz wird damit Nachfolger von Dr. Angela Merkel, die das Amt seit 2005 innehatte. Im Anschluss an die Wahl wurde Olaf Scholz vom Bundespräsidenten in dessen Amtssitz Schloss Bellevue zum Bundeskanzler ernannt.
Merkel seit 26. Oktober nur geschäftsführend im Amt
Bärbel Bas hatte eingangs auf der Tribüne unter anderem Angela Merkel begrüßt. Die Abgeordneten mit Ausnahme der AfD-Fraktion erhoben sich von den Plätzen und dankten der noch geschäftsführenden Bundeskanzlerin mit lang anhaltendem Applaus. Die Amtszeit Merkels war bereits am Dienstag, 26. Oktober, dem Tag der konstituierenden Sitzung des am 26. September neu gewählten 20. Deutschen Bundestages abgelaufen (Artikel 69 Absatz 2 des Grundgesetzes). Seither agierte sie als geschäftsführende Bundeskanzlerin. An ihren Kompetenzen hat das allerdings nichts geändert. Der Bundestag konnte ihr jedoch seit dem 26. Oktober nicht das Misstrauen aussprechen (Artikel 67 des Grundgesetzes), und die Kanzlerin konnte im Parlament nicht die Vertrauensfrage stellen (Artikel 68).
Was das Grundgesetz nicht sagt ist, innerhalb welcher Frist ein neuer Bundeskanzler gewählt werden muss. Festgelegt ist im dritten Absatz des Artikels 69 nur, dass die Kanzlerin auf Bitten des Bundespräsidenten verpflichtet ist, ihre Amtsgeschäfte so lange weiterzuführen, bis der Bundespräsident einen neuen Bundeskanzler ernannt hat.
Wahl mit verdeckten Stimmzetteln
Die zeitliche Spanne zwischen der Bundestagswahl und der Wahl des Bundeskanzlers war in den zurückliegenden 19 Wahlperioden unterschiedlich lang. Sie reicht von 23 Tagen 1983 (Wahl am 6. März, Kanzlerwahl am 29. März) bis 171 Tagen 2017 (Wahl am 22. September, Kanzlerwahl am 14. März 2018). In diesem Jahr sind zwischen Bundestagswahl und Kanzlerwahl 73 Tage vergangen.
Die Kanzlerwahl kann aus bis zu drei Wahlphasen bestehen und findet mit „verdeckten Stimmzetteln“, also geheim, statt. Bei diesem Verfahren dürfen nach der Geschäftsordnung des Bundestages die Stimmzettel erst vor Betreten der Wahlzelle ausgehändigt werden. Zur Wahl werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen.
Kandidat soll „mehrheitsfähig“ sein
In der ersten Wahlphase zwingt das Grundgesetz den Bundespräsidenten, dem Bundestag innerhalb einer „angemessenen“ Frist einen Wahlvorschlag zu unterbreiten. An Empfehlungen, etwa der Mehrheitsfraktionen, ist er dabei nicht gebunden. Er entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, sollte zugleich aber einen Kandidaten benennen, der mehrheitsfähig ist.
Der Bundespräsident muss einen bestimmten Kanzlerkandidaten präsentieren und darf dies nicht an politische Vorgaben knüpfen. Da die Erfolgsaussichten des Kandidaten entscheidend von seiner Mehrheitsfähigkeit im Bundestag abhängen, gibt es keine feste Frist, innerhalb derer der Bundespräsident einen Kandidaten vorschlagen muss.
Kanzlermehrheit erforderlich
Zum Bundeskanzler gewählt werden können Deutsche, die das aktive und passive Wahlrecht zum Bundestag besitzen. Aktives Wahlrecht heißt, dass sie den Bundestag mitwählen dürfen, passives Wahlrecht, dass sie selbst in den Bundestag gewählt werden könnten. Aber: Der Bundeskanzler muss kein Bundestagsabgeordneter sein!
In der ersten Wahlphase braucht der Kandidat die absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, also mindestens eine Stimme mehr als die Stimmen der Hälfte des Parlaments. Man spricht hier auch von der sogenannten Kanzlermehrheit. Der neue Bundestag zählt 736 Mitglieder, Olaf Scholz musste also mindestens 369 Stimmen auf sich vereinigen, um gewählt zu werden. (vom/08.12.2021)