Fraktionen uneins über künftige Klimapolitik
„Klimagipfel in Glasgow, stockende Verhandlungen in Berlin – Haltung von SPD, Grünen und FDP zur künftigen Klimapolitik“ lautete der Titel einer von der CDU/CSU-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde am Donnerstag, 11. November 2021.
Union rügt Klimaschutzkonzept der Ampelparteien
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) verwies zu Beginn der Debatte darauf, dass es nur dann eine Chance gebe, das weltweite 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, wenn alle Staaten mitzögen. Die Einhaltung der auferlegten Regelungen von allen müsse nachvollziehbar erfolgen, worüber in Glasgow derzeit intensiv gerungen werde, sagte Weisgerber. „Wer nur mit der nationalen Brille Klimapolitik macht, wie es bei manchem Ampelkoalitionär den Anschein hat, schadet unserer Volkswirtschaft und erweist auch dem Klimaschutz einen Bärendienst“, betonte die CSU-Abgeordnete.
Zugleich kritisierte sie die ihrer Aussage nach im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP zu findende Abkehr von den Sektorzielen. Damit würden die von der Großen Koalition eingeführten Daumenschrauben wohl abgeschafft.
SPD sieht sich in „Fortschrittskoalition“
Carsten Träger (SPD) verwies darauf, dass die Koalitionsverhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. Seine Wahrnehmung der Verhandlungen sei eine andere als die der Unionskollegin. „Wir werden ja sehen, wohin die Reise am Ende führt“, sagte Träger. In jedem Fall freue er sich über konstruktive Vorschläge der Opposition. Die künftige Koalition bekenne sich zum 1,5 Grad-Ziel, setze auf erneuerbare Energien und steige aus Kohle- und Atomenergie aus, sagte der SPD-Abgeordnete.
„Diese Koalition ist eine Fortschrittskoalition, die das Thema Klimaschutz ganz oben auf der Agenda hat“, machte Träger deutlich.
Grüne: CDU/CSU bremsten beim Klimaschutz
Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich überrascht, dass die Unionsfraktion eine Aktuelle Stunde zur Klimapolitik einberufen habe. Schließlich hätten CDU und CSU 16 Jahre lang beim Klimaschutz auf der Bremse gestanden. Beleg dafür sei das Verfehlen des nationalen Klimaschutzziels ebenso wie der Verlust der Vorreiterrolle bei erneuerbaren Energien.
„Investitionen in klimaneutralen Stahl etwa finden in anderen Ländern statt, aber nicht in Deutschland“, kritisierte Krischer. An Selbstkritik mangele es der Union. Dies wäre aber wichtig für einen klimapolitischen Neuanfang.
FDP: Klimapolitik ist eine Chance für Deutschland
Dr. Lukas Köhler (FDP) rief dazu auf, gemeinsam den Blick nach vorn zu richten. „Klimapolitik kann nur dann funktionieren, wenn wir uns anschauen, was jetzt alles möglich wird“, sagte Köhler. Bei der Union werde die Klimapolitik aber hauptsächlich als Problem gesehen. Dabei sei Klimapolitik „eine fundamentale Chance für Deutschland“.
Mit Blick auf die Klimakonferenz in Glasgow, so der FDP-Abgeordnete, sei festzustellen, dass sich dort nicht nur die Staaten, sondern auch die großen internationalen Unternehmen zum Klimaschutz verpflichten. Gerade die Unternehmen bräuchten dafür aber verlässliche Rahmenbedingungen. Hier habe die Union in den vergangenen sieben Jahren versagt.
AfD plädiert für Kernenergie
Steffen Kotré (AfD) sagte, bei der Klimakonferenz von Glasgow werde nichts herauskommen. Das Klima könne nicht in eine bestimmte Richtung beeinflusst werden. Allerdings könne die Widerstandskraft der Gesellschaft gestärkt werden. Kotré sprach außerdem von einer Renaissance der Kernenergie weltweit. Dennoch steige Deutschland aus der sicheren Kernenergie aus und werde eventuell auch schon 2030 seine Kohlekraftwerke verlieren.
Eine solche Zerstörung der eigenen Energieinfrastruktur gebe es nur in Deutschland. „So dumm ist weltweit nämlich kein anderer“, sagte der AfD-Abgeordnete.
Linke gegen eine Zerschlagung des Bahn-Konzerns
Amira Mohamed Ali (Die Linke) kritisierte die Union, die es in den vergangenen 16 Jahren versäumt habe, die Weichen richtig zu stellen, „damit unser Land rechtzeitig CO2-neutral wird“. Wenn überhaupt Klimapolitik gemacht wurde, sei dies fast ausschließlich auf Kosten der Verbraucher gegangen. „Sie haben Klimapolitik fast ausschließlich über die Verbrauchspreise gemacht“, warf die Vorsitzende der Linksfraktion der Union vor. Das sei nicht nur unsozial, sondern auch ineffizient.
Mohamed Ali ging auch auf die derzeit diskutierte Zerschlagung des Bahnkonzerns ein. Den aus Klimaschutzgründen benötigten flächendeckenden Bahnverkehr werde man nicht erreichen, wenn immer mehr Strecken für private Betreiber freigegeben werden. „So ist es auch verständlich, dass die Aussicht auf eine autofreie Zukunft Millionen Menschen im Land den Angstschweiß auf die Stirn treibt“, sagte sie. (hau/11.11.2021)