Der Bundestag hat am Donnerstag, 10. Juni 2021, die Aufnahme einer Kronzeugenregelung in das Anti-Doping-Gesetz befürwortet. Der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Anti-Doping-Gesetzes“ (19/28676, 19/29565, 19/29997 N. 1.7) wurde auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Sportausschusses (19/30469) in Kenntnis des Evaluierungsberichts der Bundesregierung zu den Auswirkungen der im Anti-Doping-Gesetz enthaltenen straf- und strafverfahrensrechtlichen Regelungen (19/25090, 19/25419 Nr. 3, 19/25090) mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen. Der Bundesrat hatte keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf (19/29565). Angenommen wurde zudem eine Entschließung.
Abgelehnt wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Linksfraktion gegen die Stimmen der AfD und FDP bei Stimmenthaltung der Grünen schließlich ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Nationale Anti Doping Agentur – Alternative Möglichkeiten der Dopingkontrolle während der Covid-19-Pandemie“ (19/19131), zu dem eine Beschlussempfehlung des Sportausschusses (19/20237) vorlag.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Wie die Regierung in dem Entwurf schreibt, seien die Behörden bei Ermittlungen in Doping-Fällen in besonderer Weise auf Informationen von Sportlern und ihrem Umfeld angewiesen, da es sich meist um geschlossene Strukturen handle, in denen nur schwer ohne Insiderinformationen ermittelt werden könne. Ziel der Kronzeugenregelung sei es deshalb, „einen stärker sichtbaren Anreiz“ für dopende Leistungssportler zu schaffen, Informationen über andere dopende Leistungssportler, Hintermänner und kriminelle Netzwerke preiszugeben.
Dazu wurde in Anlehnung an Paragraf 31 des Betäubungsmittelgesetzes eine zusätzliche, bereichsspezifische Regelung zur Strafmilderung oder zum Absehen von Strafe bei Aufklärungs- und Präventionshilfe eingeführt. Diese Regelung soll Täterinnen und Tätern gut sichtbar und verständlich zeigen, dass Aufklärungs- und Präventionshilfe im Anwendungsbereich des Anti-Doping-Gesetzes honoriert wird.
Evaluationsbericht der Bundesregierung
In dem Evaluierungsbericht (19/25090) schreiben die beauftragten Sachverständigen, da die Ermittlungsbehörden in besonderer Weise auf Informationen von Sportlerinnen und Sportlern und ihrem Umfeld für die Aufdeckung der Verstöße angewiesen seien, sei zu empfehlen, dass die Sportverbände ihre Athletinnen und Athleten stärker als bislang über die Existenz und Funktionsweise der Hinweisgebersysteme der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) und der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) informieren.
Des Weiteren sei zu prüfen, „ob sich eine auf die Besonderheiten des Dopings im Sport zugeschnittene Kronzeugenregelung in das Anti-Doping-Gesetz einführen lässt“.
Entschließung verabschiedet
Die Bundesregierung wird in der angenommenen Entschließung dazu aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass seitens der Bundesländer künftig spezialisierte Fortbildungsangebote zum Anti-Doping-Gesetz angeboten werden. Auch sollten spezielle Anti-Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet werden.
Außerdem gelte es, die Spitzensportverbände aufzufordern, ihre Athletinnen und Athleten „besser als bisher“ über die Existenz und Funktionsweise der Hinweisgebersysteme der Nationalen und der Welt Anti-Doping-Agentur aufzuklären. Die Deutsche Sportjugend müsse darüber hinaus bei der Erarbeitung und Implementierung „umfassender Präventionskonzepte insbesondere für Minderjährige“ unterstützt werden, heißt es.
Abgelehnter Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Antrag (19/19131) auf, Maßnahmen zu ergreifen, damit Dopingkontrollen auch während der Covid-19-Pandemie durchgeführt werden können. Sie verwies darauf, dass auch im Sport die Auswirkungen des Sars-CoV-2-Virus weltweit spürbar seien und zur erstmaligen Verschiebung von Olympischen Spielen geführt hätten. Eine besondere Herausforderung sei es derzeit, die Regelmäßigkeit von Dopingkontrollen aufrechtzuerhalten, „ohne dabei die Vorkehrungen zum Schutze der Gesundheit zu vernachlässigen“.
Da das Risiko, dass sich bei den gängigen Dopingkontrollen Kontrolleure und Sportler gegenseitig mit dem Corona-Virus anstecken, zu groß sei, habe die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) während der Corona-Krise alle gängigen Blut- und Urinkontrollen bei Athleten weitestgehend eingestellt, heißt es in der Vorlage. Die Dauer der Einschränkungen der bisherigen, bewährten Kontrollen sei nicht abschätzbar und habe daher durch Überprüfungslücken weitreichende Auswirkungen auf die Folgejahre, befürchten die Abgeordneten und warnen: „Unter diesen Umständen können an den Olympischen Spielen 2021 Athleten starten, deren Teilnahme 2020 aufgrund eines positiven Dopingtests verboten war.“
„Weltweit gültige Standards bei Dopingkontrollen“
Die Bundesregierung wurde daher aufgefordert, sich in Abstimmung mit der Nada bei der Welt-Anti-Doping Agentur (Wada) unter anderem dafür einzusetzen, dass einheitliche und weltweit gültige Standards für Prüfprozesse „auch in dieser besonderen Situation“ bei Dopingkontrollen aller Mitgliedsverbände „ganzheitlich und zu jeder Zeit gültig sind“. Um sicherzustellen, dass „saubere“ Athleten zu den Olympischen Spielen 2021 nach Tokio fahren, müssten Mitgliedsverbände, die wegen der Pandemie sämtliche Dopingkontrollen derzeit ausgesetzt haben, bis spätestens 1. Juli 2020 ihre Arbeit wieder aufnehmen und die Kontrollen wieder regelmäßig stattfinden lassen. Außerdem wurde verlangt, das Startverbot für des Dopings überführte Athleten für die Olympischen Spiele 2020 auf das kommende Jahr 2021 zu erweitern.
Was die Nada angeht, so muss aus Sicht der FDP-Fraktion eine Notbesetzung der bei ihr akkreditierten Labore durch ausreichend Personal gewährleistet sein, sodass trotz Einschränkungen durch die Pandemie jederzeit Dopingkontrollen analysiert werden können. Aufgrund der Kontrolllücken vermehrt vorhandene Zeitslots sollten effektiv durch Auswertung älterer, noch nicht analysierter Dopingproben genutzt werden, um vergleichbare Blutbilder der Athleten vor und nach der Pandemie zu erstellen, „damit später schnellstmöglich bei Auffälligkeiten reagiert werden kann“, verlangten die Abgeordneten. (hau/10.06.2021)