Bundestag beschließt Ausnahmen für Corona-Geimpfte und -Genesene
Der Bundestag hat am Donnerstag, 6. Mai 2021, Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung und Verbreitung des Coronavirus Covid-19 beschlossen. Einer Verordnung der Bundesregierung (19/29257) stimmte er auf Empfehlung des Rechtsausschusses (19/29397) mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen zu. Die AfD stimmte gegen die Verordnung, die FDP enthielt sich. Ein Entschließungsantrag der FDP (19/29405) wurde mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt.
In einer weiteren Beschlussempfehlung (19/29246, 19/29398) hatte der Rechtsausschuss darüber hinaus Änderungen am Infektionsschutzgesetz vorgenommen, die das Parlament in namentlicher Abstimmung in zweiter Lesung billigte. 482 Abgeordnete stimmten für die Änderungen, 81 lehnten sie ab, 70 enthielten sich. Die übrigen Teile der Beschlussempfehlung, die sich auf den Beschluss des Gerichtsvollzieherschutzgesetzes (19/27636) bezogen, wurden in zweiter Lesung bei Enthaltung der FDP angenommen. In dritter Lesung wurde das Gerichtsvollzieherschutzgesetz bei Enthaltung der FDP-Fraktion mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen angenommen.
Einen neuen Entwurf von CDU/CSU und SPD für ein zweites Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze (19/29287) überwies der Bundestag zur weiteren Beratung in den federführenden Gesundheitsausschuss.
Verordnung der Bundesregierung
Ziel der angenommenen Verordnung der Bundesregierung (19/29257) ist es, hinsichtlich bereits bestehender Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen für getestete Personen eine Gleichstellung von geimpften und genesenen Personen vorzunehmen. Konkret soll es geimpften und genesenen Personen künftig wieder möglich sein, ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten. Gleiches gilt auch für den Besuch von Zoos oder botanischen Gärten oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern.
Zugleich sieht die Verordnung für geimpfte und genesene Personen Erleichterungen und Ausnahmen bei der Beschränkung von Zusammenkünften und dem Aufenthalt außerhalb einer Wohnung oder einer Unterkunft vor. Auch mit Blick auf Quarantänepflichten greifen Ausnahmeregelungen. Die Bundesregierung verweist zudem auf die Gefahr der „Entstehung und Verbreitung neuer besorgniserregender Virusvarianten, bei denen keine ausreichenden Erkenntnisse über die Wirksamkeit einer Immunisierung durch Impfungen oder einer vorherigen Infektion bestehen“. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten solche Varianten Anlass für Änderungen der Verordnung geben, schreibt die Regierung.
Abgelehnter Entschließungsantrag der FDP
Die FDP wollte die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Entschließungsantrag (19/29405) unter anderem auffordern, eine Verordnung vorzulegen, der geimpfte und genesene Personen grundsätzlich von den Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus Sars-CoV-2 ausnimmt.
Freizeit- und Kultureinrichtungen, Gastronomie und Hotellerie sollte die Öffnung für geimpfte und genesene Personen ermöglicht werden, hieß es weiter.
Abschließende Beratung im Rechtsausschuss
Bei der abschließenden Beratung im Rechtsausschuss erläuterte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Christian Lange (SPD), am Mittwoch, 5. Mai, die nach seinen Worten in Rekordzeit erarbeitete Verordnung. Lange sagte, mit der zunehmenden Gewissheit, dass von geimpften und genesenen Personen eine geringere Ansteckungsgefahr ausgeht, eröffne sich die Möglichkeit von Erleichterungen für diese Personengruppen. Da nach den fachlichen Auskünften des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert-Koch-Instituts von genesenen und geimpften Personen weniger Risiken für andere ausgehen als von getesteten Personen, könnten nicht nur Gleichstellungen der geimpften und genesenen Personen mit Getesteten erfolgen, sondern für erstere auch mehr Ausnahmen vorgesehen werden.
Konkret heiße das vor allem: Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen gelten grundsätzlich nicht mehr für geimpfte und genesene Personen. Natürlich dürfe dabei der Schutz von alten Menschen und Menschen mit Behinderungen nicht aus dem Blick verloren werden, sagte Lange. Kontaktbeschränkungen sollten hier zwar fallen, es brauche aber noch Schutzkonzepte, um das soweit erforderlich abzusichern. Da es aber keinen vollständigen Schutz für geimpfte und genesene Personen gebe, blieben auch für diese insbesondere Gebote zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen und Abstandsgebote unberührt. Schließlich erhielten die Länder dort, wo sie noch Regelungskompetenzen für Gebote und Verbote haben, durch eine Öffnungsklausel die Möglichkeit, auch dort Ausnahmen für geimpfte, genesene und getestete Personen vorzusehen. Die Sperrwirkung des Bundesrechts werde mithin insoweit aufgehoben.
Änderungen am Infektionsschutzgesetz
Mit den vom Bundestag übernommenen Änderungen des Rechtsausschusses am Infektionsschutzgesetz (19/29246, 19/29398) wird klargestellt, dass die Bundesregierung mit dem Erlass einer Rechtsverordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 auszugehen ist oder die ein negatives Testergebnis auf eine Infektion mit dem Virus vorlegen können, zugleich die Landesregierungen ermächtigen kann, solche Ausnahmen auch hinsichtlich landesrechtlicher Maßnahmen vorzunehmen. Die Länder können bis zum Erlass einer Verordnung gemäß Paragraf 28c des Infektionsschutzgesetzes bereits bestimmte Erleichterungen und Ausnahmen vorsehen.
Zusammen mit diesen Änderungen wurde das Gerichtsvollzieherschutzgesetz beschlossen. Es ist in derselben Beschlussempfehlung (19/29246, 19/29398) enthalten, hat aber inhaltlich keine Berührungspunkte mit den Änderungen am Infektionsschutzgesetz. Das Gerichtsvollzieherschutzgesetz (19/27636) zielt darauf ab, den Schutz von Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern vor Gewalt zu verbessern sowie weitere zwangsvollstreckungsrechtliche Vorschriften zu ändern.
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
CDU/CSU und SPD sehen Änderungsbedarf an einzelnen Stellen im Infektionsschutzgesetz. Ihr neuer Gesetzentwurf (19/29287) sieht vor, dass neben Ärzten künftig auch Apotheker Nachtragungen im Impfpass vornehmen können. Dies soll zu einem erleichterten Zugang insbesondere für nachträgliche Einträge in digitale Impfausweise führen. Ferner sollen Hochschulen von der Verpflichtung zum Wechselunterricht nach Paragraf 28b Absatz 3 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes ausgenommen werden.
Die Beschränkung auf Wechselunterricht ziele in erster Linie auf Schulen und sei nicht ohne Weiteres auf die Abläufe in Hochschulen übertragbar, heißt es dazu in der Vorlage. Geplant sind zudem Präzisierungen zu praktischen Ausbildungen an Hochschulen, Berufsschulen oder anderen Berufsbildungseinrichtungen. So sollen die praktischen Ausbildungsabschnitte von den Ländern auch oberhalb eines Inzidenzwertes von 165 ermöglicht werden können.
Ausnahmen von Schutzvorkehrungen werden auch für die Aus- und Fortbildung in den Bereichen Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Zivil- und Katastrophenschutz sowie für Piloten und andere Crewmitglieder geschaffen. Die Voraussetzungen für Flugreisen werden konkretisiert, um Infektionen vorzubeugen.
Mit einer Corona-Testung vor dem Abflug solle die Wahrscheinlichkeit gesenkt werden, dass infizierte Personen reisen und andere anstecken. Schließlich wird klargestellt, dass der Anspruch auf Versorgung bei Impfschäden auch bei Schädigungen durch die Corona-Schutzimpfung gilt. (ste/mwo/pk/06.05.2021)