Bund soll 2021 knapp 50 Milliarden Euro mehr als geplant ausgeben
Der Bundestag hat am Donnerstag, 15. April 2021, den Entwurf der Bundesregierung für den Nachtragshaushalt 2021 (19/27800) erstmals eine Stunde lang beraten und im Anschluss zusammen mit einem Antrag von CDU/CSU und SPD (19/28464) an den federführenden Haushaltsausschuss überwiesen. Der Koalitionsantrag zielt darauf ab, den benötigen Beschluss wegen Überschreitung der grundgesetzlich festgeschriebenen Kreditobergrenzen zu erwirken, wie er in Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes verlangt wird. Zum Gesetzentwurf liegt auch eine Stellungnahme des Bundesrates (19/28139) vor, in der keine Einwendungen gegen den Nachtragshaushalt vorgebracht werden.
Minister: Unternehmen und Arbeitsplätze unterstützen
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte: „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir Unternehmen und Arbeitsplätze bis zum Ende der Krise mit Wirtschaftshilfen unterstützen können.“ Darum gehe es in dem Nachtragshaushalt.
Deutschland werde nach der Krise besser dastehen als die anderen G7-Staaten. „Wir können all das, was jetzt notwendig ist, auch stemmen.“
AfD: Ökonomisch unverantwortlich
Der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer kritisierte den Nachtragshaushalt als „ökonomisch unverantwortlich“.
Er führte die Kreditfinanzierungsquote des Haushalts von 44 Prozent an und sagte: „Alle etablierten Maßstäbe der Haushaltsführung werden erneut gesprengt.“ Boehringer prophezeite: „Ab Herbst droht die neue Finanzlücke.“
CDU/CSU: Die Zahlen erschrecken
Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) führte die Kreditaufnahme von 450 Milliarden Euro in den Jahren 2020 bis 2022 an: „Die Zahlen erschrecken“. Die Ausgaben seien sinnvoll ausgegeben.
Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion richtete den Blick in die Zukunft: „Die größte Kraftanstrengung wird sein, die Schuldenbremse wieder einzuhalten.“
FDP: Unkontrollierbare Ausgabenwelle
Otto Fricke (FDP) sagte: „Das ist eine unkontrollierbare Ausgabenwelle, die wir erleben.“ Er kritisierte fehlende Einsparungen. In Notsituationen müsse man fragen, wo man weniger ausgeben könne.
Fricke wies auf die Kosten der Nettokreditaufnahme hin, die Erhöhung der Zinskosten um 4,5 Milliarden Euro. An den Bundesfinanzminister gerichtet sagte er: „Sie schaffen sich eine Wahlkampfkasse.“
Linke: Ergebnis einer falschen Politik
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) forderte: „Wir wollen vor der Wahl wissen, wer die Pandemiekosten bezahlt.“
Sie führte an, dass durch die Krise 30 Prozent der Menschen mit besonders niedrigen Einkommen Probleme hätten, ihre Miete zu bezahlen. „Die Pandemie trifft arme Menschen besonders hart.“ Das sei „Ergebnis einer falschen Politik“.
Grüne kritisieren Corona-Politik der Regierung
Sven-Christian Kindler von Bündnis 90/Die Grünen kritisierte die Corona-Politik der Bundesregierung: „Die Bundesregierung ist immer hinter der Welle“.
Kindler fragte, wie die wirtschaftliche Erholung funktionieren könne. „Wir brauchen zusätzliche Investitionen in Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung.“ Diese fehlten im Nachtragshaushalt.
Gesamtausgaben erhöhen sich auf 547,7 Milliarden Euro
Der Nachtragshaushalt sieht für 2021 Gesamtausgaben in Höhe von 547,7 Milliarden Euro und damit knapp 50 Milliarden Euro mehr als ursprünglich veranschlagt, vor. Die Nettokreditaufnahme soll auf 240 Milliarden Euro steigen – 60 Milliarden Euro mehr als geplant. Damit würde die Obergrenze der Schuldenregel um rund 213 Milliarden Euro überschritten, was eine Zustimmung des Bundestages erfordert. Von den zusätzlichen Mitteln sind laut Bundesregierung 25,5 Milliarden Euro für Unternehmenshilfen eingeplant.
Mit weiteren Geldern sollen beim Bundesministerium für Gesundheit zusätzliche Ausgaben ausgeglichen werden, die seit Jahresbeginn geleistet wurden. Allein auf die Impfstoffbeschaffung entfallen rund 6,2 Milliarden Euro. Vorsorglich sind nach Angaben der Regierung auch Mittel für weitere pandemiebedingte Ausgaben eingeplant, zum Beispiel für die Impf- und Testkampagne oder weitere Hilfen. Berücksichtigt werden auch Steuermindereinnahmen in Höhe von rund neun Milliarden Euro für Hilfen, wie den Kinderbonus und weitere steuerliche Entlastungen.
Antrag von CDU/CSU und SPD
Mit ihrem Antrag (19/28464) legen die Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Tilgungsplan gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 des Grundgesetzes für die „aufgrund der Ausnahmeregelung aufgenommenen Kredite“ vor. Diese Kredite sollen im Bundeshaushalt 2026 sowie in den folgenden sechzehn Haushaltsjahren zurückgeführt werden, heißt es darin.
Die Rückführung erfolge dabei „in Höhe von jeweils einem Siebzehntel des Betrages der Kreditaufnahme, der nach Abschluss des Bundeshaushalts 2021 die nach Artikel 115 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 des Grundgesetzes zulässige Verschuldung überstiegen hat“. Die vorgelegte Tilgungsverpflichtung soll der am 2. Juli 2020 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Tilgungsverpflichtung hinzutreten. (hau/ste/15.04.2021)