Besuch

Ausstellung Barbara Wrede

Kunstwerk aus Fäden

(© Barbara Wrede)

Mit Strich und Faden - Wie man die Welt zeichnen, falten und verstehen kann

17. Mai bis 27. September 2024 im Verbindungsbüro Brüssel

Barbara Wrede ist eine Meisterin des entschiedenen Strichs. Die Berliner Künstlerin (geboren in einem kleinen Ort in Niedersachsen, lebt seit 1995 in Berlin) hat früh begonnen, ihren eigenen und den Alltag der sie umgebenden Menschen zu beobachten und daraus gezeichnete Erzählungen über unser Leben zu entwickeln. Für jedes noch so nebensächlich scheinende Detail findet Barbara Wrede eine Komposition, die manchmal konzeptionell streng und manchmal heiter mit lockerem Strich auf Papier gesetzt, immer aber eine Erzählung von uns ist, die wir in dieser Welt zuhause sind. Oft arbeitet sie in Langzeitserien, in denen sie Menschen und Orte über Tage, Monate, Jahre beobachtet und kleinste Veränderungen wie in einem Tagebuch zeichnerisch protokolliert. Sie begeistert sich für Materialien und zeichnet manchmal nicht mit den üblichen Stiften oder (eher unüblichen) Kugelschreibern, sondern mit Zwirnen und Fäden, die sie auf handgewebtes Leinen stickt, das sie von ihrer Großmutter erbte. Der Variantenreichtum ihrer Werke ist enorm und oft herausfordernd, denn der Wechsel zwischen erzählerischen und abstrakten, farbigen und schwarzen Motiven und Methoden kommt mitunter abrupt, als solle sich die Betrachterin nicht zu sicher sein, die Künstlerin zu kennen.

 Wenn Barbara Wrede aber „erzählt“, dann ist es, als würde man in ihren kleinen Arbeiten durch die Stadt spazieren und mit deren Bewohnern sprechen oder auf einer „Landpartie“ an Seen und Dorfkirchen vorbeischlendern. Viele ihrer Berlin-Vignetten wurden Tageszeitungen veröffentlicht, so dass die kleinen Wrede-Notizen plötzlich in einen Zusammenhang mit den großen Weltnachrichten gerieten und genau das herstellten, was die Leser und Leserinnen einer Zeitung täglich vollziehen: Die Verbindung zwischen dem Großen und dem Kleinen herzustellen, beides auf anderen Ebenen des Lebens bedeutungsvoll. 

Barbara Wrede steht damit für eine besondere Spielart des Dialogs zwischen Kunst und Politik, der in der Kunstsammlung des Deutschen Bundestags gepflegt wird. Die Ausstellung im Verbindungsbüro des Deutschen Bundestages gibt einen Einblick in ihr künstlerisches Werk - und drüber hinaus in ein Projekt, für das sie vom Kunstbeirat des Deutschen Bundestages beauftragt wurde: Aus Anlass des 75. Jubiläums des Grundgesetzes wurden neunzehn Künstlerinnen und Künstler gebeten, sich mit den Grundrechten auseinanderzusetzen. Barbara Wrede erhielt als zwanzigste Position einen Auftrag - in diesem Fall, um Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu einer Auseinandersetzung mit den zentralen Begriffen Freiheit und Würde anzuregen. Denn auch damit hat Barbara Wrede langjährige Erfahrung: nicht professionell ausgebildeten Menschen den Mut und die Lust am einen Formerfinden zu vermitteln und sie bei diesen kreativen Prozessen künstlerisch zu begleiten. Damit in der Grundgesetzausstellung nicht nur Beiträge von Künstlerinnen und Künstlern, sondern auch von der Bevölkerung ausgestellt werden können, zeichnet, faltet und stickt sie mit den Teilnehmenden an kleinen Objekten. Weil man auch mit Strich und Faden die Welt verstehen kann. (kvo)

Ausstellungsort

Verbindungsbüro des Deutschen Bundestages bei der Europäischen Union
Square de Meeûs 40
1000 Brüssel

Zugang nach vorheriger Anmeldung unter Telefon (von Deutschland aus): 0032 2 5044-385