François Morellet figuratif - Gunda Förster konkret
16. Januar bis 5. Mai 2013
Gunda Förster konkret
Die Berliner Künstlerin Gunda Förster arbeitet mit vielen Medien: Fotografien, Videoarbeiten, großflächigen Farbarbeiten und Toninstallationen. In allen verwendet sie natürliches oder künstliches Licht als Gestaltungsmittel, das im Zusammenspiel mit Klängen, Farben und Bildern nicht nur visuelle, sondern auch körperliche Erfahrungen evozieren kann.
Vor allem für ihre Arbeiten im Architekturkontext inszeniert Gunda Förster Licht als ein transzendentes Medium, das geeignet ist, zwischen der Materie – dem Werk beziehungsweise der Raum, den es gestaltet – und der Imagination des Betrachters, seinen individuell geprägten Assoziationen und Erinnerungen, zu vermitteln.
„SCHWIMMEN“ und „FLIEGEN“
In Lippstadt, Nordrhein-Westfalen, realisierte sie 2007 als eine ihrer ersten permanenten Arbeiten an einer Brücke die beiden Worte „SCHWIMMEN“ und „FLIEGEN“ in einander überlagernden Neonbuchstaben. Sie schuf damit begriffliche Äquivalente zur räumlichen Situation, weil beide Tätigkeiten die wesenhaften Bewegungen der von einer Brücke nicht nur symbolisch verbundenen Elemente Wasser und Luft darstellen – und in der Überlagerung ein Drittes, das Wort „Schweigen“ ergeben.
In einer Arbeit für die City Hall in Vancouver (ICE LIGHT, permanente Arbeit seit 2012) brachte sie an den Gebäudekanten des historischen Rathauses weiße LED-Leuchtbänder an, die sich im Stundentakt wie ein Lichtwasserfall bewegen, in den stillen Sequenzen aber die Ebenen des Gebäudes betonen als wäre es Fels innerhalb des mächtigen Gebirges, das Vancouver umgibt.
Ein Kunswerk für den Bundestag
Zu den neuesten Werken Gunda Försters (permanente Arbeit seit 2012) gehört eine Installation für den Deutschen Bundestag: Der „Tunnel“ ist eine Neonlichtinstallation, die Gunda Förster entwarf und als Wettbewerbssiegerin im Parlamentsgebäude Dorotheenstraße 65 umsetzte. Da der Tunnel ein unterirdischer Verbindungsgang zwischen zwei Parlamentsgebäuden ohne Tageslicht mit ungewöhnlich disproportionalen Maßen ist, war die Gestaltung eine besondere Herausforderung.
Ihre künstlerische Lösung bestand darin, diese selbst zum Thema zu machen: Hauptgestaltungsmittel des Tunnels sind sonnengelbe Neonlichtbögen, die in regel- aber nicht gleichmäßigen Abständen die gesamte Strecke des Tunnels gliedern. Durch die Anordnung der Lichtbögen entsteht so zunächst eine optische Verschiebung der Raummaße, durch die die Wahrnehmung von Höhe und Länge des Tunnels verändert werden.
In Kombination mit dem intensiv-goldenen Licht wird der Funktionsraum zu einem geheimnisvollen Weg, an dessen Ende für einen kurzen Moment nicht mehr der Übergang in ein anderes Parlamentsgebäude, sondern der Eingang zu einem geheimnisumwitterten imaginären Ort möglich scheint.
Ausstellung im Kunst-Raum
In der Ausstellung für den Kunst-Raum des Deutschen Bundestages nun schreitet Gunda Förster die Grenzen zwischen Materie und Imagination noch einmal radikaler aus. Im Obergeschoss des Ausstellungsraums arbeitet sie mit Glaskugeln – farblich unterschiedlich gestalteten „Murmeln“, wie sie zumindest Erwachsene noch als Kinderspielzeug kennen.
Alles an ihnen ist deshalb Imagination: die Erinnerung an die eigene oder die Kindheit unserer Vorfahren, an die Spiele, die mit ihnen gespielt, die Tauschgeschäfte, die mit ihnen getätigt, die Wettbewerbe, die mit ihnen gewonnen oder verloren wurden. Dabei zeigt Gunda Förster die Glaskugeln einmal als real zu nutzendes Spielfeld, einmal in geradezu sachlich anmutender Anordnung in verglasten Leuchtkästen, die einen direkten Zugriff verweigern. Im Unterschied zum Spielfeld sind viele Kugeln in den Leuchtkästen „blank“, ihnen fehlt jede farbliche Fassung oder Verzierung.
Reminiszenz an Carl Andre
Die Deutungsverschiebung, die mit der Absenz des Spielerischen einher geht, ist zweifach. Nicht nur verweigern sie sich der Imagination des Betrachters, sie verweisen vielmehr auf ihr konzeptionelles Gegenteil: das Objekthafte, das Konkrete, auf das im Titel der Ausstellung angespielt wird und das qua Definition gerade nicht als Symbol oder Projektionsfläche, sondern als materialisierte Idee zu verstehen ist.
Von hier aus sind es nur wenige gedankliche Schritte, die quadratischen Leuchtkörper Försters als Reminiszenz an Carl Andres horizontale Plastiken zu verstehen, die als „Element Series“ das Verständnis von Kunst (Objekt) und umgebendem Raum subtil ausdeuteten und als zentrale Werke konkreter Kunst gelten.
Die Beziehung zwischen Raum und Objekt ist auch für Gunda Förster die Grundfrage ihrer künstlerischen Arbeit – nur dass sie dabei die poetischen Potenziale in den Mittelpunkt rückt und als eigentlichen Raum zwischen Ding und Betrachter definiert.
„François Morellet figuratif – Gunda Förster konkret“
Ausstellung im Kunst-Raum des Deutschen Bundestages vom 16. Januar bis 5. Mai 2013
Konzeption: Dr. Andreas Kaernbach und Kristina Volke
Courtesy für F. Morellet: Galerie m Bochum
Text (zu Gunda Förster): Kristina Volke
Ausstellungsort
Kunst-Raum im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus
Zugang über die Spree-Uferpromenade
Schiffbauerdamm, 10117 Berlin
Öffnungszeiten
16. Januar bis 5. Mai 2013
dienstags bis sonntags von 11.00 bis 17.00 Uhr
Eintritt frei.
Kontakt
Telefon: 030 - 227 32027 (während der Öffnungszeiten)
E-Mail: kunst@bundestag.de
Homepage: www.kunst-im-bundestag.de