Anhörung zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes
Berlin: (hib/MIS) Am Montag hat sich der Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Rahmen einer Anhörung mit der beabsichtigten Regelung eines Zuschusses zu den Übertragungsnetzkosten aus Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von 5,5 Milliarden Euro befasst.
Die entsprechende Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes wurde von den geladenen Expertinnen und Experten ganz überwiegend begrüßt. Deutlich wurde der weitverbreitete Wunsch nach einer dauerhaften Lösung für die kommenden Jahre.
Tetiana Chuvilina, Leiterin Politik des Netzbetreibers TenneT, hielt fest, dass die Strompreise weiterhin sehr hoch seien. Das belaste die Verbraucher wie auch die Übertragungsnetzbetreiber. Ohne den nun geplanten Zuschuss würden die absehbaren Kostensteigerungen - bis 2030 würden 150 Milliarden in den Netzausbau investiert - eine Verdopplung des Kilowatt-Strompreises bedeuten. Deshalb begrüße sie den staatlichen Zuschuss, der Verbraucher bundeseinheitlich entlaste ohne regionale Unterschiede.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüße alle Maßnahmen, die helfen, den Strompreis zu entlasten, sagte Andrees Gentzsch, Mitglied der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Die außergewöhnlich hohen Kosten der Netzbetreiber vor allem für Redispatch-Maßnahmen und die Beschaffung von Ausgleichsenergie (4,2 Milliarden im Jahr 2022) würden so zumindest auf der Übertragungsnetzebene nur teilweise in die Netzentgelte eingehen. Die Verbraucher würden entlastet. Als wünschenswerte weitere Schritte nannte Gentzsch die Verlängerung der Preisbremsen, die Beibehaltung des abgesenkten Umsatzsteuer-Satzes und die Reduzierung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz.
Lion Hirth, Professor für Energiepolitik an der Hertie School, nannte den Zuschuss von 5,5 Milliarden Euro „sicher eine der besseren Optionen“. Besser noch aber wäre es, so sein Vorschlag, die Summe als Klimageld auszugeben. Das hätte aus seiner Sicht den Vorteil, dass Geringverdiener-Haushalte stärker entlastet würden als andere. Hirth machte sich zudem dafür stark, Deutschland in Strompreiszonen aufzuteilen - in der Folge eines solchen Schrittes, würden die Netzentgelte sinken, sagte der Experte.
Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, nannte als wesentliche Haupttreiber für den starken Anstieg der Übertragungsnetzkosten die weiterhin krisenbedingt hohen Energiepreise. Ohne den beabsichtigten Zuschuss würde es zu einer Verdopplung der Übertragungsnetzentgelte von 3,12 Cent/kWh im Jahr 2023 auf 6,68 Cent/kWh im Jahr 2024 kommen, sagte Kapferer.
Hanns Koenig (Central Europe Aurora Energy Research) erwartet eine kostensenkend Wirkung des Zuschusses - aber darüber hinaus auch eine Überkompensation des Strompreisesanstiegs im letzten Jahr. Auch Koenig würde stärker zielgerichtete Subventionen - etwa in Form des Klimageldes - bevorzugen. Zudem wünschte er dem im Energiewirtschaftsgesetz durchaus abgesprochenen Ausbau der Stromspeicherkapazitäten in Deutschland mehr Beachtung.
Marco Stoltefuß vom Übertragungsnetzbetreiber Amprion geht mit Blick auf die Folgejahre von weiterhin hohen Netzkosten und damit hohen Netzentgelten aus. Hauptkostentreiber sei das Engpassmanagement, das derzeit 40 Prozent der gesamten Netzkosten ausmache. „Engpassmanagementkosten sind dabei keine originären Netzkosten - sie sind vielmehr notwendige Transformationskosten auf unserem Weg zu einem dekarbonisierten Energiesystem“, sagte Stoltefuß und fügte hinzu, aus seiner Sicht müsse eine nachhaltige und längerfristige gesetzliche Lösung für die Problematik der weiterhin steigenden Kosten geschaffen werden.
Andreas Zuber vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) wies daraufhin, dass alles, was über die Übertragungsnetzwerke gesagt wurde, auch für die Verteilernetze gelte. Die Stadtwerke bewirtschafteten aktuell rund 803.000 Kilometer Stromverteilnetze und 339.000 Kilometer Gasverteilernetze. Über 90 Prozent der Erneuerbaren-Energien-Anlagen speisten in die Netzebenen der Verteilnetzbetreiber ein. Die Energiewende finde in den Verteilnetzen statt, so Zuber, der deshalb anregte, gerade vor dem Hintergrund der Diskussionen zu den regional sehr unterschiedlichen Verteilnetzentgelten einen vergleichbaren entlastenden Mechanismus auch für die Ebenen der Verteilnetzbetreiber zu schaffen.