Abgeordnete diskutieren über aktuellen Berufsbildungsbericht
Berlin: (hib/HARI) Angesichts des Fachkräftemangels kommt der Aus-und Weiterbildung eine zentrale Bedeutung zu. Doch auch nach der Pandemie ist der Ausbildungsmarkt weiterhin im Krisenmodus. Das zeigt der Berufsbildungsbericht 2023 (20/6800) der Bundesregierung. Jens Brandenburg (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bildungsministerium (BMBF), informierte am Mittwoch den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung in seiner 49. Sitzung über die aktuellen Trends und die strukturellen Herausforderungen. Die Fraktionen sahen in der anschließenden Debatte Handlungsbedarf.
Zwar verzeichne die Zahl der 2022 abgeschlossenen Ausbildungsverträge ein leichtes Plus von 0,4 Prozent auf 475.000. Doch im Vergleich zum Vorjahr stagnierten die Anfänger in der Berufsausbildung, sagte Brandenburg. Der Anteil der unversorgt gebliebenen Bewerberinnen und Bewerber liege bei acht Prozent. Gleichzeitig sei allerdings die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen angewachsen, laut Berufsbildungsbericht auf 68.900 Stellen, das sind neun Prozent mehr als im Vorjahr und fast 30 Prozent mehr als 2019.
Trotz der vielen unbesetzten Ausbildungsplätze seien dennoch nicht alle, die wollten, ins duale System gelangt. Besondere Sorge bereite der Regierung, dass die Gruppe der 20- bis 34-Jährigen ohne formalen Berufsabschluss seit Jahren steige. Aktuell seien 2,6 Millionen junge Erwachsene betroffen. Das BMBF wolle vor allem früher bei der beruflichen Orientierung ansetzen und diese weiter ausbauen und Berufliche Schulen sowie Gymnasien stärker einbeziehen.
Der Freidemokrat betonte jedoch, dass das BMBF schon wichtige Maßnahmen wie das so genannte Startchancenprogramm auf den Weg gebracht habe. Auch begrüße das BMBF die jetzt erneuerte Allianz für Aus-und Weiterbildung aus Spitzenvertretern der Wirtschaft, Sozialpartnern und Politik.
Die aktuellen Daten und Zahlen stimmten sehr bedenklich, hieß es aus der SPD-Fraktion. Die große Lücke, die seit der Corona-Pandemie auf dem Ausbildungsmarkt entstanden sei, habe die Politik noch nicht schließen können. Nötig sei ein Ausbildungssystem, dass jeden Jugendlichen versuche aufzufangen und in Ausbildung zu bringen. Sorge bereitet den Sozialdemokraten zudem der weitere Anstieg der Anzahl junger Menschen, die ohne Ausbildung bleiben. Der Übergangsbereich verbuche weiterhin Zuwachs, ersetze aber nicht den Ausbildungsplatz. Umso wichtiger sei es, für alle jungen Erwachsenen eine Ausbildungsgarantie zu schaffen.
Die CDU/CSU-Fraktion sieht ähnlich wie das BMBF in der Berufsorientierung einen entscheidenden Schlüsselfaktor, diese müsse früher erfolgen. Zudem sollten sich die politischen Akteure stärker auf mit Ausbildungsangeboten unterversorgte Regionen konzentrieren. Eine Ausbildungsgarantie sieht die Union eher kritisch, das duale System dürfe davon nicht „unterminiert“ werden. Daher möchten die Christdemokraten diese auf Bereiche fokussieren, in denen es regional Ausbildungsschwierigkeiten gebe.
Nach Auffassung der Grünen-Bundestagsfraktion sollte die Berufsorientierung die Eltern stärker einbeziehen und früher ansetzen - am besten bereits „in der Kita“. Doch vor allem sehen die Grünen angesichts von 2,6 Millionen junger Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss einen klaren Handlungsauftrag an das BMBF. Dazu komme, dass jeder dritte Ausbildungsvertrag aufgelöst werde. Wo diese jungen Erwachsenen abgeblieben seien, wisse die Politik nicht. Notwendig sei, Daten zu erheben und auszuwerten, wo und wie diese „unbekannt Verbliebenen“ verloren gegangen seien.
Die FDP-Fraktion wollte indes nicht nur auf die Schattenseiten der Ausbildungsmarktes schauen, sondern auch auf die Lichtblicke. Ein solcher seien beispielsweise die „enormen Innovationen“ an der Basis. Die Berichte der Unternehmen zeigten „kreative Ansätze“, wie der Ausbildungsnot begegnet werden könnte. Um den Ausbildungsrückgang wirksam zu stoppen, seien aber nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und die Sozialpartner gefragt.
Die AfD-Fraktion warf der Bundesregierung vor, dass die Politik seit Jahren die bekannten Probleme auf dem Ausbildungsmarkt „nicht gelöst habe“, wie der Berufsbildungsbericht verdeutliche. Zudem greife die Politik nicht die Forderung auf, die „meisten Ausbildungen kostenfrei“ anzubieten. Auch hinterfragte die AfD die Allianz für Aus-und Weiterbildung. Was wolle diese künftig erreichen, wenn dadurch bisher keine Abhilfe der Ausbildungskrise erzielt worden sei.
Die Fraktion Die Linke unterstrich, dass der Bericht veranschauliche, wie tief das Ausbildungssystem in der Krise stecke und fragte, ob sich das Land angesichts des Fachkräftemangels ein solches System überhaupt noch leisten könne. Die Linke monierte außerdem, dass „nur 19 Prozent“ der Betriebe „ausbildungsbereit“ seien und forderte deshalb eine Umlagen finanzierte Ausbildung.