BaFin-Chef sieht Finanzaufsicht mutiger ans Werk gehen
Berlin: (hib/HLE) Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Mark Branson, hat sich zufrieden über die Arbeit seiner Behörde gezeigt. Die Finanzaufsicht sei mutiger und transparenter geworden, sagte er am Mittwoch in einer Sitzung des Finanzausschusses, die vom Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleitet wurde. Auch die Bilanzkontrollen seien effektiver geworden. Branson ist seit August 2021 Präsident der Behörde, nachdem sein Vorgänger Felix Hufeld im Zuge des Wirecard-Skandals zurückgetreten war. Zwar sei die BaFin noch nicht da, wo sie sein solle, aber die Fortschritte seien erheblich, so Branson.
Zu den aktuellen Herausforderungen zählt der BaFin-Präsident das Zinsumfeld. Vor einem Jahr habe man noch mit einem Szenario dauerhaft niedriger Zinsen zu tun gehabt. Das habe sich gedreht. Der Zinsanstieg habe vielen Akteuren wie Lebensversicherungen geholfen. Aber manche, vor allem kleinere Banken seien auf dem falsch Fuß erwischt worden und hätten Bewertungsverluste hinnehmen müssen. Auch für die Immobilienmärkte gebe es Herausforderungen. Auf dem Gewerbeimmobilienmarkt seien Verluste zu beobachten, auf dem Wohnimmobilienmarkt führten steigende Zinsen zu einem Bremseffekt. Es gebe Verwundbarkeiten im System.
Ansteckungseffekte und Liquiditätsprobleme von ausländischen Märkten gebe es derzeit nicht, sagte Branson. Aber es sei Wachsamkeit geboten. Bei der Situation der Unternehmenskredite hänge alles von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab. Als Top-Risiken sieht Branson Cyber-Risiken und den Missbrauch des Finanzsystems durch Geldwäsche-Kriminalität an .
Die SPD-Fraktion berichtete über Klagen von Finanzinstituten wegen der Umsetzung von „Basel III“. Die vom Baseler Ausschuss für Bankenstabilität nach der Finanzkrise abgegebenen Empfehlungen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis von Banken waren über die EU-Gesetzgebung ins nationale Recht übernommen worden. Auch gibt es nach Darstellung der SPD-Fraktion Kritik an den von den Banken vorzuhaltenden antizyklischen Kapitalpuffern, mit denen die Eigenkapitalbasis des Bankensektors präventiv gestärkt werden und dessen Verlusttragfähigkeit erhöht werden soll. Außerdem sprach die SPD-Fraktion ein mögliches Verbot von Provisionen an, das auf EU-Ebene erörtert werde.
Die CDU/CSU-Fraktion thematisierte das veränderte Zinsumfeld. Bei einigen Banken gebe es offenbar hohen Abschreibungsbedarf. Die antizyklischen Kapitalpuffer seien zu Beginn des Jahres 2022 eingeführt worden, als das Zinsumfeld noch nicht gedreht habe. Die Fraktion wollte wissen, inwieweit es eine Überprüfung geben solle und wann Änderungen zu erwarten seien. Bei der Diskussion um ein Provisionsverbot dürfe nicht vergessen werden, dass die Ergebnisse der Banken in den letzten Jahren stärker vom Provisions- als vom Zinsgeschäft getragen worden seien.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, die Entwicklung der BaFin zu einer schlagkräftigen Behörde laufe in die richtige Richtung. In der Finanzbranche steige der Optimismus, und Banken wollten die Dividendenausschüttungen erhöhen. Andererseits hätten Finanzaufseher vor einem „perfekten Sturm“ gewarnt, der der Branche drohen könne.
Auch die FDP-Fraktion machte die antizyklischen Kapitalpuffer zum Thema. Mas sei skeptisch, dass ein Instrument, dass bei einer völlig anderen makroökonomischen Lage als richtig angesehen worden sei, jetzt immer noch als richtig angesehen werde, obwohl sich die Lage völlig verändert habe.
Wie schon andere Fraktionen machte die AfD-Fraktion mögliche Provisionsverbote und den Provisionsdeckel zum Thema. Ein maßvoller Deckel könne nicht schaden, aber bei zu starken Einschnitten drohe es weniger Anbieter zu geben, was andererseits zum einem Beratungsmonopol der Banken führen könne.
Die Fraktion Die Linke wies darauf hin, dass die BaFin nach dem Wirecard-Skandal grundlegende Reformen habe durchführen müssen. Das sei keine einfache Zeit gewesen. Dabei sei die BaFin jetzt auf einem guten Weg.
Branson erklärte, bei jedem Regulierungsschritt gebe es Gewinner und Verlierer. Basel III sei eigentlich für das System insgesamt kapitalneutral, aber nicht für jedes einzelne Institut. Ziel sei es, die Möglichkeit zum Kleinrechnen von Risiken zu reduzieren. Die Stoßrichtung sei absolut richtig. Zu den antizyklischen Kapitalpuffern stellte der BaFin-Präsident fest, diese Puffer seien jetzt aufgebaut und im Bankensystem vorhanden. Zu diesem Zeitpunkt sei es falsch, die Resilienz aufzugeben. Eine negative Wirkung auf die Kreditvergabe sei im Moment nicht feststellbar. Es gebe keine angebotsseitige Kreditknappheit.
Zur Diskussion über Provisionsverbote sagte Branson, es sei aus Anlegersicht sehr wichtig, dass alle Anlegergruppen Zugang zu Beratung hätten und diese Beratung frei von Interessenkonflikten sein müsse. In einem Teil des Marktes gebe es Übertreibungen, so dass Kunden Produkte erhalten würden, die sie nicht gebrauchen könnten. Die BaFin werde ihre Aufsichtsintensivität erhöhen und nach schwarzen Schafen besonders im Lebensversicherungsbereich suchen, um zu besseren Ergebnissen für Anleger zu kommen.