30.12.2024 Inneres und Heimat — Ausschuss — hib 900/2024

Innenausschuss berät über Anschlag auf Weihnachtsmarkt

Berlin: (hib/PK) Der Innenausschuss des Bundestages hat über den aktuellen Stand der Erkenntnisse zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg beraten. Zu der Sondersitzung am Montagnachmittag in Berlin waren neben Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zahlreiche Sicherheitsexperten wie etwa der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, und der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, eingeladen sowie die Oberbürgermeisterin von Magdeburg, Simone Borris.

Der 50-jährige Attentäter Taleb A. war am 20. Dezember mit einem schweren Geländewagen über den Weihnachtsmarkt und gezielt in die Menschenmenge gerast und hatte dabei fünf Menschen getötet und mehr als 200 teils schwer verletzt. Der aus Saudi-Arabien stammende Mann sitzt in Untersuchungshaft. Das Motiv für den Anschlag ist unklar. Der Mann passt nach Einschätzung von Experten in kein gängiges Täterschema.

Hinweise deuten dem Vernehmen nach auf eine psychische Erkrankung des Täters hin. Taleb A. lebt schon seit 2006 in Deutschland, vor Jahren war ihm Asyl gewährt worden. Zuletzt arbeitete er als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in einer Klinik in Bernburg nahe Magdeburg.

Taleb A. war den Sicherheitsbehörden vor dem Anschlag mehrfach aufgefallen. Demnach hat die Polizei in Sachsen-Anhalt den Mann zuletzt im Oktober 2024 mit einer sogenannten Gefährderansprache konfrontiert.

Die Amokfahrt hat auch eine Diskussion über die Sicherung des Weihnachtsmarktes ausgelöst, weil der Mann mit dem Auto durch eine größere Lücke in den Betonabsperrungen gefahren ist.

Am Montag tagte auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) im Bundestag, um sich mit der Aufarbeitung des Attentats zu befassen. Abgeordnete erinnerten am Rande der Sitzungen an das Leid und das schwere Schicksal der Betroffenen und Hinterbliebenen der Amokfahrt und sicherten den Bürgern eine detaillierte Aufklärung zu.

Innenexperten der Fraktionen forderten übereinstimmend eine umfassende Analyse des gesamten Geschehens und der Vorgeschichte, um ähnliche Straftaten künftig möglichst zu vermeiden. Dabei erinnerten Abgeordnete auch an das verheerende Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2016 mit 13 Toten und zahlreichen Verletzten.

Zur Sprache kamen bei den Abgeordneten das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sowie die Hinweise von Sicherheitsbehörden auf eine Radikalisierung des Täters, die schon länger vorgelegen haben sollen und womöglich nicht effektiv zusammengeführt wurden. Zudem forderten Abgeordnete erweiterte Befugnisse der Sicherheitsbehörden, etwa die Speicherung sogenannter IP-Adressen (Internetprotokoll), sowie schärfere Regelungen zur Abschiebung krimineller Ausländer.

Bundesinnenministerin Faeser sagte nach der vierstündigen Sondersitzung des Innenausschusses vor Journalisten im Bundestag, im Ausschuss sei über die bisher vorliegenden Erkenntnisse umfangreich berichtet worden. Die Atmosphäre sei dem Vorfall angemessen, ruhig und nicht hitzig gewesen. Sie fügte hinzu: „Alle Hintergründe müssen gründlich und genaustens ermittelt werden. Hier wird jeder Stein umgedreht.“ Die Ermittlungen liefen derzeit auf Hochtouren. Es sei noch zu früh, um Schlussfolgerungen zu ziehen.

Für psychisch auffällige potenzielle Täter seien jedoch neue Handlungskonzepte erforderlich. Außerdem gelte es, die Sicherheitsbehörden zu stärken, betonte Faeser. Sie müssten alle nötigen Befugnisse und mehr Personal bekommen. Gebraucht würden unter anderem rechtssichere Speicherfristen von IP-Adressen.