Buchpräsentation: Jugendhaus Halle: „Die Schlägerei hört einfach nicht auf“ - Gefängnisalltag (1971-1990)
Mit dem harmlos wirkenden Begriff „Jugendhaus“ bezeichnete die DDR Gefängnisse für junge Menschen ab 14 Jahren, die entweder wegen krimineller Straftaten oder wegen politscher Delikte zu Haftstrafen verurteilt worden waren.
Über diese Jugendhäuser war, außer vereinzelter Berichte von Zeitzeugen, die das Ausmaß der Brutalität physischer wie psychischer Natur andeuteten, lange Zeit wenig bekannt.
Am 14. März 2024 wurde in der Gedenkstätte Hohenschönhausen eine Studie zum Haftalltag im DDR-Jugendgefängnis „Jugendhaus Halle“ des Historikers Dr. Udo Grashoff vorgestellt. Mit dem Buch - Jugendhaus Halle: „Die Schlägerei hört einfach nicht auf“ - Gefängnisalltag (1971-1990) - wird erstmals eine fundierte Aufarbeitung der Thematik am Beispiel Halle dargestellt, welche auf überlieferte Akten des Gefängnisses aus fünf Archiven und den Erinnerungen von 20 Zeitzeugen basiert.
Die Erkenntnisse, die durch diese Arbeit in die Öffentlichkeit getragen werden, erschüttern. Eine mit brutaler Gewalt durchgesetzte Häftlings-Hierarchie, welche von den sogenannten Erziehern und der Leitung nicht nur toleriert sondern auch gewollt war, bestimmte den Alltag der jugendlichen Inhaftierten.
Sichtlich bewegt über die Schilderungen aus der Studie von Udo Grashoff, resümierte Evelyn Zupke in ihrer Rede: „Das Jugendhaus in Halle war Teil des Repressionsapparates der SED-Diktatur. Und ich möchte ergänzen: Ein besonders perfider. Die Hölle von Halle.“.
Als Zeitzeuge schilderte Ralf Steeg von seinen schrecklichen Erlebnissen und dem Terror während seiner Haft im Jugendhaus Halle. Steeg, der aufgrund von versuchter Republikflucht mit 16 Jahren in das Jugendhaus Halle eingesperrt wurde, kämpft seit vielen Jahren für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, insbesondere der DDR-Jugendhäuser.
In ihrer Rede verwies die SED-Opferbeauftragte darauf, dass gerade die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Jugendhäuser dabei helfen kann, die Wirkungsweisen der Repression in der SED-Diktatur besser zu verstehen:
„Die Geschichte der Jugendhäuser zeigt uns, dass die Diktatur eben nicht nur im direkten Einflussbereich der Staatssicherheit zu finden ist. Die DNA der SED-Diktatur war die Durchdringung der Institutionen. Institutionen, wie die des Jugendstrafvollzugs.“
Als SED-Opferbeauftragte möchte sie sich insbesondere dafür einsetzen, dass die Menschenrechtsverletzungen, die über Jahrzehnte in den Jugendhäusern begangen wurden, noch stärker in der Öffentlichkeit bekannt werden.