Gesetzentwurf zur Stärkung der Herzgesundheit
Mit einer verbesserten Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen will die Bundesregierung die Herzgesundheit stärken. Den dazu vorgelegten Gesetzentwurf „zur Stärkung der Herzgesundheit“ (Gesundes-Herz-Gesetz, GHG, 20/13094, 20/13641) hat der Bundestag am Mittwoch, 6. November 2024, beraten.
Während der Debatte war es auch um einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Primärprävention stärken – Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung erhalten“ (20/13292) gegangen. Beide Vorlagen überwiesen die Abgeordneten im Anschluss an die Ausschüsse. Bei den weiteren Beratungen übernimmt jeweils der Gesundheitsausschuss die Federführung.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Regelung soll laut Regierung zur Senkung der Krankheitslast durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Stärkung der Herz-Kreislauf-Gesundheit beitragen. Die im westeuropäischen Vergleich geringere Lebenserwartung in Deutschland werde insbesondere auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit zurückgeführt, heißt es in der Vorlage. Herz-Kreislauf-Erkrankungen seien hierzulande die häufigste Todesursache, die 2021 ein Drittel aller Todesfälle umfasst habe. Mit rund 57 Milliarden Euro hätten Krankheiten des Kreislaufsystems 2020 die höchsten Kosten für das Gesundheitssystem verursacht.
Die vorgesehenen Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten sollen neben die Förderung einer gesunden Ernährung und mehr Bewegung treten. Konkret geplant ist die Verbesserung der Früherkennung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Erweiterte Leistungen zur Früherkennung
Daher wird ein gesetzlicher Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung im Rahmen der Untersuchungen für Kinder und Jugendliche (U/J) vorgesehen. Es wird festgelegt, dass die Krankenkassen zur Teilnahme an der Jugendgesundheitsuntersuchung J1 einladen.
Für Erwachsene im Alter von 25, 40 und 50 Jahren sind in Ergänzung der bestehenden Gesundheitsuntersuchung (GU) sogenannte Check-ups im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgesehen. Um die Teilnahme an der erweiterten GU zu fördern, sollen die Krankenkassen dazu einladen. Versicherte erhalten zudem Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren, etwa Diabetes, in Apotheken.
Krankenkassen sollen außerdem dazu verpflichtet werden, ihren Versicherten sogenannte strukturierte Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programm DMP) anzubieten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll Anforderungen an ein neues DMP für Versicherte mit hohem Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung beschließen.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat begrüßt in seiner Stellungnahme (20/13641) viele Regelungen im Gesundes-Herz-Gesetz der Bundesregierung, lehnt aber die geplante Finanzierung ab. Die vorgeschlagene Regelung zur Finanzierung der neu begründeten Leistungsansprüche im Bereich der medizinischen Sekundärprävention für Kinder, Jugendliche und Erwachsene einschließlich der Vergütung von Ärzten zur Ausstellung einer Präventionsempfehlung sei widersprüchlich, heißt es zur Begründung.
Einerseits solle die bisher nicht vergütete Empfehlung durch Ärzte für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention künftig vergütet werden. Ziel sei, dass mehr Empfehlungen ausgestellt und Versicherte die Angebote ihrer Krankenkasse zur Individualprophylaxe im Bereich Tabakentwöhnung und Ernährung in Anspruch nehmen. Andererseits würden medizinische Präventionsleistungen umfangreich erweitert. Diese würden genau aus den Mitteln finanziert, die bisher den Versicherten für bestehende Angebote zur verhaltensbezogenen Prävention zur Verfügung stünden.
Es würden also zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen vorgesehen, aus denen Präventionsempfehlungen folgen sollen. Um diese in Anspruch nehmen zu können, müssten auch entsprechende Präventionsangebote zur Verfügung stehen. Diese würden jedoch als Folge des Gesetzes abgebaut werden müssen, weil die dafür vorgesehenen Mittel zur Finanzierung der Vorsorgeuntersuchungen herangezogen würden, argumentiert der Bundesrat.
Gegenäußerung der Bundesregierung
Die Bundesregierung weist in ihrer Erwiderung den Einwand zurück. Die geplante Änderung führe dazu, dass die vorgesehenen Aufgaben der Krankenkassen zur Erbringung ergänzender Leistungen zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf die Ausgaben der Krankenkassen angerechnet würden, die diese regelmäßig für Leistungen zur verhaltensbezogenen Primärprävention aufwenden sollen.
Die Regelung führe wahrscheinlich dazu, dass die Krankenkassen ihre Ausgaben für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention zugunsten der gezielten Früherkennung und Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen umschichten. Durch die Regelung werde das Vorhaben kostenneutral ausgestaltet.
Antrag der Union
Die Unionsfraktion fordert eine Stärkung der Primärprävention, um schwere Erkrankungen möglichst zu vermeiden. Das Risiko für eine koronare Herzerkrankung oder einen Herzinfarkt sowie andere Erkrankungen könne durch einen gesunden Lebensstil erheblich verringert werden, heißt es in ihrem Antrag.
Wer sich regelmäßig bewege, auf ein Körpergewicht im Normalbereich achte, nicht rauche und wenig Alkohol trinke, trage wesentlich zur effektiven Vorbeugung bei, schreiben die Abgeordneten. Die Stärkung der Primärprävention sei daher unverzichtbar, um Krankheiten zu vermeiden und gleichzeitig das Gesundheitssystem zu stärken.
Kritik am „Gesundes-Herz-Gesetz“
Nicht geboten sei die Einführung von unbegründeten bevölkerungsweiten Screening-Programmen, heißt es in dem Antrag in Anspielung auf das Gesundes-Herz-Gesetz der Bundesregierung. Fachverbände befürchten einen Anstieg der Medikalisierung innerhalb großer Bevölkerungsgruppen, der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die „Verabschiedung vom Leitgedanken der Prävention“.
Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag, eine gezielte Förderung von Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sicherzustellen. Es müssten Vorhaben unterlassen werden, die den Trend hin zu einer stärkeren Medikalisierung verstärken. Ferner sollte sich die Bundesregierung mit den Ländern dafür einzusetzen, Schulgesundheitsfachkräfte zu etablieren und verpflichtende Einheiten zur Gesundheitsbildung in Schulen einzuführen, die gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung in den Lehrplan integrieren. (pk/hau/06.11.2024)