Zeit:
Mittwoch, 9. Oktober 2024,
14
bis 15.30 Uhr
Unterschiedliche Sichtweisen auf die Bürokratiewirkung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht (20/12351) haben die geladenen Sachverständigen am Mittwoch, 9. Oktober 2024, in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses geäußert. Durch die Regelung sollen Betreiber von Ladesäulen für E-Autos und Stromspeichern von Bürokratie und Steuerpflichten entlastet werden.
Unter anderem will die Regierung regeln, dass Nutzer von Elektrofahrzeugen beim bidirektionalen Laden steuerrechtlich nicht zu Versorgern werden und damit Steuern zahlen müssen. Auch bei Stromspeichern soll eine doppelte Besteuerung „umfassend vermieden“ werden, heißt es in dem Entwurf.
BDI: Gesetz führt zu massivem Bürokratieaufbau
Annette Selter vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), geladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, sagte zu dem Gesetzentwurf: „Der Titel ist irreführend.“ Sie sei fast „erschrocken“, als sie den Entwurf gesehen habe.
„Das Gesetz zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuergesetz führt nicht zu geringeren Bürokratielasten und durch viele neue Vorgaben zu einem massiven Bürokratieaufbau“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des BDI. Im Gesetzentwurf aufgeführte Entlastungen hülfen nur der Verwaltung, nicht den Unternehmen.
Kritik an Umgang mit Bioenergie und Buchführungspflichten
Dass Bioenergie künftig steuerlich stärker belastet werde, bemängelte Gerolf Bücheler vom Hauptstadtbüro Bioenergie, anwesend ebenfalls auf Initiative der Unionsfraktion. Er wies unter anderem darauf hin, dass Bioenergie ein flexibler Stromlieferant sein könne, wenn Wind- und Sonnenenergie witterungsbedingt zu wenig Strom liefern.
In der schriftlichen Stellungnahme des Hauptstadtbüros Bioenergie wird kritisiert, dass entgegen dem EU-Recht die Bundesregierung Biomasse aus der Definition von Strom aus erneuerbaren Energien im Stromgesetz streichen wolle. Dies wäre „eine klare Verletzung“ der Verpflichtung, EU-Recht national umzusetzen, heißt es in der Stellungnahme. Zudem widerspreche die Streichung willkürlich dem Prinzip der Technologieoffenheit und benachteilige ungerechtfertigt die Energieerzeugung aus Biomasse.
Kritik übte auch Christian Seyfert vom Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), ebenfalls geladen auf Vorschlag der Unionsfraktion. Zwar begrüßt der VIK in seiner schriftlichen Stellungnahme die vorgesehenen Regelungen zur E-Mobilität und zu Stromspeichern. Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für gespeicherte Strommengen seien „allerdings eher ein Schritt in die falsche Richtung“.
„Richtiger Schritt in die richtige Richtung“
Eher positiv äußerten sich dagegen die Sachverständigen, die auf Vorschlag der Ampel-Fraktionen geladen waren. Dirk Jansen von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (SPD-Vorschlag) sagte: „Ich halte das Gesetz für einen absolut richtigen Schritt in die richtige Richtung.“ Der Entwurf enthalte „viele Erleichterungen“.
Da die Stromsteuer auch den Sinn habe, Einnahmen für den Staat zu generieren, seien Berichtspflichten der Unternehmen nötig. Ohne Bürokratie gehe es nicht.
VKU warnt vor steigenden Abwasserentgelten
Mustafa Baris Gök vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU), ebenfalls auf Vorschlag der SPD-Fraktion geladen, lobte die „Vereinheitlichung der Rechtslage für Ladesäulen“. In der schriftlichen Stellungnahme des VKU heißt es zu den neuen Regelungen für die E-Mobilität: „Aus Sicht der kommunalen Energieversorgungsunternehmen sind diese Regelungen eine erhebliche Vereinfachung in Bezug auf die stromsteuerliche Behandlung von Ladevorgängen im Rahmen der E-Mobilität.“ Gök nannte dies „einen großen Wurf“, mit dem die Preise für Ladestrom sinken könnten, da nun mehr Anbieter bereit sein könnten, Ladesäulen zu errichten und so der Wettbewerb um Kunden steigen könne.
Allerdings äußert der VKU auch Kritik am Gesetzentwurf und warnt vor steigenden Abwasserentgelten für Unternehmen und Verbraucher. Für seine Mitgliedsunternehmen sei „wohl der wichtigste Punkt der Wegfall der Steuerbefreiung für Strom aus Klär-, Deponiegas und Biomasse“. In der Stellungnahme heißt es dazu weiter: „Wir bitten die Mitglieder des Finanzausschusses, dem Bundestag zu empfehlen, dass für Strom aus Klär-, Deponie- und Biogas Stromsteuer maximal in Höhe des europäischen Mindeststeuersatzes von 0,5 Cent je Megawattstunde anfällt, um Wirtschaft und Letztverbraucher nicht zusätzlich zu belasten und Inflationsrisiken nicht zu erhöhen.“
„Wir sehen das Bemühen, Bürokratie abzubauen“
Als „fatales Signal“ bezeichnete es Tanja Utescher-Dabitz vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), geladen auf Vorschlag der FDP-Fraktion, dass die Steuerbefreiung im Bereich der Fernwärme teilweise aufgehoben werden solle. Strom werde dort eingesetzt, um Wärmeverlust zu vermeiden. Das solle künftig nur noch steuerfrei sein, wenn die Wärme für das produzierende Gewerbe genutzt werde. Utescher-Dabitz sprach von „aufwändiger Abgrenzung“ und plädierte für die Streichung.
Insgesamt erklärte sie: „Wir sehen das Bemühen, Bürokratie abzubauen“, aber der Gesetzentwurf beinhalte auch mehr Bürokratieaufwand. Utescher-Dabitz forderte eine generelle Senkung der Stromsteuer für Unternehmen und Verbraucher, auch um die Akzeptanz der Energiewende zu erhöhen. „Grundsätzlich gute Regelungen“ machte auch sie im Bereich der E-Mobilität aus. Auch die technologieoffene Ausweitung der Definition von Stromspeichern lobte sie. (bal/09.10.2024)