Aktuelle Stunde

Aussprache über Grundsicherung statt Bürgergeld

Die Unionsfraktion will statt des Bürgergeldes eine neue Grundsicherung einführen. Diese solle wirklich Bedürftigen, wie beispielsweise Erwerbsgeminderten, zugutekommen, sagte Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) während einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Lehre aus der Europawahl ziehen – Neue Grundsicherung statt Bürgergeld“ am Donnerstag, 13. Juni 2024. Wer aber arbeiten kann, müsse auch arbeiten gehen, betonte er. 

Redner der Ampelfraktionen wie auch der AfD-Fraktion hielten der Union entgegen, selber für die Einführung des Bürgergeldes gestimmt zu haben. Von SPD, Grünen und der Linken kam zudem der Vorwurf, die Union spiele die Armen und die Ärmsten gegeneinander aus. 

CDU/CSU: Überall fehlen Arbeitskräfte

Seit Einführung des Bürgergeldes seien 200.000 Menschen mehr im Bürgergeldbezug als zum Start im Jahr 2023, sagte Linnemann. Dieser Befund wiege besonders schwer, da hunderttausende Stellen in Deutschland offen seien. „Überall fehlen Arbeitskräfte“, sagte der Unionsabgeordnete. Das betreffe den Hotelbereich, die Logistik, die Gastronomie, den Einzelhandel. Das Prinzip „Fördern und Fordern“ sei zudem de facto ad acta gelegt worden, da der neue Kooperationsplan im Bürgergeld rechtlich unverbindlich sei. 

Das Programm Job-Turbo, dass das Ziel verfolge, Flüchtlinge in Arbeit zu bringen, sei ein Flop-Turbo, so Linnemann. Im Gebäudereinigungsbereich, wo fast einhunderttausend Stellen unbesetzt seien, „konnte keine einzige Person aus dem Programm auf eine dieser Stellen vermittelt werden“. 

SPD: Menschen weiterbilden und qualifizieren

Annika Klose (SPD) sieht bei der Unionsfraktion einen „populistischen Zungenschlag“. Das Bürgergeld sei kein bedingungsloses Grundeinkommen, machte sie klar. Es befördere auch keinen Sozialmissbrauch, was Experten bestätigen würden. Zudem gebe es auch im Bürgergeld Sanktionen, die aber nicht die Lösung aller Problem seien. „Das Bürgergeld ist auch keine soziale Hängematte“, sagte Klose. Dreh- und Angelpunkt des Gesetzes sei die Weiterbildung und Qualifizierung von Menschen. 

„Hören Sie endlich auf, Menschen, die wenig haben, gegen Menschen, die gar nichts haben, auszuspielen“, sagte die SPD-Abgeordnete an die Union gewandt. „Damit machen Sie das Geschäft derjenigen, die hier ganz rechts außen sitzen.“

AfD: Bürgergeld ist eine Katastrophe

Das Bürgergeld sei sehr wohl ein verkapptes bedingungsloses Grundeinkommen, befand hingegen Norbert Kleinwächter (AfD). Das Bürgergeld sei eine Katastrophe, insofern sei der Union recht zu geben. Es werde zur Hälfte von Leuten bezogen, „die gar keine Bürger sind“. Das Bürgergeld sei auch wesentlich teurer als von der Bundesregierung eingeschätzt, „weil wir ja wissen, dass Rot und Grün nicht rechnen können“. 

Richtig sei das Konzept der aktivierenden Grundsicherung der AfD, betonte Kleinwächter. Damit würden die Menschen tatsächlich aktiviert. Es sei schön, dass die Union nun Grundsicherung statt Bürgergeld fordere. 

Grüne:  Union hat keine klare Haltung

Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: „Ich bin stolz darauf, dass wir einen Sozialstaat haben, der Menschen unterstützt, wenn sie in Schwierigkeiten geraten.“ Der Union warf er vor, keine klare Haltung zu haben. Wenn vom Lohnabstand die Rede sei, so der Grünen-Abgeordnete, bedeute das, dass es anständige Löhne in Deutschland brauche. Beim CDU-Parteitag im Mai habe der stellvertretende Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann „exakt das gefordert, was wir wollen“: eine Reform des Mindestlohns, der bei 60 Prozent des Medianlohns liegen müsse – also bei aktuell 14 Euro. 

„Was gilt nun?“, fragte Audretsch. Wolle die Union vernünftige Löhne und damit einen Lohnabstand oder nicht? „Sie haben keine Antworten, weil Sie nur darauf aus sind, Unfrieden in die Gesellschaft zu tragen“, sagte er. 

FDP: Es braucht ein Fairness-Update

Seine Fraktion lasse es nicht kalt, wenn statistisch erwiesen ist, dass sechs Prozent weniger Menschen in Arbeit vermittelt werden, sagte Jens Teutrine (FDP). Es sei sozial, wenn Menschen von ihrer eigenen Arbeit statt von Sozialleistungen leben können. „Wir sind bereit für Korrekturen“, machte er deutlich. Selbstkritik sei ein Zeichen der Stärke und nicht der Schwäche. Es brauche ein Fairness-Update, so Teutrine. „Wir erwarten eine Nullrunde, damit sich arbeiten lohnt.“ Es könne nicht sein, dass Sozialleistungen immer weiter ansteigen. Das schwäche die Erwerbsanreize. 

Gleichzeitig brauche es auch einen Inflationsausgleich bei der Steuer. „Arbeit muss den Unterschied machen“, sagte er. Der FDP-Abgeordnete sprach sich auch für eine frühzeitige Sanktionierung bei abgelehnter Arbeit aus. Da sei ein Gebot der Fairness

Linke:  Union macht Stimmung gegen Erwerbslose

Nach dem Motto „Eure Armut kotzt uns an“ mache die Union Stimmung gegen Erwerbslose, beklagte Janine Wissler (Gruppe Die Linke). Es sei schäbig, Menschen gegeneinander auszuspielen, „statt zu realisieren, dass genau das und die Abstiegsängste von Menschen Rechtsaußenkräfte stärkt“. 

Alexander Ulrich (Gruppe BSW) warf der Union vor, die Axt an den Sozialstaat legen zu wollen. Das Grundproblem der Menschen in Deutschland sei aber nicht das Bürgergeld. Angst hätten die Arbeitnehmer in diesem Land vor der „zunehmenden Deindustrialisierung dieser Bundesregierung“. Die Antwort darauf sei nicht die Kürzung des Bürgergeldes, sondern die Auflösung der Schuldenbremse, um in die Zukunft des Landes investieren zu können, sagte Ulrich.  (hau/13.06.2024)

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