Antrag zur Bekämpfung des politischen Islams beraten
Wer eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, soll die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn er öffentlich zur Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung aufruft, beispielsweise im Wege der Forderung eines islamistischen Gottesstaates. Das fordert die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag mit dem Titel „Den politischen Islam als Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie jetzt wirksam bekämpfen“ (20/11393), der am Freitag, 17. Mai 2024, erstmals im Bundestag beraten wurde.
Ein von der Bundesregierung angeforderter Gesetzentwurf soll nach den Vorstellungen der Unionsabgeordneten gleichzeitig regeln, dass im Falle der öffentlichen Forderung nach einem islamistischen Gottesstaat eine zwingende Regelausweisung eingeführt wird, die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen ist und Leistungsansprüche im Asylbewerberleistungsgesetz und im Sozialrecht erlöschen. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Union warnt vor Ausbreitung des politischen Islams
Alexander Throm (CDU/CSU) warnte vor einer „massiven Ausbreitung des politischen Islams“ in Deutschland. Tausende gingen auf die Straße und forderten ein Kalifat, „eine neue Ordnung unter Islam und Scharia“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aber sei auf Tauchstation gegangen. „Frau Faeser ist im Kampf gegen den Islamismus schlichtweg ein Totalausfall“, befand er. Der Unionsabgeordnete forderte, einen Aktionsplan Politischer Islamismus, vergleichbar zum Aktionsplan Rechtsextremismus, aufzustellen. Der politische Islam dürfe nicht länger unterschätzt werden.
Es müsse strafbar sein, öffentlich einen islamistischen Gottesstaat zu fordern, so Throm weiter. Bei Nichtdeutschen müsse dies zur Regelausweisung führen, „ohne Wenn und Aber“. Wer Islamist sei, „kann auch in einen islamistischen Gottesstaat abgeschoben werden“.
SPD: Beschränkungen für Versammlungen sind möglich
Daniel Baldy (SPD) machte deutlich, dass sich die SPD der Forderung nach einem Kalifat immer entschieden entgegenstellen werde. Festzustellen sei aber auch, dass die meisten der in Deutschland lebenden Muslime ein Kalifat ablehnten und froh seien, in einem Land zu leben, „wo die Demokratie herrscht“.
Was aber die Strafbarkeit des Aufrufes zur Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung angeht, so stünden dem Vorhaben Urteile des Bundesverfassungsgerichts im Wege, „die wir achten“. Tatenlos hinnehmen müsse man aber die Aufrufe zur Kalifatserrichtung dennoch nicht, sagte Baldy. Es könnten sehr wohl Beschränkungen für Versammlungen zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung vorgegeben werden, „wie das auch bei der letzten Demo in Hamburg geschehen ist“.
AfD: CDU ist das eigentliche Problem
Dr. Bernd Baumann (AfD) räumte ein, dass die Richtung des Unionsantrags stimme. Allerdings habe die Union in den Jahren ihrer Regierung „nichts von dem umgesetzt, was sie heute fordert“. Die CDU sei also nicht die Lösung für Deutschland. „Die CDU ist das eigentliche Problem“, sagte der AfD-Abgeordnete. Während sie im Bundestag Anträge gegen den Islamismus stelle, mache sie in den sieben Bundesländern, in denen sie regiere, das Gegenteil. „Die jetzige Migrationspolitik der CDU in den Ländern unterscheidet sich in nichts von Rot-Grün.“
Mit Regierungspartner wie der SPD oder den Grünen, werde sie ihre heutigen Forderungen auch in Zukunft nicht umsetzen können, sage Baumann. Dabei gebe es längst breite bürgerlich-konservative Mehrheiten in Deutschland.
Grüne: Kein Platz für ein Kalifat in Deutschland
Lamya Kaddar (Bündnis 90/Die Grünen) attestierte der Unionfraktion, im Antrag den gleichen kommunikativen Fehler in der Ansprache der Muslime zu machen wie im Grundsatzprogramm der CDU. Die Zugehörigkeit der Muslime zu Deutschland werde an Bedingungen geknüpft, „anders als bei Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften“. Dem Antrag nach sei die kulturelle Vielfalt erst dann ein Gewinn für die Gesellschaft, wenn sich Muslime friedlich und auf dem Boden des Grundgesetzes verhalten. Darin schwinge das Vorurteil mit, dass alle Muslime zunächst einmal unfriedlich seien und nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden.
Die „schwierige Haltung der Union zum Islam“ zeigt sich laut Kaddar unter anderem auch in der inflationären Nutzung der Wortbildung „politischer Islam“. Dies sei inzwischen ein „Kunstbegriff für Islamhasser“ geworden. Die Grünen-Abgeordnete betonte zugleich, dass es in Deutschland keinen Platz für ein Kalifat gebe.
FDP: Antrag zielt nicht auf nachhaltige Lösungen
Mit dem Antrag, so sagte Sandra Bubendorfer-Licht (FDP), ziele die Union auf schnellen Applaus vor der Europawahl statt auf nachhaltige Lösungen für Deutschland. Auch Bubendorfer-Licht forderte, nicht alle Muslime in einen Topf zu werfen. Was die geforderte Abschiebung von Islamisten nach geltendem Recht angeht, so sei die FDP sofort dabei. Es stelle sich ihr aber die Frage, warum dies die CDU-Innenminister in den Ländern nicht längst tun.
Das Vorhaben, Islamisten mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen zu wollen, sei zwar „gut gebrüllt“. Mit der Verfassung sei das aber nicht so leicht vereinbar, wie von der Union behauptet, sagte die FDP-Abgeordnete. Wer einen Kalifatstaat fordert, müsse mit allem bestraft werden, „was der Rechtsrahmen hergibt“. In einem Rechtstaat gelte aber das Recht auf freie Meinungsäußerung, sagte Bubendorfer-Licht.
Antrag der Union
Aktuell werde Deutschland mit Entwicklungen konfrontiert, „auf die unser Rechtsstaat schnellstmöglich eine deutliche Antwort finden muss“, schreibt die Unionsfraktion. In den vergangenen Wochen sei es zu Zusammenkünften und Aufzügen gekommen, bei denen die Abschaffung unserer freiheitlichen Demokratie zugunsten eines islamischen Kalifats und der Einführung der Scharia gefordert worden sei. Die Aufzüge haben aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion im Vergleich zur Vergangenheit ein neues Ausmaß und eine neue Schärfe angenommen.
Vereine und Organisationen, die in Deutschland ein islamistisches System errichten möchten, müssten daher systematisch verboten und deren Betätigung unterbunden werden, heißt es in dem Antrag. Gefordert wird zugleich, das Islamische Zentrum Hamburg umgehend zu schließen und damit eine interfraktionelle Entschließung des Bundestages (20/8736) „endlich umzusetzen“. Außerdem müsse die Bundesregierung unverzüglich einen interministeriellen Aktionsplan erarbeiten und schnellstmöglich geeignete Maßnahmen ergreifen, „um der Radikalisierung vor allem von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden im digitalen Bereich entgegenzuwirken“. (hau/17.05.2024)