Jahresbericht 2023 der Wehrbeauftragten erörtert
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. April 2024, erstmals den Jahresbericht 2023 der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Dr. Eva Högl (20/10500) beraten. Högl stellte ihren Bericht eingangs vor. Im Anschluss an die folgende Aussprache wurde der Wehrbericht zur weiteren Beratung an den federführenden Verteidigungsausschuss überwiesen.
„Truppe altert und schrumpft“
Wie aus dem Bericht hervorgeht, lass auch im zweiten Jahr der Zeitenwende bei der Bundeswehr substanzielle Verbesserungen bei Personal, Material und Infrastruktur auf sich warten. „Die Truppe altert und schrumpft immer weiter“, schreibt Högl. Etliche Verbände hätten große Personalvakanzen. Es mangele an Material „vom Großgerät bis hin zu Ersatzteilen“. Durch die Abgaben an die Ukraine sei der Mangel noch größer geworden. Die Infrastruktur sei vielerorts desaströs.
Hervorzuheben sei aber auch, so die Wehrbeauftragte, dass in vielen Bereichen wichtige Weichen gestellt und Vorhaben auf den Weg gebracht worden seien, „selbst wenn es noch Zeit brauchen wird, bis die Truppe die Ergebnisse hiervon spürt“. Was indes schon spürbar sei, seien die Verbesserungen bei der persönlichen Ausrüstung. „Ich höre bei meinen Truppenbesuchen nun nicht mehr, dass Helme und Schutzwesten fehlen, sondern Spinde“, schreibt Högl. Die neue persönliche Ausrüstung sei so umfassend, dass Lagermöglichkeiten nicht reichten.
Bundeswehr an der Belastungsgrenze
Sorgen macht der Wehrbeauftragten die enorme Belastung der Truppe. Die Vielzahl und Vielfalt der Aufträge sowie ihre Gleichzeitigkeit brächten die Bundeswehr an die Belastungsgrenze. Nicht selten hätten ihr Soldatinnen und Soldaten von Überstunden im dreistelligen Bereich, mehrmonatigen Abwesenheiten von ihren Familien und fehlenden Phasen der Regeneration berichtet, schreibt Högl.
„Wenn es zu wenig Personal gibt, müssen immer dieselben ran“, heißt es im Bericht. Belastung und Effektivität des Personaleinsatzes stünden bei der Bundeswehr in keinem angemessenen Verhältnis. Im Berichtsjahr hätten 181.514 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr gedient. Das seien 1.537 weniger als im Vorjahr, womit sich die rückläufige Entwicklung der letzten Jahre fortsetze.
Die Bundeswehr sei in den vergangenen Jahren bemüht gewesen, die Nachwuchsgewinnung zu verbessern. Es seien zahlreiche Maßnahmen getroffen worden, um den Prozess der Rekrutierung zu optimieren und offensiver zu gestalten. „Leider ist der erhoffte Erfolg bisher nicht eingetreten“, konstatiert Högl. Ein Baustein wäre es aus ihrer Sicht, das Augenmerk noch intensiver auf die Gewinnung von Frauen zu legen, „da deren Potenzial in den Streitkräften noch lange nicht ausgeschöpft ist“.
Ernüchternde Bilanz des Mali-Einsatzes
Die Wehrbeauftragte geht in ihrem Bericht auch auf den im Berichtsjahr 2023 beendeten Auslandseinsatz in Mali ein. Dessen Bilanz falle ebenso ernüchternd aus, wie die des Afghanistan-Einsatzes, urteilt sie. „Der Abzug aus Mali steht sinnbildhaft auch für das Ende eines bedeutenden Kapitals der Bundeswehr“, schreibt Högl. Auslandseinsätze in einem solchen Umfang und Ausmaß würden mit der Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung unwahrscheinlicher. Das Denken in Kontingenten und einer auf Monate, mitunter Jahre im Voraus optimierten Einsatzbereitschaft von Teileinheiten und Einzelpersonal werde der vollständigen Einsatzbereitschaft und Kaltstartfähigkeit von Großverbänden weichen.
Bei der militärischen Unterstützung der Ukraine leiste die Bundeswehr einen beachtlichen Beitrag, heißt es im Wehrbericht weiter. Betont wird darin, dass die Ukraine nicht allein für ihren Staat, ihre Freiheit und ihr Recht auf Selbstbestimmung kämpfe, sondern letztlich die europäische Freiheit verteidige. Der Ukraine bereitgestelltes Material müsse aber schnellstmöglich nachbeschafft werden, um die eigene Auftragserfüllung sicherzustellen, fordert Högl. (vom/hau/25.04.2024)