Debatte zum Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen
Das Parlament hat am Donnerstag, 6. Juli 2023, den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf „zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ (20/7502) in erster Lesung beraten. Nach der Debatte wurde die Vorlage an die Ausschüsse überwiesen. Bei den weiteren Beratungen soll der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz die Federführung übernehmen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Gesetzentwurf soll das Genehmigungsverfahren immissionsschutzrechtlicher Anlagen, insbesondere auch von Erneuerbarer Energien-Anlagen, deutlich beschleunigt werden. So soll künftig unter anderem eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Der Entwurf trage damit dazu bei, die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegte Klimaneutralität zu erreichen, heißt es.
Hierzu seien verschiedene Anpassungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und der Verordnung zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens (9. BImSchV) vorgesehen. Beispielsweise solle Anlagenbetreibern das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren erleichtert werden und eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Daneben würden vor allem auch das Repowering erleichtert und die Rolle des Projektmanagers gestärkt.
Ein Hauptanliegen ist laut Bundesregierung der schnellere Ausbau von Windenergieanlagen an Land und grünen Elektrolyseuren. Durch die Aufnahme des „Klimas“ als Schutzgut in das Bundes-Immissionsschutzgesetz werde zudem klargestellt, dass die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten können. Dies bringe Rechtssicherheit. Daneben diene das Vorhaben der Umsetzung einzelner Vorgaben der Industrieemissions-Richtlinie (2010/75/EU).
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat sieht einzelne geplante Regelungen kritisch und schlägt Änderungen vor. Dies gilt etwa für die Aufnahme des Klimas als Schutzgut: In seiner Stellungnahme, die dem Gesetzentwurf anhängt, merkt, die Länderkammer an, dass die Anforderungen, welche im immissionsschutzrechtlichen Verfahren hinsichtlich des neuen Schutzgutes an die Anlage gestellt werden, nicht klar seien und konkretisiert werden müssten. Einer Forderung, der die Bundesregierung jedoch nicht nachkommen will: In ihrer Gegenäußerung erwidert sie, dass die Aufnahme des Klimaschutzes in die Zweckbestimmung des Gesetzes der Klarstellung diene. Damit werde die Rechtsgrundlage für künftige konkretisierende Rechtsverordnungen nach Paragraf 7 Bundes-Immissionsschutzgesetz geschaffen, „die gemeinsam mit den Ländern zu erarbeiten und mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sein werden“.
Zustimmend äußert sich die Bundesregierung etwa zu einem Änderungsvorschlag des Bundesrats zur Digitalisierung der Genehmigungsverfahren: Dieser hatte in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es der vollständigen Digitalisierung bedürfe, um die Verfahren insgesamt wirksam zu beschleunigen. Derzeit würden bundesweit für die elektronische Antragstellung die entsprechenden Fachverfahren und Onlinezugänge geschaffen. Für die Nutzung dieser Möglichkeiten müssten Genehmigungsbehörden aber auch berechtigt sein, eine elektronische Antragstellung zu fordern und dafür technische Vorgaben zu machen, mahnt der Bundesrat.
Insgesamt betont die Länderkammer, dass es für das Erreichen der Klimaschutzziele und für die Sicherung der Energieversorgung nicht nur beschleunigter Zulassungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen brauche, sondern auch für „die Gesamtheit industrieller Anlagen, die an eine klimaneutrale Produktionsweise angepasst werden müssen“. (hau/eis/ste/06.07.2023)
Experten: Nachbesserungsbedarf bei Genehmigungsverfahren
Zeit:
Mittwoch, 20. September 2023,
11
bis 13 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 700
Vereinfachte Genehmigungsverfahren, schnellerer Ausbau von Erneuerbare-Energien-Anlagen wie etwa Windkraftanlagen oder Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff – darauf zielt der Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz“ (20/7502). Experten jedoch sehen bei dem Vorhaben teils noch erheblichen Nachbesserungsbedarf, wie eine öffentliche Anhörung am Mittwoch, 20. September 2023, im Umweltausschuss gezeigt hat. Dabei begrüßten die Sachverständigen grundsätzlich die Intention des Entwurfs, immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Die Umsetzung wurde jedoch kritisiert – aus unterschiedlichen Gründen.
Kritik an geplanten „neuen Pflichten“
So wandte sich Nadine Schartz vom Deutschen Landkreistag vehement gegen einen Großteil der geplanten Verfahrensänderungen: Sie würde nicht für schnellere Verfahren sorgen, sondern „genau das Gegenteil bewirken“. Die geplanten „neue Pflichten“ etwa zur Rechenschaft, Information und Weiterleitung würden Behörden hindern, ihrer eigentlichen Tätigkeit, der Genehmigung, nachzugehen, warnte Schartz. Ohnehin nehme die Komplexität der Verfahren durch ständige neue Rechtsänderungen zu und drohe die Kapazitäten von Behörden und Antragstellern zu sprengen.
Die Expertin riet, von einem Großteil der Regelungen „Abstand zu nehmen“ und statt neuer Vorschriften lieber „Ruhe in den Prozess zu bringen“. Verantwortlich für zu langsame Verfahren seien im Übrigen nicht nur die Behörden, sondern oft auch unvollständig eingereichte Antragsunterlagen.
Typenänderungen und Vorbescheide nach Paragraf 9
Katharina Graf vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdev) betonte die Notwendigkeit, die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen zu beschleunigen, sonst verfehle Deutschland seine Ausbau- und Klimaschutzziele. Großes Potenzial böte etwa ein „einfaches Verfahren für Typenänderungen“. Wenn der ursprünglich beantragte Typ einer Windkraftanlage technisch überholt sei, müsse es schneller möglich sein, einen Wechsel zu genehmigen.
Auch empfahl die Expertin unter anderem, Vorbescheide nach Paragraf 9 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) mehr zu nutzen und die Anforderungen an die Vollständigkeit von Antragsunterlagen zu konkretisieren. Hier und an anderer Stelle müsse der Entwurf ergänzt werden, sonst erziele er nicht die bezweckte Beschleunigungswirkung.
Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutzverkürzungen
Man unterstütze zwar die geplanten Regelungen zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien oder auch für mehr Digitalisierung der Verfahren, erklärte Dr. Cornelia Nicklas für die Deutsche Umwelthilfe. Doch Vorschläge der Regierung zur Öffentlichkeitsbeteiligung sowie geplante Rechtsschutzverkürzungen widersprächen elementaren Maßstäben, vor allem dem Schutzzweck des BImSchG und materieller Standards. Ein Erörterungstermin beispielsweise lasse sich nicht durch eine Online-Konsultation ersetzen, so Nicklas in ihrer Stellungnahme.
Zudem warnte sie davor, sämtliche immissionsschutzrechtliche Verfahren gleichzeitig zu beschleunigen, wie dies bereits diskutiert werde. „Es ist eine Illusion zu glauben, dass eine flächendeckende Verfahrensbeschleunigung ohne massive Absenkung etablierter Standards möglich ist.“
Beschleunigung für alle Industrieanlagen gefordert
Demgegenüber forderten mehrere Sachverständige, insbesondere die Vertreter von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, genau das: eine generelle Verkürzung der Genehmigungsverfahren für alle industriellen Anlagen. Ihr klimafreundlicher Umbau sei von großer Bedeutung für das Erreichen der Klimaneutralität, argumentierte etwa Catrin Schiffer vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verpasse die Bundesregierung die Chance, die Transformation voranzutreiben. Um den erwarteten Aufwuchs der Genehmigungsverfahren für verfahrenstechnische und bauliche Umrüstungen der Anlagen bis 2030 Herr zu werden, brauche es Änderungen im Umweltverfahrensrecht, forderte Schiffer.
Auch Dr. Karin Hinrichs-Petersen, die für den Kupferkonzern Arubis sprach, plädierte für eine Erweiterung der im Gesetzentwurf vorgesehenen immissionsschutzrechtlichen Änderungen: Sie müssten für alle Industrieanlagen gelten. Ohne die Beschleunigungsmöglichkeiten könnten Unternehmen nicht zum Erreichen der Klima- und Umweltschutzziele beitragen, gab die Sachverständige zu bedenken. Die enge Eingrenzung auf die Erzeugung von erneuerbaren Energien sehe ihr Verband aus „Gleichheitsgründen“ kritisch, betonte auch Verena Wolf vom Verband der Chemischen Industrie. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung und des hohen Transformationsdrucks greife sie auch „viel zu kurz“, so Wolf in ihrer Stellungnahme.
Hauke Dierks von der Deutschen Industrie- und Handelskammer unterstützte diese Forderung und warb dafür, die Verfahrensbeschleunigungen aus dem LNG-Beschleunigungsgesetz und dem Gesetz zur Erleichterung der Brennstoffumstellung zum Vorbild zu nehmen: Erstmalig seien etwa Genehmigungsfiktionen eingeführt, Umweltprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung gebündelt, Doppelprüfungen reduziert und der vorzeitige Baubeginn erleichtert worden. Diese Änderungen hätten die Verfahren erfolgreich beschleunigt und sollten auch im vorliegenden Gesetzentwurf aufgegriffen werden, empfahl Dierks.
Pro und Contra zu Klima als Schutzgut
Auch der Rechtsanwalt Dr. Frank Fellenberg sah im Abbau von Redundanzen die Chance zur Prozessbeschleunigung. Einen wesentlichen Grund für Verzögerungen machte der Experte für Umwelt- und Planungsrecht aber nicht im Verfahrensrecht selbst aus, sondern im materiellen Recht – konkret in den zu prüfenden Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Anlagen. Kritisch äußerte sich Fellenberg auch zur geplanten Ergänzung des „Klimas“ als Schutzgut im Bundes-Immissionsschutzgesetz. Der Klarstellung bedürfe es im Grunde nicht, stattdessen könne sie sogar „falsche Hoffnungen wecken“. Auf das Genehmigungsverfahren wirke sie sich jedenfalls nicht aus. Hierfür brauche es „untergesetzliche Bestimmungen“, die aber fehlten.
Dem stimmte der Jurist Dirk Teßmer zwar zu, beurteilte die Aufnahme des Schutzgutes Klima ins Immissionsschutzrecht dennoch grundsätzlich positiv: Er halte es für „gut und richtig“ den Klimaschutz prominent im BImSchG zu verankern. Der auf Umweltrecht spezialisierte Anwalt warnte davor, im Zuge der Verfahrensbeschleunigung an Zeit und Regelungen zu sparen: Wenn etwa Erörterungstermine zur Beilegung von Konflikten wegfielen, gehe das zulasten der Rechts- und der Investitionssicherheit. Das sei „kontraproduktiv“. Stattdessen plädierte er dafür, Genehmigungsverfahren über eine bessere personelle Ausstattung der Behörden zu beschleunigen.
„Hält klimapolitisch nicht ein, was er verspricht“
Deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung übte schließlich Francesca Mascha Klein von der Umweltrechtsorganisation ClientEarth: „Er hält aus meiner Sicht klimapolitisch nicht ein, was er verspricht“, sagte sie in der Anhörung. In ihm finde sich keine einzige Vorschrift zur zusätzlichen Reduktion von Emissionen. Der Ausbau von Erneuerbare-Energien-Anlage reiche nicht aus.
Wenn es nicht nur bei „schönen Worten“ bleiben solle, müsse nachgebessert werden, riet die Sachverständige. Bislang seien Klimaschutzgesetz und Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Praxis nicht verknüpft: Bei einem Verfehlen der Klimaziele würden Genehmigungen für treibhausgasintensive Vorhaben weiterhin erteilt – für fossile Anlagen sogar noch immer für unbestimmte Zeit, obwohl Deutschland bis spätestens bis 2045 aus der Nutzung dieser Energieträger aussteigen müsse, monierte Klein.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Ziel sei es, die Potenziale des Bundesimmissionsschutzgesetzes effektiver zu nutzen, um die Klimaziele zu erreichen, schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf. Bis 2030 erforderten diese „nahezu eine Verdreifachung der bisherigen Geschwindigkeit der Emissionsminderung“. Konkret ist zum einen vorgesehen, „Klima“ als Schutzgut in das Bundesimmissionsschutzgesetz aufzunehmen. Hierdurch könnten die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten, erklärt die Bundesregierung.
Zum anderen ist geplant, die Genehmigungsverfahren für Anlagen wie etwa Windenergieanlagen an Land und Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff zu beschleunigen. So soll künftig unter anderem eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Auch ist vorgesehen, Anlagenbetreibern das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren zu erleichtern. Ebenfalls vereinfacht werden sollen Genehmigungsverfahren für Repowering.
Darüber hinaus dient das Vorhaben der Umsetzung einzelner EU-rechtlicher Vorgaben: So soll zum einen künftig die Öffentlichkeit an Genehmigungsverfahren beteiligt werden, wenn eine Industrieanlage so geändert oder erweitert wird, dass die Schwellenwerte nach der Industrieemissionsrichtlinie überschritten werden. Zum anderen ist geplant, Überprüfungen und Überarbeitungen der Lärmaktionspläne, die nach bisher geltendem EU-Recht in diesem Jahr stattfinden sollen, zu verschieben. Sie soll laut Gesetzentwurf nun spätestens bis zum 18. Juli 2024 stattfinden.
Stellungnahme des Bundesrats
Der Bundesrat sieht einzelne geplante Regelungen kritisch und schlägt Änderungen vor. Dies gilt etwa für die Aufnahme des Klimas als Schutzgut: In seiner Stellungnahme, die dem Gesetzentwurf anhängt, merkt, die Länderkammer an, dass die Anforderungen, welche im immissionsschutzrechtlichen Verfahren hinsichtlich des neuen Schutzgutes an die Anlage gestellt werden, nicht klar seien und konkretisiert werden müssten.
Einer Forderung, der die Bundesregierung jedoch nicht nachkommen will: In ihrer Gegenäußerung erwidert sie, dass die Aufnahme des Klimaschutzes in die Zweckbestimmung des Gesetzes der Klarstellung diene. Damit werde die Rechtsgrundlage für künftige konkretisierende Rechtsverordnungen nach Paragraf 7 Bundes-Immissionsschutzgesetz geschaffen, „die gemeinsam mit den Ländern zu erarbeiten und mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sein werden“.
Zustimmend äußert sich die Bundesregierung etwa zu einem Änderungsvorschlag des Bundesrats zur Digitalisierung der Genehmigungsverfahren: Dieser hatte in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es der vollständigen Digitalisierung bedürfe, um die Verfahren insgesamt wirksam zu beschleunigen. Derzeit würden bundesweit für die elektronische Antragstellung die entsprechenden Fachverfahren und Onlinezugänge geschaffen. Für die Nutzung dieser Möglichkeiten müssten Genehmigungsbehörden aber auch berechtigt sein, eine elektronische Antragstellung zu fordern und dafür technische Vorgaben zu machen, mahnt der Bundesrat.
Insgesamt betont die Länderkammer, dass es für das Erreichen der Klimaschutzziele und für die Sicherung der Energieversorgung nicht nur beschleunigter Zulassungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen brauche, sondern auch für „die Gesamtheit industrieller Anlagen, die an eine klimaneutrale Produktionsweise angepasst werden müssen“. (sas/20.09.2023)
Debatte zum Stand bei Gesetz zum Immissionsschutz
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ (20/7502) bisher nicht beraten. Das geht aus einem Bericht des Ausschusses (20/10698) hervor, den der Bundestag am Donnerstag, 11. April 2024, beraten hat.
Paragraf 62 Absatz 2 der Geschäftsordnung sieht vor, dass zehn Sitzungswochen nach Überweisung einer Vorlage eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages verlangen können, „dass der Ausschuss durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter dem Bundestag einen Bericht über den Stand der Beratungen erstattet“. Wenn sie es verlangen, ist der Bericht auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Gesetzentwurf soll das Genehmigungsverfahren immissionsschutzrechtlicher Anlagen, insbesondere auch von Erneuerbarer Energien-Anlagen, deutlich beschleunigt werden. So soll künftig unter anderem eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Der Entwurf trage damit dazu bei, die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegte Klimaneutralität zu erreichen, heißt es.
Hierzu seien verschiedene Anpassungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und der Verordnung zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens (9. BImSchV) vorgesehen. Beispielsweise solle Anlagenbetreibern das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren erleichtert werden und eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Daneben würden vor allem auch das Repowering erleichtert und die Rolle des Projektmanagers gestärkt.
Ein Hauptanliegen ist laut Bundesregierung der schnellere Ausbau von Windenergieanlagen an Land und grünen Elektrolyseuren. Durch die Aufnahme des „Klimas“ als Schutzgut in das Bundes-Immissionsschutzgesetz werde zudem klargestellt, dass die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten können. Dies bringe Rechtssicherheit. Daneben diene das Vorhaben der Umsetzung einzelner Vorgaben der Industrieemissions-Richtlinie (2010/75/EU). Zu dem Gesetzentwurf hatte der Umweltausschuss am 20. September 2023 eine öffentliche Expertenanhörung durchgeführt.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat sieht einzelne geplante Regelungen kritisch und schlägt Änderungen vor. Dies gilt etwa für die Aufnahme des Klimas als Schutzgut: In seiner Stellungnahme, die dem Gesetzentwurf anhängt, merkt die Länderkammer an, dass die Anforderungen, welche im immissionsschutzrechtlichen Verfahren hinsichtlich des neuen Schutzgutes an die Anlage gestellt werden, nicht klar seien und konkretisiert werden müssten.
Einer Forderung, der die Bundesregierung jedoch nicht nachkommen will: In ihrer Gegenäußerung erwidert sie, dass die Aufnahme des Klimaschutzes in die Zweckbestimmung des Gesetzes der Klarstellung diene. Damit werde die Rechtsgrundlage für künftige konkretisierende Rechtsverordnungen nach Paragraf 7 Bundes-Immissionsschutzgesetz geschaffen, „die gemeinsam mit den Ländern zu erarbeiten und mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sein werden“. (hau/sas/ste/11.04.2024)
Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz beschlossen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 6. Juni 2024, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ (20/7502) angenommen. 377 Abgeordnete stimmten für den Entwurf in der vom Umweltausschuss geänderten Fassung. 257 Abgeordnete lehnten die Vorlage ab und neun Parlamentarier enthielten sich der Stimme. In der Debatte lobten Abgeordnete der Koalitionsfraktionen den Entwurf als „Genehmigungsturbo“, der jetzt für Deutschland gezündet werde, während die Opposition die Vorlage kritisierte.
Im Rahmen der Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (20/11657) wurde darüber hinaus eine Entschließung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum von CDU/CSU und AfD bei Enthaltung der Gruppe Die Linke angenommen, die beim sogenannten Repowering von Windkraftanlagen den Betrieb von Altanlagen bis zu deren Ablösung durch neue Anlagen ermöglichen soll. Ein ebenfalls zur Abstimmung vorgelegter Entschließungsantrag der Unionsfraktion (20/11658) zu dem Regierungsentwurf wurde mit der Mehrheit des Bundestages gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Grüne: Größte Novelle seit 30 Jahren
Tessa Ganserer(Bündnis 90/Die Grünen) sagte, mit der Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes würden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um bei der ökologischen Transformation an Tempo zuzulegen. Mit den vorliegenden Änderungsanträgen handele es sich um die größte Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes seit 30 Jahren. Sämtliche Genehmigungsverfahren würden digitalisiert, vereinfacht und entbürokratisiert. Dabei blieben die Umweltstandards gleich, und Öffentlichkeitsbeteiligung und effektiver Rechtsschutz blieben bestehen.
Ganserers Fraktionskollegin Linda Heitmann ergänzte, dass mit dem Gesetz zudem die EU-weite Zusammenarbeit beim Klimaschutz gestärkt und EU-Recht ambitioniert und bestmöglich umgesetzt werde.
SPD: Ein Booster für Wirtschaftswachstum
Daniel Rinkert (SPD) erklärte, aus einem sehr guten Gesetzentwurf habe man im parlamentarischen Verfahren „ein richtig wuchtiges Planungsbeschleunigungs- und starkes Investitionsgesetz“ gemacht. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz sei ein Booster für Wirtschaftswachstum, gute Arbeitsplätze, aber auch für Klima- und Umweltschutz. Das Gesetz sei ein wichtiger Schritt zur Modernisierung Deutschlands. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum würden verbunden und große Teile des Bund-Länder-Paktes würden umgesetzt. Das Gesetz sei „ein echter Turbo“ für neues, nachhaltiges Wachstum von Industrie und Wirtschaft und ein „Superturbo“ für den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen und Wasserstoffinfrastruktur.
Rinkerts Fraktionskollege Carsten Träger ergänzte, dass mit dem Gesetz die Industrie in die Pflicht genommen werde, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden. Viele Verfahren würden vereinfacht, digitalisiert, und die Fristen würden verkürzt.
FDP: Alle Vorhaben werden beschleunigt
Judith Skudelny (FDP), die von einem „Genehmigungsturbo“ sprach, betonte, dass mit dem Gesetz Unternehmen und den Unternehmern eine Perspektive in Deutschland gegeben werde. Vom Sportplatz über die erneuerbaren Energien bis hin zu dem Chemiepark: Alle Vorhaben in Deutschland würden ohne Abstriche beim Naturschutz merklich beschleunigt.
„Wir räumen den Weg frei für alle, die in Deutschland und für Deutschland Investitionen tätigen wollen“, sagte Skudelny. Trotzdem nörgele die Union an dem Gesetz herum und wolle „all die guten Punkte“ in Gänze ablehnen.
CDU/CSU: Das Gesetz atmet einen grünen Geist
Für Steffen Bilger (CDU/CSU) kommt das, was die Ampelkoalition bei der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren liefere, zu spät. Der Gesetzentwurf beinhalte gute Punkte, gegen die die Unionsfraktion nichts einzuwenden habe, sei aber bei Weitem nicht ausreichend. Deutschland stecke in einer veritablen wirtschaftlichen Krise, nicht nur wegen externer Faktoren und einer schwierigen Weltlage, sondern zuallererst aufgrund des Totalausfalls der Wirtschaftspolitik der Regierung. Es sei „unverkennbar ein grüner Geist, den dieses Gesetz atmet“. Für Ulrich Lange, der ebenfalls für die Unionsfraktion sprach, stand das Gesetzgebungsverfahren nicht für „Turbo“, sondern für das, wofür die Koalition stehe, nämlich Streit, Uneinigkeit, Schneckentempo und Minimalkompromiss. Mehr unbestimmte Rechtsbegriffe würden das Gesetz klageanfällig machen.
Langes Fraktionskollegin Anja Karliczek ergänzte, was ihre Fraktion letztendlich dazu bewogen habe, den Entwurf abzulehnen, sei die Aufnahme des Klimas als Schutzgut in das Gesetz gewesen. Aber wenn neben den bekannten Schutzgütern auch noch das Klima aufgenommen werde, dann werde das dazu führen, dass keine Genehmigungsbehörde ohne eine klare und eindeutige Definition und Formulierung des Schutzgutes Klima eine Genehmigung erteilen werde.
AfD: Zerstörung der Wirtschaft mit religiösem Eifer
Thomas Ehrhorn (AfD) sagte, wer auf eine Lernkurve der Regierung hoffe, werde leider auch bei diesem „Ideologieprojekt“ wieder enttäuscht: Die Koalition treibe „das Zerstörungswerk unserer Wirtschaft mit geradezu religiösem Eifer“ weiter voran.
So erkläre sich auch das Kernanliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs, nämlich „die als lästig empfundenen Verzögerungen für den grenzenlosen Ausbau von Erneuerbare-Energie-Anlagen mit aller Macht aus dem Weg zu räumen“.
Linke: Ressourcen für die Umsetzung fehlen
Susanne Hennig-Wellsow (Gruppe Die Linke), begrüßte, dass die Koalition den Klimaschutz als Ziel in das Immissionsschutzgesetz aufnehmen möchte. Aber ein Gesetz zu beschließen, für dessen Umsetzung die finanziellen, personellen und fachlichen Ressourcen sichtbar nicht vorhanden seien, gehe nicht.
Dr. Jan-Niclas Gesenhues, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, sagte, mit dem Gesetz werde korrigiert, dass die Vorgängerregierung den Kampf gegen die Klimakrise sowie die Verfahrensbeschleunigung sträflich vernachlässigt habe. Umwelt- und Naturschutz seien mit dem zügigen Ausbau der Erneuerbaren vereinbar: „Wir stellen das mit diesem Gesetz unter Beweis“, sagte Gesenhues.
Entschließung verabschiedet
In der vom Bundestag verabschiedeten Entschließung wird die Bundesregierung aufgefordert, sich mit den Ländern und den Verbänden zum Vollzug der neuen Regelungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz auszutauschen und, wo notwendig, zusätzliche Vollzugshilfen im Sinne des Gesetzes zu erarbeiten.
Zudem soll die Regierung einen Gesetzentwurf zur nationalen Umsetzung der EU-Industrieemissionsrichtlinie vorlegen und dabei die Vorgaben eins zu eins umsetzen. Die Verordnung zu den Vorgaben der Abwärmenutzung im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung sei zeitnah vorzulegen und der Arten- und Naturschutz müsse als existenzielle Wirtschaftsgrundlage anerkannt werden.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die Bundesregierung will mit dem Gesetzentwurf Genehmigungsverfahren nach dem Immissionsschutzrecht vereinfachen, damit zum Beispiel Windkraftanlagen schneller gebaut werden können. Ziel sei es, die Potenziale des Bundesimmissionsschutzgesetzes effektiver zu nutzen, um die Klimaziele zu erreichen. Bis 2030 erforderten diese „nahezu eine Verdreifachung der bisherigen Geschwindigkeit der Emissionsminderung“.
Konkret wird „Klima“ als Schutzgut in das Bundesimmissionsschutzgesetz aufgenommen. Hierdurch könnten die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten, erklärt die Bundesregierung.
Schnellere Genehmigungsverfahren
Zum anderen ist geplant, die Genehmigungsverfahren für Anlagen wie etwa Windenergieanlagen an Land und Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff zu beschleunigen. So ist künftig unter anderem eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich. Anlagenbetreibern wird das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren erleichtert. Ebenfalls vereinfacht wurden Genehmigungsverfahren für das sogenannte Repowering, das Ersetzen älterer Anlagen durch moderne.
Darüber hinaus werden mit dem Gesetz einzelne EU-rechtliche Vorgaben in deutsches Recht umgesetzt. So wird zum einen künftig die Öffentlichkeit an Genehmigungsverfahren beteiligt, wenn eine Industrieanlage so geändert oder erweitert wird, dass die Schwellenwerte nach der Industrieemissionsrichtlinie überschritten werden. Zum anderen werden Überprüfungen und Überarbeitungen der Lärmaktionspläne, die nach bisher geltendem EU-Recht in diesem Jahr stattfinden sollten, verschoben. Sie sollen nun spätestens bis zum 18. Juli 2024 stattfinden.
Änderungen im Umweltausschuss
Der Umweltausschuss hatte dem Gesetzentwurf am Mittwoch, 5. Juni, zugestimmt. Für den Regierungsentwurf stimmten im Ausschuss die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, während die CDU/CSU-Fraktion, die AfD-Fraktion und die Gruppe Die Linke dagegen votierten.
Zuvor hatte der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP angenommen, mit dem die geplanten Erleichterungen im Genehmigungsverfahren nun nicht nur – wie in der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs – für Windenergieanlagen und Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff gelten, sondern auch für alle anderen Industrieanlagen, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt werden. Besonders profitieren sollen jedoch weiterhin Erneuerbare-Energien-Anlagen, sie erhielten in einzelnen Punkten extra Erleichterungen.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat hat einzelne geplante Regelungen kritisch gesehen und Änderungen vorgeschlagen. Dies gilt etwa für die Aufnahme des Klimas als Schutzgut: In seiner Stellungnahme, die dem Gesetzentwurf beigefügt ist, merkt die Länderkammer an, dass die Anforderungen, welche im immissionsschutzrechtlichen Verfahren hinsichtlich des neuen Schutzgutes an die Anlage gestellt werden, nicht klar seien und konkretisiert werden müssten.
Eine Forderung, der die Bundesregierung jedoch nicht nachkommen will: In ihrer Gegenäußerung erwidert sie, dass die Aufnahme des Klimaschutzes in die Zweckbestimmung des Gesetzes der Klarstellung diene. Damit werde die Rechtsgrundlage für künftige konkretisierende Rechtsverordnungen nach Paragraf 7 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geschaffen, „die gemeinsam mit den Ländern zu erarbeiten und mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sein werden“.
Gegenäußerung der Bundesregierung
Zustimmend äußert sich die Bundesregierung etwa zu einem Änderungsvorschlag des Bundesrates zur Digitalisierung der Genehmigungsverfahren: Dieser hatte in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es der vollständigen Digitalisierung bedürfe, um die Verfahren insgesamt wirksam zu beschleunigen. Derzeit würden bundesweit für die elektronische Antragstellung die entsprechenden Fachverfahren und Onlinezugänge geschaffen. Für die Nutzung dieser Möglichkeiten müssten Genehmigungsbehörden aber auch berechtigt sein, eine elektronische Antragstellung zu fordern und dafür technische Vorgaben zu machen, mahnt der Bundesrat.
Insgesamt betont die Länderkammer, dass es für das Erreichen der Klimaschutzziele und für die Sicherung der Energieversorgung nicht nur beschleunigter Zulassungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen brauche, sondern auch für „die Gesamtheit industrieller Anlagen, die an eine klimaneutrale Produktionsweise angepasst werden müssen“. (mwo/sas/07.06.2024)