Nancy Faeser: Neustart in der Migrationspolitik
Die Bundesregierung hat sich einen Neustart in der Migrationspolitik vorgenommen, berichtete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch, 20. September 2023, in der Regierungsbefragung des Bundestages. Die Flucht vor Terror und Krieg, aber auch für ein besseres Leben nehme zu. Zum Neustart gehöre eine stärkere Steuerung und Ordnung des Migrationsgeschehens. Ein entscheidender Schritt sei die Einigung auf europäischer Ebene zum gemeinsamen europäischen Asylsystem gewesen. In Zukunft solle bereits an den europäischen Außengrenzen über Menschen mit einer geringen Aussicht auf Schutz entschieden werden, um so irregulärer Migration entgegenzuwirken.
Die Bundespolizei kontrolliere mit mobilen Teams an den Grenzen, sagte die Ministerin. Man sei zurzeit sehr erfolgreich darin, unerlaubte Einreise zu erkennen und zu unterbinden. Rückführungen sollen erleichtert, Ausreisepflichtige konsequent abgeschoben werden. Darüber hinaus gehe man entschlossen gegen Schleuserkriminalität vor. Man werde eine operative Analysezentrale bei der Bundespolizei einrichten und mit den Nachbarstaaten eine neue Task-Force gründen, um den Fahndungsdruck deutlich zu erhöhen, betonte Faeser.
Stark-Watzinger: Wieder mehr BAföG-Empfänger
Neben der Innenministerin stellte sich auf die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger (FDP) den Fragen der Abgeordneten. Sie teilte mit, dass die Zahl der BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger wieder steigt. Jeder Euro für Bildung und Forschung sei gut investiert, das Steuergeld müsse gezielt eingesetzt werden. Die Regierung wolle aber nicht nur Strategien schreiben, sondern auch den Transfer schaffen.
Im Hinblick auf die Künstliche Intelligenz müssten Deutschland und Europa agieren, nicht reagieren. Nur wenn man zur Spitze gehöre, könne man konkurrenzfähig sein. Mit dem Wachstumschancengesetz würden die steuerliche Forschungsförderung massiv ausgeweitet und hoch attraktive Anreize für Innovationen geschaffen. Zwei Drittel von Forschung und Entwicklung komme aus der Wirtschaft.
Abberufung des früheren BSI-Präsidenten Schönbohm
Der CDU-Abgeordnete Josef Oster, aber auch die AfD-Abgeordneten Martin Hess und Stephan Brandner bezogen sich in ihren Fragen auf den Auftritt von Ministerin Faeser im zuvor tagenden Innenausschuss, indem es um die Umstände der Abberufung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Arne Schönbohm im Oktober vergangenen Jahres ging. Oster wollte von Faeser wissen, wann sie sich bei Schönbohm entschuldigen wolle.
Die Ministerin erwiderte, sie habe im Ausschuss alle Fragen umfassend beantwortet und Vorwürfe ausgeräumt. Hess und Brandner fragten die Ministerin konkret nach dem Zeitpunkt ihres Rücktritts. Faeser entgegnete, die AfD schüre Ängste in der Bevölkerung und habe einfache Antworten auf Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gebe.
Staatsbürgerschaftsrecht und Kampf gegen Rechts
Dr. Gottfried Curio (AfD) fragte die Ministerin nach einem Wahlrecht für Migranten nach sechsmonatigem Aufenthalt, was er für verfassungswidrig halte. Faeser machte klar, dass sie kein Wahlrecht für Asylbewerber wolle. Die Bundesregierung habe das Staatsbürgerschaftsrecht anderen europäischen Staaten nachempfunden und einen Gesetzentwurf vorgelegt, der von der Wirtschaft sehr begrüßt werde.
Den Kampf gegen den Rechtsextremismus thematisierte Uli Grötsch (SPD). Gerade sei die extremistische Gruppe der „Hammerskins“ verboten worden. Faeser sagte, die stärkste Bedrohung für die demokratische Grundordnung gehe von Rechts aus. Das Verbot sei ein wichtiger Schlag zur Verteidigung der Demokratie und ein wichtiger Schritt zum Schutz der demokratischen Grundordnung in Deutschland gewesen. Das Demokratiefördergesetz der Bundesregierung werde zur Stärkung der Demokratie führen, so Faeser auf eine Nachfrage Grötschs.
Demokratieförderung und Bevölkerungsschutz
Janine Wissler (Die Linke) wies hingegen auf Haushaltskürzungen bei der Demokratieförderung, beim Bevölkerungsschutz und bei der Migrationsberatung hin. Der Haushaltsentwurf sehe vor, dass bei der Bundeszentrale für politische Bildung ein Fünftel der Mittel gekürzt würden. Viele Träger stünden dadurch vor dem Aus. Faeser erwiderte, am Aktionsplan gegen Rechts werde sich nichts tun, mit Hilfe von Ausgaberesten werde die politische Bildung aufrechterhalten werden können.
Auch beim Sport werde es keine Kürzungen geben, wie Wissler befürchtet hatte. „Wir finden gute Lösungen im parlamentarischen Verfahren“, sagte die Ministerin. Mit 12,9 Milliarden Euro sei ihr Haushalt 2024 annähernd gleich ausgestattet wie in diesem Jahr mit 13,1 Milliarden Euro. Wenn Konjunkturmittel wie etwa für die Special Olympics World Games im Juni 2023 in Berlin wegfallen, stelle dies keine Kürzung dar. Die Sportverbände würden nicht weniger Geld erhalten.
Manuel Höferlin (FDP) sprach den Ausbau des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zur Zentralstelle für Bevölkerungsschutz an. Die Ministerin sagte, das gemeinsame Kompetenzzentrum der Länder mit dem Bund sei auf den Weg gebracht worden. Die Feuerwehren säßen nun mit am Tisch, was eine gute Veränderung sei. Faeser dankte in diesem Zusammenhang den Feuerwehren für ihr Engagement. Für sie sei wichtig, dass alle Länder sich beteiligen, so die Ministerin auf eine Nachfrage Höferlins. Zur Resilienzsteigerung müsse noch viel getan werden, um auch besser gegen physische Angriffe gewappnet zu sein.
Leon Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) fragte die Ministerin, wann der Punkt erreicht sei, dass sie eine Verordnung über den Zivilschutz erlassen werde. Faeser entgegnete, sie glaube, mit Kooperation schneller voranzukommen. Für sie sei eine stärkere Vertretung aller Länder im Kompetenzzentrum wichtig.
BAföG-Bedarfssätze und Strukturreformen
Die meisten Fragen an die Bildungs- und Forschungsministerin befassten sich mit der Zukunft der Bundesausbildungsförderung (BAföG). Laura Kraft (Bündnis 90/Die Grünen) wollte wissen, wann die Studierenden mit einer BAföG-Novelle rechnen können. Stark-Watzinger betonte, die freie Wahl des Bildungsweges dürfe nicht an der Finanzierung scheitern. Bei den Strukturveränderungen gehe es darum, den Wechsel der Fachrichtung zu bestreiten, was noch in dieser Wahlperiode erreicht werden soll.
Anders als beim Bürgergeld würden die Bedarfssätze im BAföG nicht automatisch angepasst, so die Ministerin gegenüber der Grünen-Abgeordneten Nina Stahr. Sie würden aber in Abständen überprüft und angepasst. Die Ministerin erinnerte in diesem Zusammenhang an die Heizkostenzuschüsse, die für BAföG-Empfängerinnen und-Empfänger auf den Weg gebracht worden seien.
Der SPD-Abgeordneten Dr. Lina Seitzl teilte Stark-Watzinger mit, dass der Wohnkostenzuschlag auf elf Prozent angehoben worden sei und man dabei sei, strukturelle Veränderungen bis zum Ende der Wahlperiode zu erarbeiten. Gegenüber dem CDU-Abgeordneten Thomas Jarzombek wies sie auf längere BaföG-Laufzeiten während der Corona-Pandemie hin, der CSU-Abgeordneten Katrin Staffler sicherte sie zu, dass junge Menschen das bekommen sollen, was ihnen zusteht, nämlich 250 Euro mehr.
Sanierungsstau und Corona-Folgen
Nicole Gohlke (Die Linke) wollte wissen, ob es ein Sondervermögen zur Beseitigung des Sanierungsstaus in der Bildungsinfrastruktur geben könne. Stark-Watzinger erwiderte, die Kommunen seien stark belastet, im föderalen System seien aber die Länder zuständig. Für einen solchen Vorschlag müsste eine Finanzreform die Grundlage schaffen. Der Bund unterstütze die Länder dabei, Lehre und Forschung besser zu ermöglichen, sagte Stark-Watzinger auf eine Frage Lina Seitzls. Er helfe den Ländern, Schulen so auszustatten, wie es modern und zeitgemäß sei, so die Ministerin auf eine Frage des CDU-Abgeordneten Lars Rohwer.
Stephan Albani und Thomas Jarzombek (beide CDU/CSU) fragten nach der Forschung zu Post-Covid, Long-Covid und ME/CFS. Stark-Watzinger kündigte an, dass 43 Millionen Euro in die Forschung zu diesen Krankheiten gesteckt werden sollen. Man befinde sich mit Experten im Austausch, etwa über Forschungslücken, so die Ministerin gegenüber der Grünen-Abgeordneten Laura Kraft. Der AfD-Abgeordneten Nicole Höchst versicherte sie, dass es Schul-, Hochschul- und Kita-Schließungen nicht mehr geben dürfe. Das Beste für die Kinder sei Normalität. (vom/20.09.2023)