Sachverständige warnt vor Abkehr von Sektorzielen im Klimaschutzgesetz
Zeit:
Mittwoch, 5. Juli 2023,
17.15 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 700
Die verbindlichen Sektorziele des Klimaschutzgesetzes dürfen nicht wie geplant abgeschwächt werden. Diese Forderung erhob Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland und Mitglied der Klima-Allianz Deutschland, am Mittwoch, 5. Juli 2023, während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. „Der Bestand von Sektorzielen, jenseits des Monitorings, ist ein ganz wesentliches Element, um Maßnahmen klarer langfristig definieren zu können“, sagte sie. Die Ressortverantwortlichkeit schaffe eine Verbindlichkeit und die Notwendigkeit für Sofortprogramme. Sollte es zur Abkehr von den Sektorzielen kommen, sei eine verzögerte Nachsteuerung zu erwarten. Aus ihrer Sicht müsste aber noch frühzeitiger nachgesteuert werden, „nicht erst nach zwei Jahren“. Hier hoffe die Klima-Allianz Deutschland auf Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren.
„Fast alle Berichte sind verzögert“
Langfristig brauche es bessere Mechanismen für mehr Verbindlichkeit. Gerade bei der Berichtslegung gebe es ein großes Problem. „Fast alle Berichte sind verzögert“, kritisierte Raddatz. So sei in der vergangenen Woche die Vorlage des Klimaschutzberichts 2022 vorgesehen gewesen, was aber nicht geschehen sei. So werde es schwierig, die Verbindlichkeit herzustellen und Maßnahmen zu verabschieden. „Das muss besser werden“, forderte sie.
Die WWF-Klimachefin äußerte sich vor den Abgeordneten auch zur Klimaschutzgesetzgebung in anderen europäischen Staaten. Lediglich in Belgien, Zypern, Tschechien, Polen und Rumänien gebe es derartige Gesetze noch nicht. Die, die es gebe, seien sehr, sehr unterschiedlich und daher schwer zu vergleichen. Erfolgreich könne ein Klimaschutzgesetz nur sein, wenn es klare und transparente Ziele vorgibt, mit quantifizierbaren Zwischenzielen und CO2-Budgets, sagte Raddatz. Monitoring und Rechenschaftspflichten seien ebenfalls wichtig. Dazu zählten jährliche Berichterstattungspflichten, Mechanismen bei Verfehlungen, klare Zuständigkeiten und eine sektorübergreifende Koordination. Gleichzeitig werde ein parteiübergreifendes Verständnis, eine langfristige Planung und eine unabhängige Wissenschaft benötigt.
Kritik an geplanter Abschwächung
Bei den Emissionsbudgets sei der bisherige Ansatz Deutschlands laut Raddatz einzigartig gewesen, „da er als einziger jährliche sektorspezifische Grenzwerte und damit eine sehr detaillierte Form des Monitorings vorschrieb“. Frankreich, Griechenland und Irland hätten zwar auch sektorale Grenzwerte, aber einen Budget-Zeitraum von fünf Jahren.
Im Entwurf des überarbeiteten Klimaschutzgesetzes verliere Deutschland jedoch seine positiven Alleinstellungsmerkmale und den Modellcharakter, beklagte die Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland. Mit der geplanten Abschwächung gefährde die Bundesregierung Deutschlands klimapolitische Glaubwürdigkeit in Europa und weltweit. Darüber hinaus werde die politisch, wirtschaftlich und nicht zuletzt verfassungsrechtlich gebotene Transformation hin zur Treibhausgasneutralität verzögert und zulasten jüngerer Generationen in die Zukunft geschoben, sagte sie. (hau/05.07.2023)