Parlament

Fraktionen streiten über Ausgestaltung der Wärmewende

Die Abgeordneten des Bundestages haben am Freitag, 12. Mai 2023, erstmals einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Für eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Wärmeversorgung ohne soziale Kälte“ (20/6705) beraten. Die Vorlage wurde nach der Debatte zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung übernimmt der Ausschuss für Klimaschutz und Energie.

CDU/CSU: Fangen Sie von vorn an

Der Presse habe er entnommen, sagte Jens Spahn (CDU/CSU) zum Auftakt der Debatte, dass die FDP 101 Fragen an den Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und sein Heizungsgesetz habe. Die Union habe nur zwei. Erstens: Warum die Eile? Warum die Fokussierung auf die Wärmepumpe? Die Koalition überfordere sich selbst, sie schaffe Verunsicherung, Frust und Wut. Deshalb fordere er sie auf: „Gehen Sie zurück auf Los, fangen Sie von vorne an“. Angesichts des relativ kleinen Anteils Deutschlands an der globalen Erderwärmung habe man durchaus die Zeit, um mit ein, zwei Jahren mehr Zeit die nötige Akzeptanz der Bevölkerung gewinnen zu können.

Zweitens frage er sich, warum die Ampel den Klimaschutz „wieder zur Glaubensfrage“ mache. Eine Re-Ideologisierung der Debatte schade dem Klimaschutz. Es gehe doch um den Streit über den besten Weg. „Sie sind doch sonst immer für Vielfalt“, sagte Spahn und forderte die Koalitionsfraktionen auf, den Weg für alle klimaneutralen Energien frei zu machen. 

SPD: Sie hetzen die Bevölkerung auf

Nina Scheer (SPD) warf ihrem Vorredner vor, er hetze auf polemische und billige Weise die Bevölkerung auf. Er hetze sie auf gegen die Bestrebungen der Koalition, das Land auf erneuerbare Energien umzustellen und so schnell wie möglich unabhängig von fossilen zu werden.

„Sie fordern immer nur  Verzögerung,“ – dabei müsse man doch aufs Tempo drücken, um den Umstieg zu forcieren.

AfD sieht faktische Enteignung von Millionen Menschen

Bis zu 80 Prozent Förderung – das klinge wie ein Märchen aus 1001 Nacht, sagte Marc Bernhardt von der AfD. Aber wer bekomme denn 80 Prozent Förderung? Ausschließlich Haushalte mit einem Jahreseinkommen unter 20.000 Euro.

Alle anderen bekämen deutlich weniger. Bei dem Regierungsgesetzentwurf handle es sich „um Volksverarsche aus dem Märchenministerium“, die vorgesehenen Regelungen bedeuteten eine „faktische Enteignung für Millionen Menschen“. Und jetzt komme die Union daher und mache praktisch das Gleiche: Die CO2-Bepreisung als Leitinstrument „nichts anderes als der grüne Heizungshammer in Schwarz“.

Grüne: Wir sagen ehrlich, dass sich etwas ändern muss

„Zurück zur Sache“, forderte Bernhard Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen). „Wir sagen den Menschen ehrlich, dass sich etwas ändern muss und auch ändern kann“, sagte Herrmann. Der Union warf er vor, sich auf bedauerliche Weise treu zu bleiben, indem sie mit ihrem Antrag erneut an überholten Vorschlägen festhalte.

Wie weit denn die von der Union geforderte „Technologieoffenheit“ gehe solle, fragte er – im Gesetzentwurf würden zehn Optionen genannt. Genauso stehe es um die Forderung nach Übergangsfristen und Härtefallregelungen: Stehe alles im Gesetzentwurf, so Herrmann.

Linke fordert stabile Mieten

Für Die Linke machte Gesine Lötzsch klar: Die Klimakrise könne nur gelöst werden, „wenn endlich etwas gegen die soziale Krise getan“ werde. Hier erwarte sie, dass die Regierung handle. Menschen mit niedrigeren Einkünften träfen Preissteigerungen und Inflation doppelt hart. Wer keine Ersparnisse habe, dem helfe auch keine, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, „anteilige Förderung“, so Lötzsch.

Die Linke fordere, dass Mieten auch nach einer Umrüstung und energetischen Sanierung nicht steigen dürften. Die Schuldenbremse bremse übrigens auch die Wärmwende aus, deshalb gelte: „weg damit!“ Angesagt sei eine Umverteilung von den Reichen zu den Menschen mit niedrigeren Einkommen.

FDP für Qualität vor Schnelligkeit

Konrad Stockmeier von der FDP entwarf zwei Zukunftsszenarien. In einem sei die Gesetzgebung inkonsistent, bei Heizungen und Wärmeplänen gebe es große Unsicherheit, Häuser verlören an Wert, Investoren wüssten nicht, was zukunftsträchtig sei, technologische Verengungen ließen Preise steigen, EU-Regularien machten alles schwieriger.

In einem anderen Szenario habe der CO2-Ausstoß stärker gemindert werden können als gedacht, unter anderem Dank innovativer, in Deutschland entwickelter Materialien bei Bau und Sanierung, statt einer Lösung für alle gebe es viele regional unterschiedliche Ansätze, die Immobilien gewännen an Wert, Investoren wüssten, was sie so wie tun könnten, das Gesetzeswerk ist konsistent und die EU-Kommission brächte es fertig, praxisnahe Regularien auf den Weg zu bringen. „Ich denke, die meisten in diesem Haus würden das zweite Szenario bevorzugen“, sagte Stockmeier und fügte hinzu: Damit das gelinge, habe die FDP den Wirtschaftsminister gebeten, ein paar Fragen zu beantworten. Allen müsse klar sein: Es gehe um Qualität vor Schnelligkeit.

Antrag der Union

Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes ist nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion für viele Menschen mit einem finanziellen Aufwand verbunden, den sie trotz geplanter Förderung und Rückgriff auf Erspartes nicht stemmen können. Das schreibt die Fraktion in ihrem Antrag. Erschwerend komme hinzu, dass die Förderungen, die die Bundesregierung in Aussicht gestellt hat, in den Details unklar und in der Höhe ebenso unzureichend seien wie die vorgesehenen Ausnahmen und Härtefallregelungen, heißt es darin weiter.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, weiter vorrangig auf „Fordern und Fördern“ statt vor allem auf „Verbieten und Verordnen“ zu setzen, die CO2-Bepreisung mit sozialem Ausgleich als Leitinstrument zu stärken und den Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung über den Weg zur CO2-Einsparung zu überlassen. Darüber hinaus sollten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und der CO2-neutralen Wärmeerzeugung angemessen und verlässlich gefördert und Kürzungen beim Förderprogramm zum Heizungsaustausch rückgängig gemacht werden. Bekräftigt wird auch noch einmal die Forderung nach Technologieoffenheit: Neben der Wärmepumpe solle „die ganze Breite klimafreundlicher Lösungen – von Wärmenetzen über Bioenergie, Abwärmenutzung und Geothermie bis hin zu Wasserstoff“ berücksichtigt werden. (mis/irs/12.05.2023)