Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine bleibt strittig
Die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine ist im Bundestag zwar weiterhin strittig, allerdings zeichnete sich am Donnerstag, 19. Januar 2023, Bewegung in der Frage ab. Einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Lieferung deutscher Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 beziehungsweise Leopard 2 (20/5219) überwies der Bundestag nach einer hitzigen Debatte zur weiteren Beratung in den federführenden Auswärtigen Ausschuss. Die Union hatte eine sofortige Abstimmung gefordert, scheiterte aber am Votum der Koalitionsfraktionen, der AfD- und der Linksfraktion. Innerhalb der Regierungskoalition besteht keine Einigung über die Lieferung von Kampfpanzern, vor allem die SPD tut sich weiterhin schwer mit einer Zustimmung. Sie erwartet aber vom Treffen der Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine„ am Freitag, 20. Januar, auf dem US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz “substanzielle Beschlüsse„. An diesem Treffen wird auch Deutschlands neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) teilnehmen, der am Donnerstag seinen Amtseid vor dem Bundestag abgelegt hat.
CDU/CSU kritisiert Verweigerungshaltung des Kanzlers
Die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU) forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts einer drohenden massiven Frühjahrsoffensive in der Ukraine eindringlich auf, seine Weigerung zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern aufzugeben. Der Bundestag habe bereits im Frühjahr des vergangenen Jahres beschlossen, die Ukraine auch mit schweren Waffen zu unterstützen. “Die schwere Waffe schlechthin sind Panzer„, sagte Wadephul.
Angesichts der Ankündigungen Polens und Finnlands, Leopard-2-Panzer liefern zu wollen, sei das Argument eines deutschen Alleingangs nicht länger zu halten, argumentierte Wadephul. Die Verweigerungshaltung des Bundeskanzlers sei der eigentliche Alleingang. Deutschland sei der “Getriebene„ und der “Bremsklotz„ unter den Nato-Verbündeten. Die deutsche Rüstungsindustrie verfüge in ihren Beständen zudem noch über 200 Kampfpanzer des älteren Leopard 1. Diese könnten innerhalb kurzer Zeit an die Ukraine geliefert werden.
SPD verweist auf “substanzielle Beschlüsse„ in Ramstein
Dietmar Nietan (SPD) hielt der Union entgegen, sie wolle mit ihrem Antrag einen Tag vor dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister auf dem US-Stützpunkt Ramstein lediglich für “Radau„ sorgen. Er gehe davon aus, dass in Ramstein “substanzielle Beschlüsse„ zur Lieferung weiterer Waffen getroffen werden. Es gebe im Bundestag eine deutliche Mehrheit für die Unterstützung der Ukraine mit Waffen. Die Ukraine müsse in die Lage versetzt werden, den Krieg zu gewinnen und die von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine zurückzuerobern, sagte Nietan. Dafür benötige die Ukraine “auch weitere Kampfpanzer„.
Nietan ließ allerdings offen, welche Kampfpanzer er damit konkret meint. Die Frage der Lieferung von Kampfpanzern müsse in Abstimmung mit den Verbündeten geschehen. Dies sei “nicht trivial„. Nietan warf der Union vor, sie erwecke einen falschen Eindruck. Die Rüstungsindustrie sei eben nicht in der Lage, die Kampfpanzer schnell zu liefern. Und die Bundeswehr könne Panzer aus ihren Beständen nur dann liefern, wenn ihre Einsatzfähigkeit nicht beeinträchtig werde.
Grüne: Ampelkoalition ist sich bislang nicht einig
Für die Lieferung von Kampfpanzern hingegen sprachen sich die Grünen und die FDP aus. Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass die zugesagte Lieferung von 40 Marder-Schützenpanzern an die Ukraine ein richtiger Schritt sei. Dem müsse der nächste Schritt folgen: Schützenpanzer und Kampfpanzer würden im Verbund eingesetzt.
Brugger räumte ein, dass sich die Ampelkoalition in dieser Frage bislang nicht einig sei, aber man werde zu einer Lösung kommen. Mit der Unionsfraktion sei jedoch kein “ehrliches Ringen„ in der Sache möglich. Ihr Antrag zeige deutlich, dass es der Union lediglich um Kritik an der Bundesregierung gehe.
FDP für stärkeren Unterstützung der Ukraine
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) warnte Bundeskanzler Scholz davor, Europa durch seinen Widerstand gegen Lieferung deutscher Kampfpanzer “zu spalten„. Die drängte zu einer stärkeren militärischen Unterstützung der Ukraine, auch als klares Signal an Russlands Präsident Wladimir Putin: “Wer unser System zerstören will, wird es mit uns allen zu tun bekommen„, sagte Strack-Zimmermann.
Zugleich erinnerte sie daran, dass die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) bei der Annektierung der Krim im Jahr 2014 nicht angemessen reagiert und am Bau der Gaspipeline Nordstream 2 festgehalten habe.
AfD: Krieg ist militärisch nicht zu gewinnen
Ausdrücklich abgelehnt wurde die Lieferung von Leopard-Panzern nur von der AfD- und der Linksfraktion. Petr Bystron (AfD) hielt der Union und der Ampelkoalition vor, dass der Krieg militärisch nicht zu gewinnen sei. Russland können mehr als zwei Millionen Soldaten mobilisieren.
Der Gewinner in diesem Krieg sei ausschließlich die USA. Sie würde geopolitisch und ökonomisch profitieren. Die USA würden ihre Waffen an die Ukraine leasen und die EU würde dies aus dem Fond “Europäische Friedensfazilität„ finanzieren, behauptete Bystron.
Linke fordert Rückkehr zur Dipolmatie
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch (Die Linke), argumentierte, der “Wettlauf um Waffenlieferungen„ an die Ukraine würden den Konflikt immer weiter eskalieren lassen. Es benötige aber vielmehr eine diplomatische Friedensinitiative. Dies hätten die ausgehandelten Abkommen zu den Getreidelieferungen und zum Austausch von Kriegsgefangenen gezeigt.
“Wir müssen zurück zur Diplomatie„, forderte Bartsch. Auch er argumentierte, der Krieg sei militärisch nicht zu gewinnen. Russland sei schließlich eine Atommacht.
Antrag der Union
Nach dem Willen der CDU/CSU-Fraktion soll die Ukraine mit Leopard-Kampfpanzern beliefert werden. In dem entsprechenden Antrag fordert sie die Bundesregierung auf, der Industrie und Drittstaaten die Genehmigung zum Export von Kampfpanzern vom Typ Leopard-1 und Leopard-2 zu erteilen. Zudem solle die Lieferung von Leopard-2-Panzern aus Beständen der Bundeswehr und parallel die Nachbeschaffung für die Bundeswehr vorbereitet werden. Darüber hinaus müsse gemeinsam mit der Industrie und den Drittstaaten, die über Leopard-Panzer verfügen, die logistische Unterstützung der Ukraine mit Ersatzteilen, Munition und einer Ausbildungsoffensive langfristig sichergestellt werden.
Der Ukraine sei es im vergangenen Jahr “mit großem Opfermut, bewundernswertem Durchhaltewillen und großem militärischen Geschick„ gelungen, den russischen Angriff abzuwehren und in Teilen zurückzuschlagen, heißt es im Antrag der Union. Die Ukraine sei bis heute unbesiegt und habe eine reelle Chance, “ihren und damit den europäischen Freiheitskampf zu gewinnen„. Doch dafür braucht es weitere militärische Hilfe durch die Nato-Mitgliedstaaten. Die Union verweist auf die Entscheidung der USA, Frankreichs und Deutschlands zur Lieferung von Schützenpanzern. Zudem habe sich Großbritannien als erstes westliches Land entschieden, auch Kampfpanzer vom Typ Challenger an die Ukraine liefern. (aw/19.01.2022)