Regierung will Verzinsung von Steuernachforderungen anpassen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 12. Mai 2022, erstmals den Regierungsentwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ (20/1633) beraten. Damit einher soll eine Senkung des Zinssatzes für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für Steuerzahler. Ebenfalls erstmals beraten wurde ein von der Fraktion der AfD vorgelegter Gesetzentwurf zur Flexibilisierung der Höhe des Zinssatzes bei Steuernachzahlungen und Steuererstattungen (20/1744). Im Anschluss an die Debatte wurden die Entwürfe zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für Steuerzahler gemäß Paragraph 233a der Abgabenordnung soll in Zukunft 0,15 Prozent pro Monat betragen. Mit der Neuregelung werde den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen, den Zinssatz für diese Zinsen ab 1. Januar 2019 rückwirkend verfassungskonform auszugestalten, heißt es in den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf. Der Zinssatz betrug bisher sechs Prozent im Jahr.
Wie es in dem Gesetzentwurf weiter heißt, soll die Angemessenheit des neuen Zinssatzes von 0,15 Prozent pro Monat beziehungsweise von 1,8 Prozent pro Jahr alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume evaluiert werden. Die erste Evaluierung soll zum 1. Januar 2026 erfolgen. Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr Mindereinnahmen von 2,46 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von 530 Millionen Euro.
Die Neuregelung trage den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, schreibt die Bundesregierung in der Begründung des Gesetzentwurfs. Die neue Regelung gewährleiste Rechts- und Planungssicherheit für Bürger, Unternehmen und Finanzbehörden und sei einfach in der praktischen Anwendung. Bei sehr häufigen Zinssatzänderungen würde die Verständlichkeit von Zinsbescheiden erheblich vermindert. Die Bundesregierung erläutert auch, warum sie die Verzinsung nicht völlig abschafft. Davon würden vor allem solche Steuerpflichtige profitieren, die unvollständige und unrichtige Steuererklärung abgeben oder den Abschluss von Betriebsprüfungen hinauszögern würden. Als weiteres Argument wird genannt, dass die Wiedereinführung einer Vollverzinsung bei steigendem Zinsniveau mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden wäre.
Antrag der AfD-Fraktion
Der Zinssatz bei Steuernachzahlungen und Steuererstattungen soll flexibilisiert werden. Dies strebt die AfD-Fraktion mit einem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf an. Danach soll sich der Zinssatz am Basiszinssatz gemäß Paragraf 247 Bürgerliches Gesetzbuch orientieren. Darauf soll ein Aufschlag von zwei Prozentpunkten erhoben werden. Nach Angaben der Fraktion beträgt der Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2016 nur noch -0,88 Prozent.
Die Fraktion weist darauf hin, dass frühere Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr bei Steuernachzahlungen und Steuererstattungen nicht realitätsnah gewesen und deshalb auch vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden sei. Jetzt sehe ein Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Finanzen erneut einen starren Zinssatz von 1,8 Prozent pro Jahr vor. Eine flexibilisierte Lösung ermögliche jedoch ein langfristig korrektes Abbilden der jeweils aktuellen Marktlage, wirbt die AfD-Fraktion für ihr Modell. (hle/12.05.2022)