Forderung nach Steuersenkungen für Bürger und Unternehmen debattiert
Mehr netto vom brutto fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (20/14715), den die Parlamentarier am Donnerstag, 30. Januar 2025, diskutiert haben. Im Anschluss an die Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss.
In ihrem Antrag verlangt die FDP, dass der Bundestag die Bundesregierung unter anderem dazu auffordert, den steuerlichen Grundfreibetrag zu erhöhen, die Einkommenssteuersätze unterhalb der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenzen zu senken und die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten zu verbessern.
FDP: Deutschland braucht eine Wirtschaftswende
„Das Land braucht eine Wirtschaftswende. Wir müssen über die Belastung der Bürger und Unternehmen sprechen“, erklärte Johannes Vogel für die FDP-Fraktion bei der Einbringung des Antrags. Kein Land belaste Bürger und Unternehmen stärker als Deutschland. Zugleich habe das Land das niedrigste Wachstum. „Möglicherweise ist das kein Zufall.“
Die FDP wolle den steuerlichen Grundfreibetrag um 1.000 Euro anheben. Die Unternehmenssteuern sollten um fünf Prozentpunkte sinken. „Ich will ein Land, das den Ehrgeiz wieder hat, vorne zu sein, in der Wirtschaft und beim Sport“, sagte Vogel.
SPD fordert höhere Investitionen
Dass die geplanten Steuersenkungen vor allem reichen Menschen zugute kämen, hielt für die SPD-Fraktion Michael Schrodi der Antragstellerin entgegen. Die Maßnahmen würden außerdem „ein riesiges Loch“ in den Bundeshaushalt reißen. Dafür wolle die FDP bei Rente, Kindergeld, Gesundheit und Pflege „massiv kürzen“, kritisierte Schrodi und warf den Liberalen vor: „Sie legen die Axt an den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
Die SPD wolle dagegen 95 Prozent der Steuerzahler entlasten und ein Prozent reiche Personen belasten. „Sie machen Politik für die Reichsten in diesem Land“, das sei „bei der AfD genauso“. Nötig seien vielmehr höhere Investitionen. Für die nächsten zehn Jahre bezifferte Schrodi allein den Bedarf an öffentlichen Investitionen auf 600 Milliarden Euro.
Union kritisiert gestiegene Sozialbeiträge
Sympathie für den FDP-Antrag äußerte Olav Gutting von der CDU/CSU-Fraktion, kritisierte aber, dass während der Ampel-Regierung „mit Beteiligung der FDP“ die Sozialbeiträge auf mehr als 42 Prozent gestiegen seien. „Wer auf seinen Lohnzettel schaut, hat Zweifel, ob sich Anstrengung überhaupt noch lohnt“, befand Gutting.
Die FDP habe es mitzuverantworten, dass die Reallöhne in den zurückliegenden drei Jahren nicht gestiegen seien. „Mit unserer Agenda 2030 setzen wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um in diesem Land wieder Mut und Zuversicht zu bekommen“, sagte Gutting. Die Union wolle, dass der Spitzensteuersatz erst ab einem Einkommen von 80.000 Euro greife. „Das führt zu einer niedrigeren Belastung für alle Steuerzahler.“
Grüne befürchten millardenschwere Einnahmeausfälle
Katharina Beck erklärte für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen: „Ich will auch, dass Deutschland vorne dabei ist.“ Sie verwies darauf, dass die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr die Steuern um 45 Milliarden Euro gesenkt habe. Außerdem müssten die Bürger nicht mehr die EEG-Umlage bezahlen, was bis zu 300 Euro Ersparnis im Jahr für einen Vierpersonenhaushalt bedeute. Ihre Partei wolle weitere Verbesserungen, etwa bei der Förderung vermögenswirksamer Leistungen.
Die FDP-Vorschläge für Steuersenkungen wies sie indes zurück, diese führten zu Einnahmeausfällen von 140 Milliarden Euro. Auch die Vorschläge der CDU rissen ein 100-Milliarden-Euro-Loch in die öffentlichen Haushalte. Beck setzte diese Beträge in Relation zum 480 Milliarden Euro schweren Bundeshaushalt und sagte an die Wähler gerichtet: „So ein unseriöses Versprechen werden Sie von uns nicht bekommen.“ Vorschläge der AfD für Steuersenkungen nannte sie „das größte Reichenprogramm“.
AfD sieht Problem in EU-Beiträgen und Entwicklungshilfen
Eine scharfe Auseinandersetzung mit der sitzungsleitenden Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) lieferte sich Kay Gottschalk, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Er hatte während seiner Rede Plakate hochgehalten, worauf er aus dem Präsidium den Hinweis erhielt, dass das nicht erlaubt sei. Gottschalk verlangte daraufhin mehr Redezeit, die ihm jedoch nicht zugestanden wurde.
Inhaltlich verwies Gottschalk auf Anträge seiner Fraktion für Steuersenkungen. Zur Gegenfinanzierung nannte er 38 Milliarden Euro, die Deutschland „in eine dysfunktionale EU“ pulvere, und elf Milliarden Euro für den Entwicklungshaushalt. „Sie haben Geld für alle, aber nicht für die Menschen, die hier arbeiten“, wetterte Gottschalk in Richtung der SPD-Fraktion und sprach von einer „inszenierten Demokratie“.
Die Linke sieht Milliardäre in der Verantwortung
Janine Wissler verwies für die Gruppe Die Linke auf eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, der zufolge die FDP-Pläne Haushalte mit einem Einkommen von weniger als 20.000 Euro belasten würden. Haushalte mit Einkommen zwischen 20.000 Euro und 80.000 Euro würden am stärksten mit dem Programm der Linkspartei entlastet.
Zur Gegenfinanzierung sagte sie: „Wir wollen Milliardäre und reiche Erben stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen.“
BSW fordert Mindestlohn von mindestens 15 Euro
Ähnlich argumentierte Alexander Ulrich für die Gruppe BSW. Er sagte: „Wer will, dass die Kluft zwischen arm und reich nicht noch weiter auseinander geht, soll in keinem Fall CDU/CSU, FDP oder AfD wählen.“
Es könne ferner nicht sein, dass Kapitalerträge geringer besteuert würden als die Einnahmen eines Facharbeiters bei Bosch oder Daimler. Ulrich weiter: „Es braucht einen Mindestlohn von mindestens 15 Euro. Öffentliche Aufträge dürfen nur an tarifgebundene Unternehmen gehen.“ (bal/30.01.2025)