Bundesregierung will Aktienrente einführen
Liveübertragung: Freitag, 27. September, 9 Uhr
Damit das Niveau der gesetzlichen Rente bis 2039 nicht unter 48 Prozent des Durchschnittslohns fällt und außerdem eine Aktienrente eingeführt werden kann, hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf „zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zum Aufbau eines Generationenkapitals für die gesetzliche Rentenversicherung“ (Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz, 20/11898, 20/12611) vorgelegt, der am Freitag, 27. September 2024, in erster Lesung im Bundestag beraten wird.
Im Verlauf der rund 70-minütigen Debatte wird es auch um einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Für eine sichere Rente unserer Kinder – Junior-Spardepot“ (20/11847) gehen. Darüber hinaus legt die Gruppe BSW einen Antrag mit dem Titel „Von Österreich lernen – Eine gute Rente für alle“ (20/10735) erstmals zur Beratung vor. Die Vorlagen sollen im Anschluss an die Ausschüsse überwiesen werden. Bei den weiteren Beratungen soll jeweils der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Federführung übernehmen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Aus Sicht der Bundesregierung würde mit der geltenden Rentenanpassungsformel das Rentenniveau demografiebedingt nach 2025 schrittweise deutlich sinken und ein niedrigeres Alterseinkommen der heutigen und künftigen Rentnergenerationen die Folge sein. Hinzu kämen die Folgen des demografischen Wandels, der mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre eine Herausforderung für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung darstelle.
„Ziel ist es daher, die gesetzliche Rente als tragende Säule der Alterssicherung langfristig im Hinblick auf das Rentenniveau stabil und im Hinblick auf die Ausgabenentwicklung finanzierbar zu halten und dafür zu sorgen, dass die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin auch für zukünftige Generationen verlässlich bleibt“, schreibt die Regierung in dem Entwurf.
Rentenniveau von 48 Prozent soll normiert werden
Das Rentenniveau von 48 Prozent (Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt) soll daher als Grundsatz gesetzlich normiert werden, um das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung als tragende Säule der Alterssicherung zu stärken.
Umgesetzt werden soll dieser Grundsatzregelung in mehreren Abschnitten. Zunächst sollen die Regelungen für diese Haltelinie bis einschließlich der Rentenanpassung zum 1. Juli 2039 angewendet werden. Sie entfalten ihre Wirkung damit bis zum 30. Juni 2040. Zudem soll die Bundesregierung im Jahr 2035 einen Bericht darüber vorlegen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen nötig sind, um das Rentenniveau von 48 Prozent für einen weiteren Abschnitt ab Mitte des Jahres 2040 beizubehalten.
Stiftung „Generationenkapital“
Um die finanzielle Entwicklung des Rentensystems zusätzlich zu stabilisieren, plant die Regierung, eine Stiftung mit der Bezeichnung „Generationenkapital“ einzurichten. Dies würde den Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung bedeuten. Aus den Erträgen des Generationenkapitals sollen laut Regierung langfristig Gelder für die gesetzliche Rentenversicherung generiert werden und deren Finanzierungsbasis erweitert werden.
„Sie wird künftig nicht nur durch Beiträge und Leistungen des Bundes, sondern auch durch Kapitalerträge getragen. Mit dem Generationenkapital wird ein Beitrag zur langfristigen Stabilisierung des Beitragssatzes der gesetzlichen Rentenversicherung ab Mitte der 2030er-Jahre geleistet“, erläutert die Bundesregierung.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert ein „Junior-Spardepot“, um die Rente der heutigen Kinder zu sichern. In ihrem Antrag (20/12847) schreiben die Abgeordneten: „Seit dem Ende der Niedrigzinsphase ist eine Schuldenaufnahme, wie sie etwa beim ,Generationenkapital‘ erfolgt, nicht mehr verantwortbar. Dieses Vorsorgekonzept spekuliert auf eine dauerhaft positive Renditedifferenz zwischen Aktien und Staatsanleihen.“ Ein „Altersvorsorge-Fondssparplan“ könnte den Kindern von heute eine neue Rentenperspektive geben, ohne dabei Schulden zu machen, heißt es in dem Antrag.
Die Fraktion fordert deshalb von der Bundesregierung, eine unabhängige Stiftung („Gemeinschaftsstiftung“) als Ergänzung zur umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung zum langfristigen Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorgesäule zu errichten. Dabei solle für jedes neugeborene Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und tatsächlichem Daueraufenthalt im Inland ein „Altersvorsorge-Fondssparplan“ und ein entsprechendes „Junior-Spardepot“ eingerichtet und diese Altersvorsorge so ausgestaltet werden, dass die Fondssparpläne aus Steuermitteln bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres mit monatlichen zweckgebundenen Einzahlungen in Höhe von anfänglich 100 Euro bespart werden.
Die monatlichen Sparbeträge sollen im Rahmen der Finanzierbarkeit entsprechend der Inflation dynamisiert werden. Eine Verwendung von Beiträgen für die gesetzliche Rentenversicherung für die Altersvorsorge-Fondssparpläne solle ausgeschlossen sein.
Antrag der Gruppe BSW
Die Gruppe BSW fordert in einem Antrag (20/10735) eine gute Rente für alle nach dem Vorbild Österreichs. Die Abgeordneten kritisieren: „Im Juni 2023 bezogen bundesweit 691.820 Menschen im Rentenalter Grundsicherung. Das sind 63.250 Menschen mehr als noch im Juni 2022 – ein deutlicher Anstieg innerhalb eines Jahres. Durch die hohe Inflation der vergangenen Jahre werden die Renten zusätzlich entwertet.“
In Nachbarstaaten wie den Niederlanden oder in Österreich liege das Rentenniveau deutlich höher. So habe in Österreich eine Rentenreform dazu geführt, dass Rentnerinnen und Rentner nach 45 Beitragsjahren 80 Prozent ihres Lebenseinkommens erhalten (Bruttorentenniveau). Das seien durchschnittlich 800 Euro mehr im Monat, als Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhalten. Möglich seien diese höheren Rentenzahlungen primär dadurch, dass es eine Rentenkasse für alle Erwerbstätigen gebe, in die auch Beamte, Selbstständige und Parlamentsabgeordnete einzahlten, führen die Abgeordneten aus.
Sie verlangen von der Bundesregierung, unverzüglich alle Planungen einzustellen, mit einem Teil der gesetzlichen Rente am Aktienmarkt zu spekulieren. Außerdem müsse die Regierung einen Gesetzentwurf vorlegen, der eine Rentenreform einleitet, die sich am österreichischen Rentenmodell orientiert, insbesondere eine Rentenkasse für alle Erwerbstätigen einführt sowie eine Anhebung des Rentenniveaus auf lebensstandardsichernde 53 Prozent umsetzt. (hau/che/24.09.2024)