Aktuelle Stunde

Alle Fraktionen für Transparenz und Aufklärung bei Cum-Ex

In einer Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages auf Verlangen der CDU/CSU-Fraktionen haben alle Fraktionen eine vollständige Aufklärung des Cum-Ex-Steuerskandals gefordert. Mehrere Redner riefen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, seinen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Ein Antrag der AfD-Fraktion, den Bundeskanzler herbeizuzitieren, fand allerdings keine Mehrheit. 

Das bisher bekannte Steuervolumen der Cum-Ex-Fälle beziffern die Behörden auf rund 4,5 Milliarden Euro, von denen 3,1 Milliarden Euro bereits zurückgefordert wurden. Bei den ähnlich gelagerten Cum-Cum-Fällen soll das Volumen fünf Milliarden Euro betragen. In die Cum-Ex-Fälle war auch die Hamburger Warburg-Bank verwickelt. Die Kontakte zwischen dem damaligen Hamburger Bürgermeister Scholz und Warburg-Bankiers spielten in der Aktuellen Stunde eine große Rolle.

Union verweist auf neue Indizien im Cum-Ex-Fall

Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU-Fraktion) konstatierte bei Scholz „wachsende Erinnerungslücken“. Es gebe durch eine Buchveröffentlichung jetzt neue Indizien. Hamburg sei damals das einzige Bundesland gewesen, das keine Cum-Ex-Rückforderungen gestellt habe: „Hamburg unter Bürgermeister Olaf Scholz hat es nicht getan. Das stellt die Frage nach seiner politischen Verantwortung.“

Es habe mehrere Treffen von Scholz mit den Bankern gegeben. Danach habe die Hamburger Finanzbehörde kein Geld mehr zurückfordern wollen. „Hier spricht jetzt alles dafür, dass wir diesen Vorgang weiter aufklären müssen“, erklärte Middelberg. 

SPD: Protokoll des Bundestages offenlegen

Cum-Ex sei immer kriminell gewesen, sagte Michael Schrodi (SPD-Fraktion). Scholz sei zu Zeiten der Cum-Ex-Betrügereien weder Hamburger Bürgermeister noch Bundesfinanzminister gewesen.

Als Bundesfinanzminister habe er Gesetze zur Einziehung von Cum-Ex-Geldern und zur präventiven Bekämpfung von Cum-Ex-Betrügereien auf den Weg gebracht. Eine nationale Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle sei damals von der CDU/CSU verhindert worden. „Es gab keine politische Einflussnahme auf ein Steuerverfahren in Hamburg“, versicherte Schrodi. Die SPD-Fraktion sei dafür, ein bisher als geheim eingestuftes Protokoll des Bundestages, in dem es um Cum/Ex gehe, freizugeben. 

AfD spricht von größtem Steuerbetrug der Geschichte

Albrecht Glaser (AfD-Fraktion) nannte Cum-Ex den „größten Steuerbetrug der Geschichte“. Die Hamburger Warburg-Bank habe sich 169 Millionen Euro erschlichen. 2016 habe ein Betrag von 47 Millionen Euro zu verjähren gedroht. „Die mysteriösen Umstände dabei haben mit der Person des damaligen Ersten Bürgermeisters, nachmaligen Bundesfinanzministers und heutigen Bundeskanzlers zu tun“, erklärte Glaser.

Es habe in dieser Zeit auch eine Spende der Warburg-Bank an die SPD gegeben. Erst ein leitender Beamter des Bundesfinanzministeriums habe per Erlass die Hamburger Behörde aufgefordert, etwas gegen die Verjährung zu unternehmen. Und dieser „tüchtige Beamte“ sei überraschend frühpensioniert worden, nachdem Scholz Bundesfinanzminister geworden sei. Die Anerkennung für diesen Staat und die Demokratie schwinde seit Jahren, kritisierte Glaser – „nicht weil die Bürger schlechte Demokraten sind, sondern weil die politische Klasse ihre Aufgabe nicht erfüllt“. 

Grüne loben Verdienste der Whistleblower

Der „Steuerraub bei Cum-Ex und Cum-Cum“ gehöre sicher zu den größten Steuerskandalen in der Geschichte der Bundesrepublik, sagte Sascha Müller (Bündnis 90/Die Grünen). Dass diese Fälle hätten aufgeklärt werden können, sei auch ein Verdienst der Whistleblower, die viel in Gang gesetzt hätten, was sonst vermutlich unter der Decke geblieben wäre.

Außerdem hätten die Betriebsprüfer und auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages wertvolle Arbeit geleistet. Solche Fälle wie Cum-Ex und Cum-Cum dürften sich nicht wiederholen. Es gehe um das Vertrauen in den Rechtsstaat. 

Linke fordert „reinen Tisch“

„Es gab und es gibt Filz zwischen Industriellen, Bankiers und der Politik in der Hansestadt Hamburg“, erklärte Christian Görke (Die Linke). Er erinnerte die CDU daran, dass auch sie Spendenzahlungen von Warburg erhalten habe.

Cum-Ex sei der größte Steuerbetrug in der Nachkriegsgeschichte. Mit diesen dubiosen Finanzgeschäften hätten Banken und Großinvestoren den deutschen Staat um 35,9 Milliarden Euro betrogen: „Mit diesem Geld könnte man in diesem Winter für jeden privaten Haushalt die Gasrechnung übernehmen“, so Görke. Es müsse „reiner Tisch“ gemacht werden, Scholz habe sich in Widersprüche verheddert und müsse sich äußern. 

FDP: Parteibuch darf Aufklärung nicht im Weg stehen

Markus Herbrand (FDP) sagte, nur durch vollständige Transparenz auf allen Seiten könne verlorengegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden.

Das Parteibuch dürfe einer lückenlosen Aufklärung nicht im Wege stehen: „Auch Bundeskanzler Olaf Scholz muss diesem Anspruch gerecht werden, was er wann wusste und was er wann genau getan hat“, so Herbrand, der aber auch Aufklärung vom früheren Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU-Fraktion) und von Länderfinanzministern forderte. (hle/13.10.2022)

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