Petitionen

Petitionen zu Schwimm­unterricht, Klimanot­stand und Taiwan

Die Sorge um die zunehmende Verschlechterung der Schwimmfähigkeit in der Bevölkerung hat die DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) zur Einreichung einer Petition an den Deutschen Bundestag motiviert. Darin wird die Aufstellung eines bundesweiten Masterplans zur Rettung der Schwimmbäder gefordert. Gemeinsam mit der Petition für die Ausrufung des Klima-Notstandes innerhalb der nächsten drei Monate und einer Eingabe, die die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit Taiwan verlangt, wurde die DLRG-Forderung am Montag, 9. Dezember 2019, in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses unter Vorsitz von Marian Wendt (CDU/CSU) beraten.

Petition zur Rettung der Schwimmbäder

Für die Erstellung eines bundesweiten Masterplans zu Erhaltung und Sanierung von Schwimmbädern hat der Bund keine Gesetzgebungsbefugnis. Das machte die für Bau zuständige Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Anne Katrin Bohle, deutlich. Die Zuständigkeit für den Breitensport liege verfassungsrechtlich bei den Ländern, sagte Bohle vor den Abgeordneten.

Die Aufstellung eines bundesweiten Masterplans zur Rettung der Schwimmbäder hatte die DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) „aus Sorge um die zunehmende Verschlechterung der Schwimmfähigkeit in der Bevölkerung“ in einer Petition gefordert. DLRG-Präsident Achim Haag sprach während der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses von einem „unheilvollen Trend zur Bäderschließung“, der dem finanziellen Druck, unter dem viele Kommunen stünden, geschuldet sei. Drei von fünf Kindern seien am Ende der Grundschulzeit keine sicheren Schwimmer, beklagte er. Im Jahr 2018 habe die Zahl der Ertrunkenen mit 504 einen neuen Höchststand erreicht. Zudem gehe ohne die Schwimmbäder „die Schwimm- und Badekultur verloren“, warnte Haag.

Etwa 4.500 Schwimmprüfungen weniger als 2017

Der anhaltende Trend, ersatzweise Freibäder zu bauen oder auf sogenannte Badeteiche auszuweichen, biete witterungsbedingt weder die Verlässlichkeit des Angebots noch tauge die bauliche Struktur für Ausbildung und Sport, sagte der DLRG-Präsident. Hinzu komme, dass die häufig von privaten Investoren erbauten Spaßbäder nicht den notwendigen Ausbildungsgesichtspunkten entsprächen. Allein im vergangenen Jahr sind laut der Petition etwa 4.500 Schwimmprüfungen weniger abgenommen worden als im Vorjahr.

Auch wenn dem Bund derzeit die Gesetzgebungskompetenz fehle, sei über alle Ministerien hinweg der Sport „als die Integrationsmaschine“ für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen, sagte Staatsekretärin Bohle. Dazu bedürfe es einer engen Kooperation mit den Ländern und Kommunen. Aktiv könne aber durch den Bund eine solche Initiative nicht ergriffen werden, sagte sie.

„Bund, Länder und Kommunen müssen an einem Strang ziehen“

Zugleich verwies die Ministeriumsvertreterin auf das Instrument der Städtebauförderung, das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ sowie den Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“. In diesen drei Programmen seien auch Bäder förderfähig, betonte sie. Strebe man aber eine langfristige Lösung an, so Bohle weiter, müssten Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen. Eine solche Konzeption könne ausgearbeitet werden, „bis hin zu einer verfassungsrechtlichen Möglichkeit“.

Ein solches Zusammenwirken ist auch das Ziel der DLRG. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) sei mit der Petition vertraut, sagte DLRG-Präsident Haag. Man sei ganz bewusst mit der Vorlage auch an den Bundestag herangetreten, weil Bund, Länder und Kommunen „am selben Strick in die gleiche Richtung ziehen müssen“.

Petition zur Ausrufung des Klimanotstandes

„Das Klimaschutzgesetz ist ein zentrales, neues Rahmenwerk, in dem erstmals verbindlich festgelegt wird, wie viele Emissionen jeder Sektor pro Jahr noch ausstoßen darf.“ Das machte Berthold Goeke, Leiter der Unterabteilung Klimaschutzpolitik im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), während der Beratung der zweiten Petition in der öffentlichen Ausschusssitzung deutlich. 54 Milliarden Euro seien in den nächsten vier Jahren vorgesehen, um zusätzliche Anreize für Investitionen in den Klimaschutz zu setzen, sagte Goeke.

Aus Sicht des Petenten Jonathan Berlin ist jedoch das Klimaschutzgesetz „nicht im Ansatz ausreichend, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen“. Er fordert in seiner Petition die „Ausrufung eines Klima-Notstandes innerhalb der nächsten drei Monate“. Vor den Abgeordneten sagte Berlin: „Momentan fahren wir mit einem vollbesetzten Bus auf einen Abgrund zu. Da sich die Folgen der Klimakrise aber zeitversetzt zeigen, brauchen wir sofortige Maßnahmen, um eine Notbremsung einzuleiten.“

„Kriege und Migration in ungekanntem Ausmaß“

Der den Petenten begleitende Geowissenschaftler Prof. Dr. Joachim Curtius von der Goethe-Universität Frankfurt am Main betonte, Hitzesommer wie 2003 oder 2018 könnten den Prognosen zufolge künftig als kühle Sommer gelten, wenn die Erderwärmung weiter so ansteige. In Indien und am Persischen Golf seien dann regelmäßig Temperaturen von 60 Grad zu erwarten. Folgen davon könnten Kriege und „Migration in ungekanntem Ausmaß“ sein. „Wenn nicht sofort gehandelt wird, wird unser Planet zu einem lebensfeindlichen Ort werden“, warnte Curtius.

Sollten die Maßnahmen aus dem Klimaschutzgesetz nicht greifen, gebe es durch die vorgenommenen Normierungen die Möglichkeit, dies zeitnah zu erkennen und nachzusteuern, befand hingegen BMU-Vertreter Goeke. „Damit haben wir eine neue Qualität erreicht“, sagte er. Im Klimaschutzgesetz sei auch der Begriff der Treibhausneutralität niedergelegt, die es bis 2050 zu erreichen gelte. Das sei ein klares Signal an alle Akteure, auch in der Wirtschaft, betonte Goeke.

„Mindestens 40 Euro pro Tonne COnötig“

Nach Auffassung des Petenten ist aber ein Einstiegspreis von mindestens 40 Euro statt wie geplant 10 Euro pro Tonne CO2 nötig. Außerdem sei zu befürchten, dass die geplanten Abstandsregelungen für Windräder deren Ausbau vollständig zum Erliegen bringen. Berlin sprach sich zudem für einen Kohleausstieg bis 2030 und eine „hundertprozentige Erneuerbare-Energien-Versorgung“ bis 2035 aus. Eine Rückkehr zur Kernkraft sei indes keine Option. Der Ausstieg sei auch mit Blick auf die mit der Kernkraft verbundenen Gefahren richtig gewesen, sagte Professor Curtius. „Es muss uns gelingen, zusätzlich auch aus den fossilen Energien herauszugehen“, forderte er. Vollständig auf erneuerbare Energien umzusteigen, sei auch in kurzer Zeit machbar.

Auf die Vorbildrolle Deutschlands beim Wechsel auf erneuerbare Energien verwies BMU-Vertreter Goeke. Die erreichten Fortschritte in Deutschland würden in Ländern wie Indien aufgegriffen. „Die Technologien, die wie hier entwickeln, führen dort zur Nachahmung“, sagte er. Deutschland mit seinem hohen Pro-Kopf-Verbrauch müsse zeigen, dass der Transformationsprozess „ohne Wohlstandsverlust“ gelingt. Damit könnten Länder wie Indien und China ermutigt werden, diesen Weg ebenfalls zu gehen.

Petition zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Taiwan

Die Bundesregierung hält an ihrer „Ein-China-Politik“ fest und plant keine vollständige diplomatische Anerkennung Taiwans. Das machte Petra Sigmund, Leiterin der Abteilung Asien und Pazifik im Auswärtigen Amt, während der Beratung der dritten Petition in der öffentlichen Sitzung deutlich. Zugleich betonte sie, Taiwan habe sich zu einer lebhaften Demokratie entwickelt und sei ein Wertepartner für Deutschland. Obwohl die Aufnahme diplomatischer Beziehungen nicht möglich sei, gebe es Kontakte zwischen Deutschland und Taiwan „bis auf die Ebene der Fachminister“, sagte die Regierungsvertreterin.

In der Petition wird die Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zu Taiwan (Republik China) gefordert. Der Petent Michael Kreuzberg kritisiert in seiner Eingabe, dass die Bundesregierung die Volksrepublik China diplomatisch anerkenne und mit dem Land Handel treibe, obwohl „die Führung dieses riesigen Landes die Menschenrechte missachtet, ganze Volksgruppen in ,Umerziehungslager‘ sperren lässt, eine weltweit einzigartige Überwachungs- und Zensurmaschine aufbaut, sich bei Gebietskonflikten in Südostasien brutal über die Anliegen anderer Staaten hinwegsetzt und dabei das Völkerrecht missachtet“.

„Eine Demokratie vor dem Zugriff einer Diktatur schützen“

Taiwan hingegen nehme seit 1987 eine demokratische Entwicklung. „Heute ist die Republik China im Gegensatz zur Volksrepublik China ein demokratisches Land nach unseren Maßstäben, in dem das Volk selbst bestimmt“, schreibt der Petent. Dennoch werde dieses Land nicht anerkannt.

Vor den Abgeordneten sagte Kreuzberg, es gehe darum, eine Demokratie vor dem Zugriff einer Diktatur zu schützen. Die westlichen Demokratien stünden in der Verantwortung, Taiwan zu schützen, befand er. Es stimme, dass Deutschland gute Beziehungen zu Taiwan habe. Der Kernfrage, nämlich der diplomatischen Anerkennung, weiche die Bundesregierung aber aus, kritisierte der Petent. Eine solche Anerkennung, im besten Falle durch die gesamte EU, würde die Sicherheit Taiwans vor China stärken. Deutschland brauche eine China-Politik und gleichzeitig eine Taiwan-Politik, befand er.

Regierung: Status zu Taiwan soll erhalten bleiben

Die Vertreterin des Auswärtigen Amtes begründete das Festhalten an der „Ein-China-Politik“ unter anderem damit, dass China für Deutschland ein „strategischer Partner“ sei. „Wir unterhalten mit China vielschichtige politische wie auch wirtschaftliche Beziehungen“, sagte sie. Es gebe mehr als 80 Dialogformate, über die man sich austausche. „Eine Abkehr von der deutschen Ein-China-Politik würde die deutsch-chinesischen Beziehungen schwerwiegend beschädigen, was nicht in unserem Interesse liegt“, sagte Sigmund. Unterhalb der Schwelle diplomatischer Beziehungen unterhalte Deutschland sehr wohl gute Arbeitsbeziehungen mit Taiwan. Gegenüber China mache die Bundesregierung auch deutlich, dass der aktuelle Status quo der Beziehungen Deutschlands zu Taiwan erhalten bleiben soll.

Abschließendes Votum in späterer Sitzung

Im Verlauf der öffentlichen Sitzung erhielten die Petenten die Möglichkeit, ihr Anliegen kurz darzustellen, um dann Fragen der Ausschussmitglieder zu beantworten. An der Sitzung nahmen auch Mitglieder der Bundesregierung teil, die von den Abgeordneten zu den Themen befragt werden konnten. Ein abschließendes Votum wird der Ausschuss in einer seiner späteren Sitzungen abgeben. (hau/09.12.2019)