Der Bundestag hat am Donnerstag, 12. Dezember 2019, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (19/14685, 19/15584 Nr. 1.4) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (19/15876) beschlossen. Dafür stimmten CDU/CSU und SPD, dagegen die AfD und die FDP. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Zum Gesetzentwurf lag auch eine Stellungnahme des Bundesrates (19/15117) vor.
In zweiter Beratung lehnte das Parlament zwei Änderungsanträge der Linken (19/15885) und von Bündnis 90/Die Gürnen (19/15886) ab. Dem erstgenannten Änderungsantrag stimmen die Linksfraktion und die Grünen zu, während die übrigen Fraktionen ihn ablehnten. Dem zweiten Änderungsantrag stimmten ebenfalls die Linksfraktion und die Grünen zu, während CDU/CSU, SPD und AfD ihn ablehnten und die FDP sich enthielt.
In dritter Beratung lehnte der Bundestag einen Entschließungsantrag der FDP-Fraktion (19/15887) ab. AfD, FDP und Linksfraktion stimmten ihn zu, CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen lehnten ihn. Keine Mehrheit fand auch ein Entschließungsantrag der Grünen (19/15888), dem die Linksfraktion und die Grünen zustimmten, während die übrigen Fraktionen ihn ablehnten.
Ein neuer Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Berücksichtigung von Negativzinsen im Steuerrecht“ (19/15771) wurde zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Ziel des Gesetzes ist es, grenzüberschreitende Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zu identifizieren und zu verringern, um die Erosion des deutschen Steuersubstrats zu verhindern. Auch für die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union werde es immer schwieriger, ihre Steuerbemessungsgrundlagen davor zu schützen, dass dem Grunde nach steuerpflichtige Gewinne durch Steuergestaltungen in Länder verlagert würden, die niedrig oder gar nicht besteuern.
Die Steuergestaltungen seien zudem immer ausgefeilter und würden sich häufig die höhere Mobilität von Kapital, Personen und immateriellen Werten zunutze machen. Bei grenzüberschreitenden Strukturen würden regelmäßig die Unterschiede der Steuerrechtsordnungen mehrerer Staaten ausgenutzt. Damit könnten die steuerpflichtigen Gewinne in Staaten mit vorteilhafteren Steuersystemen verlagert oder die Gesamtsteuerbelastung der Steuerpflichtigen verringert werden, schreibt die Regierung.
„Beträchtlicher Rückgang der Steuereinnahmen“
Infolgedessen komme es häufig zu einem beträchtlichen Rückgang der Steuereinnahmen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, heißt es zur Begründung des Regierungsvorstoßes. Gelingen soll dies unter anderem durch die Einführung der Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen. Dadurch erhielten die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union umfassende Informationen über die als relevant eingestuften Steuergestaltungen.
Diese Informationen versetzten den Gesetzgeber und die zuständigen Finanzbehörden in die Lage, zeitnah solche Steuerpraktiken zu identifizieren und gegen diese vorzugehen sowie ungewollte Gestaltungsspielräume durch Rechtsvorschriften oder durch geeignete Risikoabschätzungen zu schließen.
Änderungsantrag der Linken abgelehnt
Die Linke verlangte in ihrem abgelehnten Änderungsantrag (19/15885) die Streichung einer Passage im Finanzverwaltungsgesetz, um Möglichkeiten öffentlicher und demokratischer Kontrolle der Finanzverwaltungen nicht über Gebühr zu begrenzen, etwa durch die grundsätzliche Abschottung vor Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz.
Eine gewisse Transparenz von Behördenhandeln sei für eine demokratische Kontrolle unabdingbar, schreibt die Fraktion. Die mit dem Jahressteuergesetz 2019 (19/13436, 19/14873) eingefügte Verschärfung der Vertraulichkeit sei daher rückgängig zu machen, so die Fraktion.
Änderungsantrag der Grünen abgelehnt
Die Grünen erheben in ihrem abgelehnten Änderungsantrag (19/15886) die inhaltlich gleiche Forderung. Die Regelung, dass die Vertraulichkeit der Sitzungen zwischen Bundes- und Landesfinanzbehörden zu wahren sei, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wird, führe dazu, dass das Informationsfreiheitsgesetz ausgehebelt werde.
Steuerskandale wie CumEx zeigten jedoch, wie wichtig die Aufarbeitung durch den Bezug unter Einbezug der Öffentlichkeit sei. Die Vorschrift sei daher zu streichen, betonen die Grünen.
Entschließungsantrag der Grünen abgelehnt
In ihrem abgelehnten Entschließungsantrag (19/15888) forderten die Grünen die Bundesregierung unter anderem auf, zusätzlich eine Pflicht zur Mitteilung innerstaatlicher Steuergestaltungen einzuführen und den Bußgeldrahmen bei Verstößen gegen die Mitteilungspflicht auf bis zu 50.000 Euro je Verstoß zu erweitern.
Zudem müsse sichergestellt werden, dass das Mandatsgeheimnis sowie das darauf gegründete Vertrauensverhältnis vor allem zwischen Rechtsanwälten und Mandanten gewahrt und geschützt bleiben.
Entschließungsantrag der FDP abgelehnt
Die FDP forderte die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Entschließungsantrag (19/15887) auf, von der Einführung einer Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen Abstand zu nehmen.
Mit der Einführung einer Melde- oder Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen greife die Bundesregierung tief in das gesetzlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen beratenden Berufen und deren Mandanten ein. Anstatt Steuerberater und Steuerpflichtige mit der Ad-hoc-Einführung einer auf wenige relevante nationale Konstellationen bezogenen Anzeigepflicht zu belasten, wäre aus Sicht der FDP eine personelle Stärkung der Finanzverwaltung zugunsten zeitnaher Betriebsprüfungen die effizientere Alternative.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem neuen Antrag (19/15771) auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der klarstellt, dass von Banken erhobene negative Einlagezinsen für die Überlassung von Kapital für die belasteten Steuerpflichtigen negative Erträge im Sinne des Einkommensteuergesetzes sind und damit im Rahmen der Verlustverrechnung innerhalb der Kapitaleinkünfte verrechnet werden können. In dem vorzulegenden Gesetzentwurf solle zudem die Möglichkeit eröffnet werden, die nicht mit positiven Kapitaleinkünften verrechenbaren negativen Einlagezinsen für die Überlassung von Kapital als Verlustvortrag festzustellen.
Die Fraktion will klarstellen, dass es sich wirtschaftlich gesehen nicht um eine Art Verwahr- und Einlagegebühr handelt, die lediglich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten vom Sparer-Pauschbetrag erfasst werden können, sondern eben um steuerlich zu erfassende Verluste aus Kapitaleinkünften. Darüber hinaus sollen Negativzinsen auch keine Zinsaufwendungen darstellen, da sie keine Vergütungen für Fremdkapital seien, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben.(eis/sas/vom/12.12.2019)