Julia Klöckner: Rekordetat des Agrarministeriums ein großer Erfolg
Den größten Haushalt in der Geschichte des Agrarministeriums hat Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, am Dienstag, 10. September 2019, im Bundestag bei den Beratungen des Etats für ihr Ministerium im kommenden Jahr präsentiert. Der Gesamtetat (Einzelplan 10, 19/11800) konnte gegenüber dem vergangenen Jahr noch einmal um 194 Millionen Euro gesteigert werden. Insgesamt 6,518 Milliarden Euro kann die Ministerin im Jahr 2020 ausgeben, gegenüber 6,32 Milliarden Euro in diesem Haushaltsjahr.
„Das ist ein großer Erfolg, denn die Steuereinnahmen steigen nicht so wie erwartet“, sagte die Ministerin, die davor warnte, Landwirte pauschal als Klimasünder, Umweltvergifter und Tierquäler zu stigmatisieren. Dann dürfe sich niemand darüber wundern, dass niemand mehr Landwirt werden wolle. Die Ministerin kritisierte, dass aus den urbanen Zentren heraus gerne sonntags Forderungen an Landwirte gestellt würden, nach denen aber am Montag nicht mehr gehandelt werden würde. Solle die Landwirtschaft sich ändern, müssten die dafür notwendigen Hilfen bereitgestellt werden. Mit den Ausgaben für die landwirtschaftliche Sozialpolitik signalisiere der Bund, dass er an der Seite der Bäuerinnen und Bauern steht.
Alterssicherung der Landwirte und GAK
2,42 Milliarden Euro aus dem Etat sollen den Planungen zufolge als Zuschüsse der Alterssicherung von Landwirten dienen. Weitere 1,46 Milliarden Euro sind Zuschüsse zur Krankenversicherung der Landwirte. Insgesamt sind 4,11 Milliarden Euro unter dem Stichwort „landwirtschaftliche Sozialpolitik“ vorgesehen. 965 Millionen Euro Fördermittel will der Bund für die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ausgeben. Rund 25 Millionen Euro sollen davon für den Sonderrahmenplan für Maßnahmen des Küstenschutzes infolge des Klimawandels sowie 100 Millionen Euro für einen Sonderrahmenplan für Maßnahmen des präventiven Hochwasserschutzes bereitgestellt werden. Darüber hinaus sind 200 Millionen Euro für die Förderung der ländlichen Entwicklung vorgesehen. Zusammen mit den zur Kofinanzierung vorgesehenen Mitteln der Bundesländer könne im Rahmen der GAK von einem Fördervolumen von rund 1,6 Milliarden Euro ausgegangen werden.
Im Bereich der Nachhaltigkeit, Innovation und Forschung will das Ministerium insgesamt rund 470 Millionen Euro ausgeben. 74 Millionen fließen davon in das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“. Das Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) ist mit 29 Millionen Euro unterfüttert. 73 Millionen werden für das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) veranschlagt. Für die Bekanntmachung des Tierwohllabels sind 20 Millionen Euro vorgesehen. Das Label soll zu mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung beitragen.
AfD: Ministerin ist umtriebig, aber nicht effektiv
Als „hochmotiviert“ und „umtriebig“ schätzte die AfD die Arbeit der Ministerin ein. Aber Aktivität ersetze nicht die Effektivität, meinte Wilhelm von Gottberg (AfD). Der Abgeordnete kritisierte, dass zum Beispiel bei dem Thema Wolf sich zu wenig um die Folgen für die Landbevölkerung gekümmert werde. Auch die Verschärfung der Düngeverordnung dürfe nicht weiter akzeptiert werden.
Das Tierwohllabel reihe sich in eine Vielzahl von Label ein, ohne nennenswerte Fortschritte zu erzielen. Seit zwei Jahren werde dafür Geld ausgegeben, aber nun würden Teile der Koalition die Einführung eines verpflichtenden Kennzeichens fordern, obwohl dies freiwillig sein sollte.
SPD sieht Dissens beim Tierwohllabel
Die Sozialdemokraten äußerten sich zum Tierwohllabel ebenfalls skeptisch, jedoch unter anderen Vorzeichen. Dr. Matthias Miersch (SPD) sieht einen Dissens zwischen den Koalitionsfraktionen anhand der veranschlagten 20 Millionen Euro zur Einführung eines Tierwohllabels aufkeimen. Dass das Label nicht verpflichtend eingeführt werde soll, sei ein Fehler.
„Aus purem Aktionismus wird das Label eingeführt, statt abzuwarten“, obwohl sich derzeit die Borchert-Kommission mit der Frage befasse, wie die Tierhaltung in den nächsten Jahrzehnten gestaltet werden soll, lautete die Kritik Mierschs. Erst danach könnten konkrete Maßnahmen ergriffen werden, „wenn man die Kommission ernst nimmt“. Große gesellschaftspolitische Herausforderungen sollten gemeinsam gelöst werden, aber eine „Schaumschlägerkennzeichnung“ bringe in diesem Land niemanden weiter.
FDP kritisiert wirkungslose Subventionen
Wirkungslose und seit Jahrzehnten nicht zielgerichtet wirkende Subventionen würden als zusätzliches Geld für den ländlichen Raum umetikettiert, kritisierte Ulla Ihnen (FDP). Auch das unnötige zusätzliche Tierwohllabel gehöre dazu und werde ebenfalls unter dem Aspekt der Förderung des ländlichen Raumes verbucht.
Land- und Forstwirte brauchten mehr Raum, um eigenverantwortlich wirtschaften zu können. Dazu sei es nötig, Risikoausgleichsrücklagen bilden zu können. Das solle die Ministerin umgehend angehen. Das Bundesprogramm für die ländliche Entwicklung werde nicht einmal ausgeschöpft, die Fördermittel für den Ökolandbau würden einfach verpuffen. Ein Plan dahinter sei nicht zu erkennen: „Und der Mut, den Subventionsabbau anzugehen, fehlt.“
Linke: Fördermittel werden ohne Ziel verteilt
Der Haushaltsentwurf des Agrarministeriums habe sich im Wesentlichen nicht verändert und stabilisiere lediglich den Status quo, monierte Heidrun Bluhm-Förster (Die Linke). Die vieldiskutierten notwendigen Veränderungen blieben immer noch auf der Strecke. Es gehe nur darum, Fördermittel im ländlichen Raum ohne Ziel zu verteilen. Bluhm-Förster forderte auch vom Wirtschaftsministerium mehr Engagement zur Entwicklung im ländlichen Raum.
Die Abgeordnete kritisierte ferner, dass der Haushalt nicht genug auf die Probleme in der Forstwirtschaft eingehe. Die Regierung solle sich deshalb an einen Vorschlag ihrer Fraktion für die Einrichtung eines Waldhilfenotfonds orientieren, um „endlich zielgenaue Maßnahmen vorzulegen“.
Grüne: Der Etat steuert nirgendwohin
Dr. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) hielt Ministerin Klöckner vor, dass sie niemandem wehtun und es allen recht machen wolle. Deshalb werde mit dem Etat nirgendwohin konkret hingesteuert. „Und damit wird man keiner Herausforderung gerecht“, meinte der Abgeordnete.
Das Tierwohllabel sei als freiwilliges Label nach Kriterien, die am Ende niemand verstehe, zum Scheitern verurteilt. „Das ist kein Ansatz, der keinem Tier und keinem Verbraucher hilft. Wenn es die Bundesministerin in der Frage wirklich ernst meine, brauche es ein verpflichtendes Kennzeichen, damit etwas in diesem Bereich besser werde.
CDU/CSU: Bauern sind keine Sündenböcke
“Bauer zu sein, ist eine Berufung„, sagte Gitta Connemann (CDU/CSU). Bauern würden in Genrationen denken und hätten Recht auf Respekt und auf Achtung ihres Eigentums. Seit 1990 sei jeder zweite Bauernhof aufgegeben worden. Der Bauer werde dennoch zum Sündenbock abgestempelt, “den Preis dafür zahlen am Ende alle„. Der Markt zerreibe die landwirtschaftlichen Produzenten.
Auch das Aktionsprogramm Insektenschutz des SPD-geführten Umweltministeriums lasse die Landwirte verzweifeln. Connemann warnte davor, durch überzogene Schutzmaßnahmen ohne Entschädigung die Bauern zu enteignen, wenn Flächen aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden sollen. “Es darf keinen Eingriff ohne Ausgleich geben„, sagte sie. Der Einzelplan 10 des Bundeshaushalts wird nach den bis Freitag, 13. September, dauernden Etatberatungen an den Haushaltsausschuss überwiesen. (eis/10.09.2019)