Der Bundestag hat am Freitag, 29. November 2019, den Bundeshaushalt für das Jahr 2020 beschlossen. Vorgesehen sind Ausgaben in Höhe von 362 Milliarden Euro. In namentlicher Abstimmung votierten 371 Abgeordnete für das Zahlenwerk, 270 lehnten es ab. Gegenstand der Abstimmung waren der Regierungsentwurf über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020 (19/11800, 19/11802, 19/14232 Nr. 1.1.) und der Regierungsentwurf zur Ergänzung des Haushaltsgesetzes 2020 (19/13800, 19/13801). Zur Abstimmung lagen mehrere Beschlussempfehlungen mit den vom Haushaltsausschuss vorgenommenen Änderungen vor (19/13902, 19/13905, 19/13406, 19/13907, 19/13908, 19/13909, 19/13911, 19/13912, 19/13913, 19/13914, 19/13915, 19/13916, 19/13417, 19/13418, 19/13920, 19/13922, 19/13923, 19/13924, 19/13925, 19/13926, 19/13927).
In dritter Beratung abgelehnt wurden insgesamt 25 Entschließungsanträge der Oppositionsfraktionen, darunter zwei Entschließungsanträge der AfD-Fraktion in namentlicher Abstimmung (19/15507 zum Etat des Bundesverteidigungsministeriums, 19/15512 zum Etat der Allgemeinen Finanzverwaltung). Sieben Entschließungsanträge bezogen sich auf den Haushalt insgesamt, die übrigen auf die jeweiligen Einzelpläne.
Während der Schlussrunde zu den Haushaltsberatungen kritisierten Redner von Linken- und Grünen-Fraktion das Festhalten der Großen Koalition an der „schwarzen Null“. Seitens der FDP-Fraktion wurde eine „falsche Schwerpunktsetzung“ bemängelt, während die AfD vor versteckten Kosten und Risiken warnte. Von einem „soliden Haushalt“ war hingegen bei den Koalitionsfraktionen die Rede. Aus Sicht von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist damit eine gute Grundlage für die künftige Arbeit der Bundesregierung gelegt.
AfD sieht „milliardenschwere Eurorisiken“
Peter Boehringer (AfD) verwies zu Beginn der Debatte auf milliardenschwere Eurorisiken, die über die Europäische Zentralbank, den Europäischen Stabilitätsmechanismus und das Zahlungsverkehrssystem Target II auf den Haushalt zurollen würden, für die aber keine Rückstellungen gebildet worden seien. „Es droht erneut eine Euro-Rettung über Steuergeld“, sagte er. Auch würden die Bankenrettungsrisiken wieder größer. Durch die vom Bundesfinanzminister „ohne Not“ vorangetriebene Vergemeinschaftung der Bankguthaben kämen auch deutsche Spargelder in die Haftung.
Die EU-Zahlungen würden bis 2023 auf mehr als 45 Milliarden Euro „explodieren“, so Boehringer weiter. Mit Blick auf „Flüchtlingszahlungen an die Türkei“ sagte der AfD-Abgeordnete, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Ankara hohe Finanzhilfen zugesagt, die aber ebenso wenig im Haushalt zu finden seien wie die Kosten für die Grundrente. Die Investitionen im Haushalt seien zu gering. Die Aufwüchse bezögen sich auf „sogenannte Klimaschutzmaßnahmen und Entwicklungshilfe für alle Welt“. Das seien keine Investitionen für Deutschland, urteilte Boehringer.
SPD: Hass und Hetze haben keinen Platz im Bundestag
Dennis Rohde (SPD) zeigte sich erfreut darüber, dass während der Beratungen in der Haushaltswoche „mit der überwältigenden Mehrheit dieses Hauses sichergestellt wurde, dass Hass und Hetze im Deutschen Bundestag keinen Platz haben“. Die wehrhafte Demokratie sei durch den Haushalt unterstützt worden. „Wir stärken das BKA, den Verfassungsschutz und die Prävention, indem wir die Bundeszentrale für politische Bildung stärken“, sagte Rohde.
Der Haushalt, so seine Einschätzung, sei ausgeglichen und sorge für massive Investitionen in die Zukunft des Landes. Der Bund investiere in Kitas und Schulen, „weil das gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind, vor denen sich auch der Bund nicht wegducken darf“. Jedes Kind brauche die gleichen Startchancen, betonte er. Lasse man das außer Acht, sorge man für den Fachkräftemangel von morgen. Damit die geplanten Investitionen auch umgesetzt werden, würden die Verwaltungen gestärkt und dort neue Stellen geschaffen, sagte der SPD-Abgeordnete.
FDP: Es fehlen Milliardensummen
Die Koalition sei sehr glücklich, wenn sie mehr Geld gibt, sagte Dr. Stefan Ruppert (FDP). Selten glücklich sei sie, wenn sie mehr Geld investiere, „und über das Entlasten denken Sie schlicht kaum nach“, befand er. Zukunftsinvestitionen wie etwa der Digitalpakt seien unterfinanziert, beklagte er: „Es fehlen Milliardensummen.“ Bei der Künstliche-Intelligenz-Strategie der Bundesregierung bekomme jeder ein bisschen was. „Eine Strategie wird daraus nicht“, befand er.
Wenn geplant werde, dass ab 2021 die Investitionsmittel des Bundes um drei Milliarden Euro zurückgehen sollen, zeige dies angesichts der sich entwickelnden wirtschaftlichen Schwächephase „genau die falsche Schwerpunktsetzung“. Ruppert verwies zugleich auf die steigenden Sozialausgaben. Am Ostersonntag des kommenden Jahres werde mehr Geld für Sozialleistungen ausgegeben sein, als an Investitionen für das ganze Jahr geplant war, sagte der FDP-Abgeordnete.
CDU/CSU erinnert an Sorgen der Landwirte
Dr. André Berghegger (CDU/CSU) erinnerte an die Bauerndemonstrationen am 26. November. Diese seien Ausdruck von Sorge und Verzweiflung gewesen. Wenn Auflagen und Kosten für Landwirte stiegen, aber die Preise nicht mitgingen, „wird das für kleine Betriebe immer schwieriger und ein wirtschaftliches Problem“, sagte Berghegger. Die innerhalb der Landwirtschaft benötigten Veränderungen müssten mit den Bauern angegangen werden, „nicht ohne oder gegen sie“.
Den zu verabschiedenden Haushalt bewertete der CDU-Politiker als „solide berechnet“. Alle prioritären Ausgaben „und noch weit mehr“ würden ohne neue Schulden finanziert. Im Auge zu behalten gelte es aber das Verhältnis zwischen Investitionen und sozialer Sicherung. Mehr als die Hälfte der Gelder im Haushalt würden für Sozialmaßnahmen ausgegeben – zwölf Prozent für Investitionen. Geld, das man ausgeben möchte, müsse zuerst aber einmal eingenommen werden, so Berghegger. Dafür brauche es eine leistungsfähige und international wettbewerbsfähige Wirtschaft.
Linke fordert solidarische Mindestrente
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) verwies auf Irrtümer, denen die Große Koalition unterlegen sei. Union und SPD gingen davon aus, dass das Klima mit kleinen Schritten zu retten. „Das ist falsch“, sagte Lötzsch. Ihre Fraktion setze sich für Klimagerechtigkeit ein. Da Vermögende den größten ökologischen Fußabdruck hinterließen, müssten sie auch mit einer Vermögensteuer „ihren gerechten Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise beitragen“.
Falsch sei auch der Gedanke, die schwarze Null sei Ausdruck ökonomischen Sachverstandes. Sämtliche Experten hätten in jüngster Vergangenheit die Bundesregierung aufgefordert, die Bremse bei den Investitionen zu ziehen. Die Linken-Abgeordnete sprach sich auch für die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro aus. Dies wäre eine Hilfe für alle und auch eine Entlastung für den Bundeshaushalt, befand sie. Zugleich bewertete sie die Grundrente als nicht ausreichend. Benötigt werde eine solidarische Mindestrente, sagte Lötzsch.
Grüne: Zweckgebunden neue Schulden aufnehmen
Auch Dr. Tobias Linder (Bündnis 90/Die Grüne) kritisierte speziell die Union dafür, die schwarze Null „wie ein Fetisch abzufeiern“. Die schwarze Null sei von einem durchaus ambitionierten Ziel zu einer leeren Hülle geworden, befand er. Zudem trickse die Koalition.
Der vorgelegte Haushalt sehe nicht nur die Entnahme von zehn Milliarden Euro aus den Rücklagen, sondern auch eine globale Minderausgabe vor. „Das hat nichts mit einer schwarzen Null oder einer vernünftigen Haushaltspolitik zu tun“, sagte Lindner: „Das ist Chaos.“ Der Grünen-Abgeordnete forderte, zweckgebunden neue Schulden aufzunehmen. In seiner jetzigen Form sei der Haushalt ein Trauerspiel.
Minister: Expansive Investitionsstrategie
Mit 25 Milliarden Euro jährlich würden die Bürger entlastet, sagte Finanzminister Olaf Scholz. Das habe es in früheren Legislaturperioden nicht gegeben. Zudem sei auch gesichert, „dass das Geld bei kleinen Einkommen und bei Familien ankommt“. Der Haushalt erfülle auch die sozialen Aufgaben des Landes. „Das ist auch wichtig“, betonte Scholz.
Der Sozialstaat dürfe nicht als Last, sondern als eine „große Errungenschaft unserer Demokratie“ begriffen werden, forderte er. Zugleich machte der Minister darauf aufmerksam, dass mit dem Haushalt die Investitionen massiv ausgeweitet würden: „Wir verfolgen eine expansive Investitionsstrategie.“
Ausgaben in Höhe von 362 Milliarden Euro
Der Bund kann dem Beschluss zufolge im kommenden Jahr 362 Milliarden Euro ausgeben. Das sind 5,6 Milliarden Euro beziehungsweise 1,6 Prozent mehr als für das Jahr 2019 vorgesehen waren (356,4 Milliarden Euro).
Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah Ausgaben in Höhe von 359,8 Milliarden Euro vor. Durch die Einfügung der finanziellen Mittel zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 erhöhte sich der Betrag auf 360,34 Milliarden Euro. Der Haushaltsausschuss stockte die Etatansätze der Bundesregierung in der parlamentarischen Beratung per Saldo um 1,66 Milliarden Euro auf.
Geringere Steuereinnahmen
Den geplanten Ausgaben von 362 Milliarden Euro stehen Einnahmen in gleiche Höhe gegenüber. Die Steuereinnahmen sollen demnach mit 324,96 Milliarden Euro um 2,85 Milliarden Euro geringer ausfallen als im Regierungsentwurf vorgesehen. Die „sonstigen Einnahmen“ steigen gegenüber dem Regierungsentwurf hingegen von 32,53 Milliarden Euro auf 37,04 Milliarden Euro. Darunter ist eine geplante Entnahme aus der sogenannten Asylrücklage von rund 10,63 Milliarden Euro. Im Entwurf waren 9,22 Milliarden Euro vorgesehen. Eine Nettokreditaufnahme ist weiterhin nicht geplant.
Im Haushalt sind zudem Investitionen in Höhe von 42,91 Milliarden Euro veranschlagt. Gegenüber dem Regierungsentwurf ist das eine Steigerung von 1,24 Milliarden Euro.
Sieben Entschließungsanträge zum Haushaltsgesetz abgelehnt
Die AfD-Fraktion hatte zum Haushaltsgesetz insgesamt einen Entschließungsantrag (19/15514), die FDP drei (19/15474, 19/15490, 19/15491), Die Linke einen (19/15492) und Bündnis 90/Die Grünen hatten zwei Entschließungsanträge (19/15493, 19/15494) eingebracht.
Entschließungsantrag der AfD abgelehnt
Die AfD forderte in ihrem Entschließungsantrag (19/15514) die Bundesregierung unter anderem auf, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen, Investitionen vor allem in die Bundesfernstraßen und den Breitbandausbau voranzutreiben, die Energiewende zu beenden, bei der Energieversorgung auf moderne Kerntechnologie wie Flüssigkernreaktoren zu setzen und deren Markteinführung zu fördern.
Darüber hinaus sollte auf verstärkte Abschiebung von nicht Bleibeberechtigten gesetzt werden. Das Auslandsengagement der Bundeswehr wollte die Fraktion deutlich reduzieren. An Griechenland sollten keine weiteren Hilfsgelder und Rückerstattungen mehr gezahlt werden. Nur die AfD stimmte dafür, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Erster Entschließungsantrag der FDP abgelehnt
Die FDP forderte in ihrem ersten Entschließungsantrag (19/15474), zu prüfen, ob der Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) die Möglichkeit eingeräumt werden kann, die Beschaffung von Ersatzteilen sowie weiterer für den Betrieb notwendiger Materialien zu beschleunigen.
Das Bundesamt zur Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr habe in der Vergangenheit zeitnahe Liefertermine für benötigte Ersatzteile nicht immer einhalten können, was zu Verzögerungen bei Wartung und Reparaturen der HIL geführt habe, hieß es zur Begründung. Dem Entschließungsantrag stimmten die FDP, die AfD und Bündnis 90/Die Grünen zu, während CDU/CSU, SPD und die Linksfraktion ihn ablehnten.
Zweiter Entschließungsantrag der FDP abgelehnt
Im zweiten Entschließungsantrag (19/15490) verlangte die FDP, die Gründung einer Deutschen Transfergemeinschaft zu beschließen, um den Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft zu institutionalisieren.
Eine solche Deutsche Transfergemeinschaft als zentraler Ansprechpartner würde es gerade kleinen und mittleren Unternehmen erleichtern, über Forschung und Innovation nachzudenken, schrieb die Fraktion. Nur die FDP stimmte für den Entschließungsantrag, alle übrigen Fraktionen lehnen ihn ab.
Dritter Entschließungsantrag der FDP abgelehnt
Im dritten Entschließungsantrag (19/15491) verlangte die FDP, die Bürger zu entlasten und 2020 vollständig auf die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag zu verzichten. Das aufgezeigte Potenzial für smarte Zukunftsinvestitionen in den Bereichen Bildung, Digitalisierung und Infrastruktur sollte hingegen genutzt werden.
Darüber hinaus wollte die FDP den „Schattenhaushalt“ der Asylrücklage auflösen und die frei werdenden Mittel zur Tilgung der Schulden des Investitions- und Tilgungsfonds sowie zur Schuldentilgung zu verwenden. Nur die FDP stimmte für den Entschließungsantrag, alle übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Die Linke forderte in ihrem Entschließungsantrag (19/15492) von der Bundesregierung ein Zukunftsprogramm, das zur Integration der Benachteiligten gleichermaßen beitragen sollte. Hartz IV wollte die Fraktion durch die Förderung und Schaffung neuer Arbeitsplätze und eine nachhaltige Arbeitsmarktpolitik überwinden. Minijobs sollten in die Sozialversicherungspflicht überführt, eine gute Rente für alle gesichert werden.
Die Rüstungsausgaben wollte die Fraktion deutlich senken, auf neue Rüstungsprojekte sollte verzichtet werden. Darüber hinaus sollten eine Reihe von Umverteilungen im Bundeshaushalt 2020 vorgenommen werden. Nur die Linksfraktion stimmte für den Entschließungsantrag, alle übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Erster Entschließungsantrag der Grünen abgelehnt
Bündnis 90/Die Grünen verlangten in ihrem ersten Entschließungsantrag (19/15493), das Bundesprogramm Biologische Vielfalt auf 50 Millionen Euro jährlich aufzustocken, um das Artensterben einzudämmen. Eingeführt werden sollte ein nationaler Wildnisfonds in Höhe von 500 Millionen Euro, um die Länder bei der Erreichung der Wildnisziele zu unterstützen.
Dagegen wollte die Fraktion klima- und umweltschädliche Subventionen und Steuervergünstigungen, die sie auf mehr als 57 Milliarden Euro pro Jahr beziffert, abbauen. Steuermehreinnahmen und kurzfristige Minderausgaben von elf Milliarden Euro jährlich sollten direkt in den Klimaschutz investiert werden. Nur die Grünen stimmten für den Entschließungsantrag, alle übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Zweiter Entschließungsantrag der Grünen abgelehnt
In ihrem zweiten Entschließungsantrag (19/15494) forderten die Grünen unter anderem, einen wirksamen Kohlendioxidpreis einzuführen. Die daraus resultierenden Einnahmen sollten zu hundert Prozent den Bürgern zurückerstattet werden. Um die Kohlendioxidausstöße im Verkehr zu senken, sollten im Bundeshaushalt klimaschädliche Subventionen abgebaut und Umschichtungen sowie neue Prioritätensetzungen vorgenommen werden.
Mit einer grünen Bauflächenoffensive wollte die Fraktion den Bedarf an Bauflächen mindern. Die Nachverdichtung durch Dachausbauten und die Aktivierung von leerstehenden Gebäuden wollte sie mit 1,3 Milliarden Euro in vier Jahren finanziell fördern. Nur die Grünen stimmten für den Entschließungsantrag, die Linksfraktion enthielt sich, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab. (scr/hau/vom/02.12.2019)