Klimaschutz, 5G-Gefahren und Beihilferecht Themen im Petitionsausschuss
Ein Klimaschutzgesetz, basierend auf den durch das Klimakabinett vereinbarten Maßnahmen, soll laut dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold (SPD), noch in diesem Jahr „aufs Gleis gesetzt werden“. Während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag, 23. September 2019, unter Leitung von Marian Wendt (CDU) sagte Pronold, das vom Klimakabinett in der vergangenen Woche beschlossene Klimaschutzgesetz werde nun vom gesamten Kabinett verabschiedet und müsse dann noch den Bundestag und den Bundesrat passieren.
Für die CO2 ausstoßenden Bereiche würden damit verbindliche Einsparziele festgelegt, sagte der Staatssekretär. Beschlossen worden sei durch das Klimakabinett auch ein Mechanismus zur fortlaufenden jährlichen Überprüfung und Anpassung der Ziele. Dieser Mechanismus stelle einen neuen Schritt, einen „Epochenbruch“ dar, sagte Pronold. „Ich bin mir sehr sicher: Es muss auch nachjustiert werden“, betonte er.
„Netto-Emissionen von CO2 möglichst auf null reduzieren“
Die möglichst schnelle Verabschiedung eines „verbindlichen, sektorübergreifenden Klimaschutzgesetzes“ hatte die Petentin Sabine Ponath von der in Anlehnung zu „Fridays for Future“ gegründeten Initiative „Parents for Future“ in ihrer Eingabe gefordert. Dieses Gesetz müsse das Ziel verfolgen, „die Netto-Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen schnell abzusenken und bis 2040 möglichst auf null zu reduzieren“, heißt es in der Petition. Während der Sitzung stellte Ponath fest, dass es aktuell noch kein Klimaschutzgesetz gebe.
Die vom Klimakabinett beschlossenen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, kritisierte sie. Statt später –- nach dem angedachten Monitoring – nachzusteuern, müsse diese Nachsteuerung schon jetzt stattfinden, „damit wir richtig starten“, forderte die Petentin. Es dürfe den einzelnen Ressorts nicht überlassen werden, festzulegen, „wo sie etwas einsparen wollen“, sagte Ponath weiter. „Wir brauchen ein Gesetz, das drüber steht.“
Klimaschutzbemühungen und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Einig waren sich die Petentin und der Staatssekretär in der Einschätzung, dass Klimaschutzbemühungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands nicht einschränken, sondern sogar fördern würden. „Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird dann gefährdet, wenn wir nicht handeln“, sagte Staatssekretär Pronold und sprach von einer Chance für den „Umbau unseres Wirtschaftssystems“. Die Petentin betonte, werde nicht klimapolitisch gehandelt, sei der volkswirtschaftliche Schaden größer. Ein „flott auf den Weg gebrachtes“ Klimaschutzgesetz biete auch Chancen für neue Arbeitsplätze, sagte Ponath.
Der die Petentin begleitende Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sagte, die Ergebnisse des Pariser Klimaabkommens dürften nicht in Frage gestellt werden. Ein Klimaschutzgesetz und ein unabhängiges Monitoring hätten aus seiner Sicht längst aufgezeigt, „dass das 2030-Ziel der Bundesregierung absolut ungenügend ist“. Um das Ziel einer maximalen 1,5 Grad-Erwärmung zu halten, dürfte Deutschland – anteilig am weltweiten CO2-Ausstoß – laut Rahmstorf im Jahr 2030 264 Megatonnen emittieren. Das Ziel der Bundesregierung liege aber bei 563 Megatonnen.
Petition zum 5G-Netzausbau
Wie sich während der Beratung der zweiten Petition zeigte, gibt es von Seiten der Bundesregierung keinerlei Bedenken hinsichtlich gesundheitlicher Gefahren im Zusammenhang mit dem beabsichtigten 5G-Netzausbau. Das machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Florian Pronold (SPD), deutlich.
Da die 5G-Technologie nicht komplett neu sei, sondern eine Weiterentwicklung bisheriger Mobilfunkstandards darstelle, verfüge die Regierung über ein „sehr gesichertes, wissenschaftliches Umfeld“, sagte Pronold. „Wir können gesundheitliche Gefahren, soweit man das wissenschaftlich mit absoluter Sicherheit sagen kann, ausschließen.“
Petent verweist auf gesundheitliche Gefahren
In der der Sitzung zugrundeliegenden Petition wird hingegen auf die gesundheitlichen Risiken, die aus Sicht des Petenten Eduard Meßmer mit einem flächendeckenden 5G-Mobilfunkstandard verbunden sind, hingewiesen. Bei dem neuen 5G-Standard würden Millimeterwellen bis zu 200 Gigahertz genutzt, heißt es in der Petition. Diese Strahlung werde von der menschlichen Haut absorbiert oder von Pflanzenblättern aufgenommen. Der 5G-Mobilfunkstandard werde – nicht zuletzt mit der dafür erforderlichen Antennendichte – die Exposition von elektromagnetischen Feldern im Hochfrequenzbereich in einem unvorstellbaren Ausmaß erhöhen, schreibt der Petent.
Die zu befürchtenden Wirkungen umfassen seiner Ansicht nach ein „erhöhtes Krebsrisiko, zellulären Stress, einen Anstieg gesundheitlicher freier Radikale, unkalkulierbare genetische Veränderungen, Änderungen der Strukturen und Funktionen im Reproduktivsystem, Defizite beim Lernen und Erinnern, neurologische Störungen und negative Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden“. In der Petition wird daher gefordert, die Vergabe von 5G-Mobilfunklizenzen auszusetzen und die Einführung des 5G-Mobilfunkstandards zu unterbinden, „solange wissenschaftlich begründete Zweifel über die Unbedenklichkeit dieser Technologie bestehen“.
„Forschung nach Alternativen zu 5G stärken“
Vor den Abgeordneten kritisierte Petent Meßmer, die 5G-Technik werde ohne Folgenabschätzung eingeführt. In die Forschung zur 5G-Technologie würden „reichlich Forschungsgelder gesteckt“. Nur wenige Gelder würden jedoch in die Fragestellung nach dem Schutz der Menschen investiert, sagte Meßmer und forderte zugleich die Forschung nach Alternativen zu 5G zu stärken.
Ein „juristisches Defizit“ machte Wilfried Kühling, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) aus, der dem Petenten in der Sitzung zur Seite stand. In der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) sei „keine Vorsorge operationalisiert“, beklagte er. Letztendlich werde sogar das Grundgesetz missachtet, weil der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Artikel 20a) nicht ausreichend wahrgenommen werde.
Kühling sagte weiter, die tumorverstärkende Wirkung von Mobilfunkstrahlung sei in Tierversuchen jetzt schon nachgewiesen worden. „Wir sollten also nicht auf das Vorhandene mit 5G noch etwas aufsetzen, bis die Unbedenklichkeit nicht nachgewiesen ist“, forderte er.
Regierung: Für alle Mobilfunkfrequenzen gibt es Grenzwerte
Der Umwelt-Staatssekretär verwies hingegen auf existierende Grenzwerte für alle Mobilfunkfrequenzen. Diese Grenzwerte würden fortwährend wissenschaftlich untersucht und ihre Einhaltung überprüft, damit daraus keine Gefährdung von Menschen hervorgehen könne. Im Bereich der Hochfrequenzen, etwa bei der Maschine-zu-Maschine-Kommunikation, die künftig im Rahmen von 5G angedacht sei, gebe es noch keine ausreichenden Erkenntnisse, weshalb Forschungsvorhaben auf den Weg gebracht worden seien.
Die letzten noch existierenden wissenschaftlichen Lücken sollen so noch vor Anwendung der Verfahren geschlossen sein und eine Reaktion möglich werden, „sollte sich dabei etwas herausstellen“, sagte Pronold.
Dritte Petition zur Bearbeitung von Beihilfeanträgen
Während der Beratung der dritten Petition räumte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Stephan Mayer (CSU), Probleme bei der Bearbeitung von Beihilfeanträgen gemäß der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) durch das Bundesverwaltungsamt (BVA) in ersten Halbjahr 2019 ein.
Die Bearbeitungszeiten für Anträge auf Erstattung von Arzt- und Krankenhausrechnungen, die laut einer an den Bundestag gerichteten Petition bei vier bis sechs Wochen gelegen hätten, seien „nicht akzeptabel“ gewesen, sagte Mayer. Dank großer Anstrengungen des BVA und des BMI sei es aber gelungen, die Bearbeitungszeiten auf vier bis fünf Tage zu verringern, wie es auch bei den privaten Krankenversicherungen (PKV) üblich sei.
„Gesetzliche Regelung nicht zielführend“
Eine gesetzliche Regelung, wodurch Versorgungsempfänger einen Rechtsanspruch erhalten, spätestens 14 Tage nach Einreichung ihre Krankenhaus- oder Arztrechnungen erstatten zu bekommen, wie in der Eingabe des Petenten Jürgen Thierfelder gefordert, sieht man indes beim BMI als nicht zielführend an. IT-Probleme, die Anfang des Jahres zu den Schwierigkeiten geführt hätten, ließen sich auch mit einer gesetzlichen Regelung nicht schneller beheben, sagte BMI-Ministerialdirektor Holler während der Sitzung
Albrecht Kiesner vom Deutschen Bundeswehrverband, der den erkrankten Petenten in der Sitzung vertrat, sah das anders. Eine gesetzliche Festschreibung würde seiner Ansicht nach den Druck auf das BVA erhöhen, derartige Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen oder schnell zu beheben, sagte er. Seit 2001 habe es immer wieder Probleme gegeben, bei denen dann mit Ad-hoc-Maßnahmen gegengesteuert worden sei. „Das Problem tauscht dann aber meist im nächsten Jahr wieder auf“, sagte Kiesner.
Neue Beihilfe-App soll Abhilfe schaffen
Als Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Situation führten die BMI-Vertreter unter anderem die neue Beihilfe-App des BVA auf, die auch bei Kiesner auf Zustimmung stieß. Allerdings gebe es auch sehr viele betagte oder hochbetagte Betroffene, die damit nichts anzufangen wüssten, gab er zu bedenken. Staatsekretär Mayer sagte, als Reaktion auf die Problematik lasse er sich wöchentlich die Bearbeitungszeiten der Beihilfeanträge vorlegen.
Ministerialdirektor Holler verwies auf ein beim BVA installiertes Ampelsystem, wodurch zeitig erkennbar werde, wenn es auf eine Verlängerung der Bearbeitungszeiten hinauslaufe. Aus seiner Sicht kann auch eine weitere Elektronisierung der Datenverarbeitung nachhaltige Verbesserungen bringen.
„Keine Abkehr von der bewährten Kundenbeziehung“
Keine Alternative ist aus Sicht des Ministeriums die Umstellung zu einer Direktabrechnung der Kosten zwischen Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern auf der einen Seite und dem BVA auf der anderen Seite. Bei dem Erstattungssystem – wie es auch die PKV praktiziere – handle es sich um ein bewährtes System, sagte der Staatssekretär. Da oftmals ein Teil der Kosten über die PKV erstattet werde, würde die Direktabrechnung einen Systembruch darstellen. „Wir wollen von der bewährten Kundenbeziehung zwischen BVA und Beamten sowie zwischen den Beihilfeberechtigten und den Leistungserbringern nicht abkehren“, sagte Mayer.
Ein abschließendes Votum wird der Ausschuss in einer seiner späteren Sitzungen abgeben. (hau/23.09.2019)